Europäische Arzneimittelagentur stellt Leitlinienentwurf für klinische Tests von potenziell risikoreichen Medikamenten vor
Die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) hat einen Leitlinienentwurf für frühe klinische Versuche am Menschen (Phase-I) von potenziell risikoreichen Medikamenten angenommen. Diese Leitlinien werden nur ein Jahr nach dem Vorfall erlassen, bei dem sechs gesunde Probanden bei einem Versuch mit dem Medikament TGN 1412, das zum ersten Mal am Menschen getestet wurde, im Londoner Northwick Park Krankenhaus ernsthafte, langfristige Schäden davon getragen haben. Die neuen Leitlinien sollen zur Ermittlung und Minimierung von Risiken früher klinischer Versuche am Menschen beitragen, damit sich die Ereignisse im Northwick Park Krankenhaus nicht wiederholen. Diese sogenannten "First-in-man Trials" sollen, wie der Name schon sagt, die Sicherheit und Toleranz eines neuen Produktes am Menschen untersuchen. Sie werden normalerweise an gesunden Probanden durchgeführt und haben keine therapeutischen Absichten. Wenn ein Medikament zum ersten Mal am Menschen getestet wird, steht die Sicherheit der Probanden an erster Stelle. Das Dokument definiert pharmazeutische Produkte als risikoreich, wenn "es Befürchtungen gibt, dass bei frühen klinischen Versuchen am Menschen schwere Nebenwirkungen auftreten können". Weiterhin wird erklärt, dass diese Befürchtungen auf der Wirkungsweise des Medikaments und auf dem Mangel eines relevanten Modells aus Tierversuchen, an dem das Medikament untersucht werden kann, beruhen können. Die Leitlinien umreißen die Informationen, die Forscher zusammentragen sollten, bevor sie sich zum Versuch am Menschen entschließen. Dazu gehören auch die Produktbeschreibung, die Bestimmung seiner Stärke und Potenz, Detailinformationen über Wechselwirkungen mit dem Körper und die Wirkungsdauer des Medikaments. Ein weiterer wichtiger Punkt, der in den Leitlinien angesprochen wird, ist die Berechnung der Anfangsdosis. Normalerweise wird diese nach dem NOAEL-System (niedrigste Dosierung ohne schädliche Wirkung) berechnet, das sich auf die Untersuchungen zur Medikamentensicherheit an relevanten Tiergattungen stützt. Die EMEA empfiehlt dennoch, dass für risikoreiche Produkte das MABEL-System (Minimal Anticipated Biological Effect Level) verwendet wird. MABEL ist die angenommene Dosierung, die die geringste biologische Wirkung beim Menschen zeigt. Die EMEA bemerkt, dass dieses System Sicherheitsfaktoren wie den Neuerungsgrad der aktiven Substanz, ihre biologische Potenz und ihre Wirkungsweise berücksichtigen müsse. Außerdem müssen Medikamente sehr langsam verabreicht werden, eventuell in der Form einer langsamen Infusion über mehrere Stunden hinweg und unter sorgfältiger Beobachtung. Durch lange Beobachtungsperioden zwischen der ersten und zweiten Dosis sowie zwischen der ersten und den folgenden Probandengruppen, an denen das Medikament getestet wird, sollten die Risiken weiter reduziert werden. Die Entwickler der Versuche sollten einen Plan zur Überwachung der Nebenwirkungen aufstellen, mit dem möglichen Reaktionen festgestellt werden können. Die Mitarbeiter an diesem Versuch müssen so geschult werden, dass sie diese Reaktionen erkennen und angemessen darauf reagieren können. Der Leitlinienentwurf ruft die Forscher auch dazu auf, eine langfristige Überwachung der Probanden zu berücksichtigen, die Medikamente erhalten haben, die langfristige Folgen auf gesunde Körpersysteme haben könnten. Bis zum 23. Mai stehen die Leitlinien zur Konsultation bereit. Danach wird sich die EMEA mit den wichtigsten Interessengruppen treffen, einschließlich der Europäischen Kommission, Patientenverbänden, der Pharmaindustrie und von Ärzteverbänden, um die Resonanz zu diskutieren und die Leitlinien zur offiziellen Veröffentlichung fertigzustellen.