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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Neue Forschungserkenntnisse zu Neandertalern

Neue Funde in einer Höhle in Gibraltar lassen darauf schließen, dass Neandertaler möglicherweise noch lange Zeit nach Ankunft des modernen Menschen - und damit weitaus länger als bislang angenommen - gelebt haben. Die ersten modernen Menschen kamen vor etwa 40 000 Jahren nac...

Neue Funde in einer Höhle in Gibraltar lassen darauf schließen, dass Neandertaler möglicherweise noch lange Zeit nach Ankunft des modernen Menschen - und damit weitaus länger als bislang angenommen - gelebt haben. Die ersten modernen Menschen kamen vor etwa 40 000 Jahren nach Europa und bislang deutete alles darauf hin, dass der Neandertaler (Homo neanderthalensis) kurz danach ausstarb. Der erste Neandertalerfund in Gibraltar wurde 1848 gemacht. Seither sind auf dem Felsen acht weitere Neandertalerstätten entdeckt worden. Gibraltar ist lediglich sechs Kilometer lang und 426 Meter hoch. Eine dieser Stätten, die Höhle von Gorham, wurde über einen Zeitraum von Tausenden von Jahren mehrfach bewohnt, da ihre hohe Decke für Höhlenbewohner ideal war. Der Rauch konnte gut abziehen und das Sonnenlicht dringt tief ins Innere dieser Höhle. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Clive Finlayson, das teilweise mit Fördermitteln aus dem Programm Interreg III B Medocc unterstützt wurde, geht aufgrund seiner Funddatierungen davon aus, dass diese Höhle noch bis vor 28 000 Jahren von Neandertalern bewohnt wurde. Die Forscher vermuten, dass die Neandertaler in isolierten Gruppen noch bis viele Tausende von Jahren nach der Ankunft des modernen Menschen überlebten. Die Ergebnisse der Forscher wurden in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht. In einem begleitenden Artikel beschreiben Katerina Harvati vom Max-Planck-Institut und Erik Delson vom Amerikanischen Museum für Naturgeschichte, unter welchen rauen Umweltbedingungen die Neandertaler vor 28 000 Jahren lebten. "Zu einer Zeit wachsender klimatischer Instabilität und zunehmend härterer Umweltbedingungen mussten die Neandertaler wahrscheinlich in immer kleineren Gruppen ums Überleben kämpfen, wobei sie sich in die weniger lebensfeindlichen Gegenden an der Mittelmeerküste zurückzogen. Dort waren sie sicherlich gezwungen, sich im Kampf um lebenswichtige Ressourcen gegen die modernen Menschen, die in zunehmend in ihr Territorium eindrangen, zu behaupten", heißt es in dem Artikel. Laut Finlayson und seinen Kollegen konnte sich die Neandertalergruppe aus der Höhle von Gorham von einer Reihe Pflanzen und Wirbeltieren ernähren, die sie auf Ebenen, in Wäldern, Gebieten mit Buschvegetation, in Feuchtgebieten, an Felsen oder an Küstengebieten der Umgebung vorfanden. "Diese ökologische Vielfalt ist möglicherweise ein Grund für das lange Überleben der Neandertaler", meinen die Forscher. Die Tatsache, dass die Neandertaler noch lange Zeit nach der Ankunft des modernen Menschen im Süden der iberischen Halbinsel lebten, wirft die Frage auf, ob und wie die beiden Spezies miteinander in Kontakt traten. Im Norden der iberischen Halbinsel und in Frankreich deuten Funde fortschrittlicherer Werkzeuge darauf hin, dass es Kontakte gegeben hat. Im Süden der iberischen Halbinsel sind bisher noch keine derartigen Funde gemacht worden, was darauf schließen lässt, dass es wahrscheinlich nur wenige Kontakte zwischen den beiden Gruppen gab. Zu jener Zeit waren die Populationen der beiden Spezies in kleinen Gruppen über die gesamte Region verstreut. Die Wissenschaftler nehmen an, dass die Besiedlung der Region durch den modernen Menschen ein langsamer Prozess war. Während eines Zeitraums von einigen Tausend Jahren teilten kleine, weit verstreute Pioniergruppen von modernen Menschen die Region mit den verbliebenen Neandertalergruppen.

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