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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Verhindert Europas Patentsystem Innovation in der Pharmabranche?

Die europäische Pharmaindustrie läuft Gefahr zu scheitern, wenn nicht die richtigen Bedingungen für Innovation, wie ein harmonisiertes Patentsystem und mehr Finanzierungsmittel, geschaffen werden. Dies war die nachdrückliche Botschaft der Teilnehmer eines am 19. Dezember vom E...

Die europäische Pharmaindustrie läuft Gefahr zu scheitern, wenn nicht die richtigen Bedingungen für Innovation, wie ein harmonisiertes Patentsystem und mehr Finanzierungsmittel, geschaffen werden. Dies war die nachdrückliche Botschaft der Teilnehmer eines am 19. Dezember vom European Life Science Circle und dem Europäischen Patentamt (EPA) organisierten Seminars. Der Pharmasektor spielt eine zentrale Rolle in Europa, sowohl als wissensbasierte Industrie als auch als Quelle zur Wohlstandsverbesserung. Aber in den letzten 25 Jahren ist Europa schrittweise von einem weltweiten Zentrum für pharmazeutische Forschung zu einem Geist seiner früheren Erscheinung abgestiegen. Während der europäische Pharmasektor vor 25 Jahren den Großteil der auf dem Markt befindlichen Arzneimittel produzierte, werden heute acht von zehn Medikamenten in den USA entwickelt. Der Grund hierfür ist laut Nicole Fontaine, MdEP und ehemalige Präsidentin des Europäischen Parlaments, einfach. Die Pharmaindustrie ist mit strengeren Vorschriften und höheren Kosten konfrontiert als alle anderen Industriesektoren. Die Entwicklung neuer Arzneimittel ist auch ein sehr risikoreiches Geschäft. Durchschnittlich übersteht nur eine von 5 000 bis 10 000 viel versprechenden Substanzen die umfangreichen Tests in der Phase der Forschung und Entwicklung (F&E) und wird als hochwertiges, sicheres und effizientes vermarktbares Produkt zugelassen. Aufgrund der hohen Risiken im Zusammenhang mit Arzneimitteln muss die Branche auch strenge Prüf- und Rückverfolgbarkeitsprozesse durchlaufen, hohe Versicherungsprämien bezahlen und sich an strenge Lizenzgesetze halten. "Diese Einschränkungen und die zusätzlich entstehenden Kosten wirken sich stark auf den Forschungshaushalt aus und behindern den F&E-Prozess", stellte sie heraus. Ein weiterer Stolperstein für die Branche ist das derzeitige europäische Patentsystem, das Fontaine als "dissuasiv" beschrieb, insbesondere in Bezug auf die Kosten des Patentschutzes, die zwei- bis viermal höher sein sollen als in den USA. Dies ist teilweise auf die Streitkosten zurückzuführen und die Tatsache, dass das Patent in die Amtssprachen aller Länder übersetzt werden muss, in denen der Inhaber des Patents Schutz möchte. Alle Medikamente erhalten ein 20-jähriges Patent. Aber die explodierenden Kosten - sowie der Druck auf die Preise - machen es für viele Pharmaunternehmen immer schwieriger, ihre F&E-Ausgaben wieder hereinzubekommen, bevor die Patente auslaufen. Die Pharmaunternehmen bräuchten eine Verlängerung der 20-jährigen Laufzeit ihrer Patente, um den Zeitraum abzudecken, der für den Erhalt der Zustimmung der Regulierungsbehörden erforderlich ist, so Fontaine. "Das derzeitige Patentsystem, das einer neuen Videokonsole dieselbe Patentlaufzeit gewährt wie einem Medikament, erscheint mir unangemessen", fügte sie hinzu. Diese Ansicht vertrat auch Johan Vanhemelrijck, Generalsekretär des Biotech-Industrieverbands EuropaBio. Er wies darauf hin, dass die derzeitigen hohen Patentschutzkosten, die sich in der EU auf durchschnittlich 40 000 EUR belaufen, im Vergleich zu weniger als 3 000 EUR in den USA, sehr abschreckend seien, was Innovationen betreffe, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Die Unterstützung von KMU bei der Einführung von Neuerungen sollte nicht vernachlässigt werden, da sie 99 Prozent der europäischen Unternehmen und 80 Prozent aller EPA-Anmelder ausmachen. Vanhemelrijck ist der Ansicht, dass - langfristig gesehen - ein Gemeinschaftspatent die einzige Möglichkeit zur Senkung der Kosten darstellt, "aber kurzfristig müssen wir einige andere Alternativen im Kopf behalten". Eine Alternative ist die Ratifizierung des Protokolls von London. Dieses Abkommen erlaubt den Unterzeichnerstaaten die Anmeldung von Patenten in lediglich drei Sprachen - Englisch, Französisch und Deutsch - und reduziert somit die Zahl der erforderlichen Übersetzungen. Zehn Länder haben das Protokoll unterzeichnet und es fehlt lediglich noch die Ratifizierung durch Frankreich, damit das Abkommen in Kraft treten kann. Eine weitere Initiative, die wahrscheinlich zur Kostensenkung beiträgt, sind die überarbeiteten Vorschriften der Europäischen Kommission für staatliche Beihilfen für F&E. Das neue Programm lässt zu, dass die Beihilfe einen Teil der Patentkosten von KMU abdeckt, sowie Beihilfen für junge innovative Unternehmen und Innovationscluster. "Wenn nur die Hälfte der Mitgliedstaaten das Geld aufbringt, um die KMU so zu unterstützen, wäre dies bereits sehr hilfreich", so Vanhemelrijck. Aber es ist nicht nur die Last der Patentkosten, die die Innovation in Europa behindert. Es fließen nicht genügend Gelder in Frühphaseninvestitionen von Pharmaunternehmen, meint der Generaldirektor der Europäischen Investitionsbank (EIB) Francis Carpenter. Um dieses Problem anzugehen, leitete der EIF die Initiative "Technology Transfer Accelerator" (TTA) ein, die Risikokapital für die Finanzierungslücke zwischen Forschung und Frühphaseninvestitionen bereitstellt. Einige europäische Organisationen haben bereits von EIF-Unterstützung profitiert, und Carpenter ist der Ansicht, dass die Ergebnisse zeigen, dass das Geld gut investiert ist. Insgesamt sind 50 Mio. EUR pro Jahr für die Fortsetzung der Initiative über die anfängliche Pilotphase hinaus vorgesehen. Abschließend zeigte sich der Präsident des EPA Alain Pompidou zuversichtlich, dass die Franzosen bald eine Einigung über das Protokoll von London erreichen würden. "Wenn wir Glück haben, könnte das Abkommen bis zu den französischen Präsidentschaftswahlen in Kraft sein, oder spätestens bis 2008." Professor Pompidou sagte, die Dynamik in Bezug auf die Ratifizierung gewinne unter den französischsprachigen Ländern an Fahrt, und stellte heraus, dass kürzlich 16 französischsprachige afrikanische Nationen das Abkommen unterzeichnet haben. Die Debatte über das Gemeinschaftspatent wird voraussichtlich im Jahr 2007 unter dem deutschen EU-Ratsvorsitz neu entfacht.