Verheugen ruft zur Bündelung von F&E für eine stärkere europäische Verteidigungsindustrie auf
Es ist an der Zeit, eine wirkliche rüstungstechnologische und -industrielle Basis in Europa zu schaffen, die mehr als die Summe der einzelnen nationalen Verteidigungsbranchen ist, sagte der Vizepräsident der Europäischen Kommission Günter Verheugen vor den Delegierten auf der Konferenz der Europäischen Verteidigungsagentur EDA am 31. Januar in Brüssel. Derzeit besitzt Europa eine sehr leistungsfähige rüstungstechnologische und -industrielle Basis, die aus mehreren erstklassigen Unternehmen und Einrichtungen besteht. "Aber wir sind weit von der starken, international wettbewerbsfähigen rüstungstechnologischen und -industriellen Basis entfernt, die wir brauchen, um unsere Ambitionen zu verwirklichen und unsere Optionen für die Zukunft zu bewahren", sagte Verheugen. Dem Vizepräsidenten der Kommission zufolge besteht das Problem darin, dass Verteidigungsprogramme, Beschaffung und industrielle Allianzen in Europa weitgehend auf nationalen Entscheidungen und Politiken basieren. Dadurch würden kostenintensive Forschungsarbeiten, Technologieentwicklungen und die Produktion von Ausrüstung unnötigerweise doppelt durchgeführt. In der EU gibt es beispielsweise vier verschiedene Kampfpanzerprogramme und 23 nationale Programme für gepanzerte Kampffahrzeuge. Werden andere Bereich ebenfalls berücksichtigt, so verfügt die EU über insgesamt 89 Waffenprogramme im Vergleich zu lediglich 27 in den USA. Schließlich büßt Europa aufgrund der Fragmentierung seinen Wettbewerbsvorteil ein, da es nicht in der Lage ist, Größenvorteile zu nutzen. "Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden die vorhandenen fragmentierten Branchenbasen in Europa nicht nachhaltig sein. Dies wird das wahre Erbe der Doppelarbeit auf nationaler Ebene und eines nicht vorhandenen europäischen Markts für Verteidigungsausrüstung sein", argumentierte Verheugen. Zwar müssen in erster Linie die EU-Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Bündelung ihrer Ressourcen ergreifen, aber auch die europäischen Organe und Einrichtungen haben einen Beitrag zu leisten. Die Gründung der EDA im Jahr 2004 und ihre seither schnelle Entwicklung bestätigen Verheugen zufolge, dass die EU den richtigen Rahmen zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den europäischen Streitmächten und zur Entwicklung von Verteidigungskapazitäten im Bereich Krisenmanagement bildet. Der von den Mitgliedstaaten der EDA erzielte Konsens bezüglich der Notwendigkeit von weniger Doppelarbeit, mehr Spezialisierung und einer stärkeren gegenseitigen Abhängigkeit in der rüstungstechnologischen und -industriellen Basis in Europa stimme ihn optimistisch. Somit würden die EU-Ziele in Bezug auf die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit sowie Sicherheit und Verteidigung erfüllt. "Aber die Agentur muss noch schnellere Fortschritte in Richtung einer führenden Rolle bei einer wirklichen Bündelung der Anstrengungen in den Bereichen Forschung, Technologie und Beschaffung erzielen. Dies ist nötig, wenn sie ihr Potenzial zur Überwindung der Zersplitterung der nationalen Ressourcen erfüllen und dadurch die notwendige Umstrukturierung in Richtung einer europäischen rüstungstechnologischen und -industriellen Basis fördern will", drängte Verheugen. Die Erhöhung der Fördermittel für Sicherheit, Luft- und Raumfahrt unter dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) der EU dürfte der europäischen Verteidigungsindustrie ebenfalls Auftrieb verleihen. Allein für die Sicherheitsforschung wurden die Mittel seit dem RP6 um mehr als das 13-Fache von 15 Mio. EUR auf 200 Mio. EUR erhöht. Verheugen hofft auf eine enge Zusammenarbeit zwischen dem RP7 und dem EDA-Programm bei ähnlichen bzw. sich ergänzenden Technologien. "Durch eine unbürokratische Zusammenarbeit mit der EDA können wir Doppelarbeit vermeiden und Synergien ermitteln", sagte er. Zu den weiteren Entwicklungen, die den erforderlichen Wandel in der Verteidigungsindustrie vorantreiben sollen, gehören die künftige Richtlinie zur Beschaffung im Verteidigungsbereich und die Verordnung zum innereuropäischen Transfer von Verteidigungsgütern.