Neue Studie betont Wasserknappheit
Beim Stichwort Verknappung natürlicher Ressourcen denken Sie vielleicht an eine seltene Pflanze oder Tierart oder Ihnen fallen in Anbetracht des steigenden Ölpreises fossile Brennstoffe ein. Eine weitaus elementarere natürliche Ressource jedoch wird immer bedeutender und knapper: Wasser. Wasser ist unverzichtbar für alles Leben auf der Erde, so unverzichtbar wie Sonnenlicht oder Sauerstoff. Der neue Bericht Comprehensive Assessment of Water Management in Agriculture, der am 21. August auf der Weltwasserwoche in Stockholm vorgestellt wurde, kommt zu dem Schluss, dass bereits ein Drittel der Weltbevölkerung unter einer Form von Wassermangel leidet. Frühere Modelle waren davon ausgegangen, dass dieser Zustand erst 2025 eintreten würde. "Pessimistische Schätzungen aus dem Jahr 2000 hatten vorausgesagt, dass bis 2025 ein Drittel der Weltbevölkerung mit Wasserknappheit kämpfen würde. Die Ergebnisse der gerade abgeschlossenen Studie belegen, dass die Lage noch viel bedenklicher ist", so Frank Rijsberman, Generaldirektor des Internationalen Instituts für Wassermanagement. "Bereits 2005 war mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung von Wasserknappheit betroffen. Wir werden unsere Gewohnheiten überdenken müssen, um der zunehmenden Wasserknappheit, die in einigen Ländern wie Indien, China und dem Einzugsgebiet des Colorado Rivers in den USA und Mexiko zu beobachten ist, entgegenzuwirken", so Rijsberman. Die groß angelegte Studie, an der 700 Fachleute fünf Jahre arbeiteten, zeigt auf, in welchen Gegenden der Grundwasserspiegel sinkt, wo Flüsse und Seen austrocknen und wo Wasser aufgrund mangelnder Infrastruktur schlicht nicht zugänglich ist. "Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass ein Viertel der Weltbevölkerung in den Einzugsgebieten von Flüssen lebt, wo Wasser physisch knapp ist. Es wird verschwenderisch damit umgegangen und es zeigen sich ökologische Konsequenzen für die Menschen, etwa weil der Grundwasserspiegel sinkt und Flüsse nicht mehr das Meer erreichen, weil sie schon vorher austrocknen. Eine weitere Milliarde Menschen lebt in Einzugsgebieten von Flüssen, wo Wasser ökonomisch knapp ist. Dort ist Wasser zwar in Flüssen und Wasserläufen vorhanden, aber die Menschen haben keinen Zugang zu dem kostbaren Nass, weil die Infrastruktur fehlt", erklärt Dr. Rijsberman. Wenngleich die derzeitigen Diagnosen beängstigend sind, gibt es durchaus Lösungen für dieses Problem. In vielen Gegenden ist Wassermangel schlicht auf Missmanagement zurückzuführen. Dies ist insbesondere in Afrika der Fall, wo durch geschicktes Wassermanagement viel erreicht werden könnte. "Die Savannen sind anfällig für Wasserknappheit, da hier nur unregelmäßig Regen niedergeht. Sie in landwirtschaftlich nutzbare Flächen zu verwandeln, ist äußerst schwierig", so Dr. Rijsberman. "In diesem Jahr allerdings geht der Welternährungspreis an drei brasilianische Wissenschaftler, denen genau das in den brasilianischen Savannen, den Cerrados, gelungen ist. Sie haben in den brasilianischen Savannen verbesserte Sorten afrikanischer Gräser angepflanzt, und so die Savannen für die landwirtschaftliche Nutzung erschlossen. Die drei Forscher haben bewiesen, dass dieses Wunder möglich ist. In Afrika muss das gleiche getan werden", so Dr. Rijsberman weiter. Menschen leiden infolge von Wasserknappheit nicht nur Durst, sondern auch Hunger. Die Landwirtschaft verbraucht zur Nahrungsmittelproduktion mehr als das 70fache der Menge an Wasser, die wir trinken und für den Hausgebrauch, d. h. zum Kochen, Waschen und für die Körperpflege, nutzen. Durchschnittlich ist für die Produktion von Nahrung pro Kalorie ein Liter Wasser nötig. Bei einer empfohlenen Kalorienaufnahme von 2 500 pro Person pro Tag (wobei ein Großteil der Weltbevölkerung diesen Wert nicht erreicht) summiert sich das schnell auf eine Riesensumme. Die Studie wurde unter der Leitung von David Molden durchgeführt. "Um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und gegen Mangelernährung anzukämpfen, bieten sich uns die folgenden drei Möglichkeiten: Erstens: Intensivierung der Bewässerung indem mehr Wasser in die Landwirtschaft geleitet wird und mehr Dämme gebaut werden, was stark zu Lasten der Umwelt ginge. Zweitens: Ausweitung der Gebiete, in denen die landwirtschaftliche Bewässerung mit Regenwasser erfolgt. Dies würde eine massive Abholzung erfordern und zur Zerstörung natürlicher Gebiete und Lebensräume führen. Drittens: effizientere Nutzung des vorhandenen Wassers. Wir müssen pro Tropfen Wasser mehr Feldfrüchte, mehr Fleisch, mehr Milch und mehr Fisch produzieren", so Dr. Molden. "Die Studie zeigt, dass zwar ein Drittel der Weltbevölkerung von Wasserknappheit betroffen ist, jedoch nicht etwa, weil nicht genügend Wasser für alle vorhanden wäre, sondern aufgrund der Entscheidungen, die getroffen werden", so Dr. Molden weiter. "Es ist möglich, die Wasserknappheit zu reduzieren, die Menschen zu ernähren und das Problem der Armut anzugehen, doch all dies in Abstimmung mit der Umwelt. Die Menschen und ihre Regierungen stehen vor schwierigen Entscheidungen, wie das Wasser verteilt und verwaltet werden soll. Nicht immer wird es nur Gewinner geben, in den meisten Fällen wird einer den Kürzeren ziehen. Wenn wir nicht kontinuierlich neue Lösungen diskutieren und hart durchgreifen, werden immer mehr Menschen, insbesondere die Ärmsten der Armen, und die Umwelt weiter dafür büßen."