Frachtschiff mit Zugdrachen auf Jungfernfahrt
Erstmals in der Geschichte überquert ein Handelsfrachtschiff, dessen Antriebssystem von einem Zugdrachen unterstützt wird, den Atlantik. Das Schiff, das von Deutschland aus seine Jungfernfahrt angetreten hat, steuert Venezuela an. Das zum Teil im Rahmen des EU-Programms LIFE+ finanzierte Projekt untersucht, wie der Treibstoffverbrauch eines Schiffes durch den Einsatz eines innovativen Windantriebssystems, das sich eines großen Zugdrachen bedient, gesenkt werden kann. Das dieselbetriebene deutsche Frachtschiff "MS Beluga Skysails" mit einer Länge von 122 Metern ist mit einem computergesteuerten Zugdrachen ausgestattet, der über eine 160 Quadratmeter große Segelfläche verfügt und in 183 Metern Höhe über dem Bug des Schiffes schwebt. Laut den Konstrukteuren könnte der Einsatz des Zugdrachensystems die durchschnittlichen jährlichen Treibstoffkosten eines Schiffes je nach vorherrschenden Windverhältnissen um 10 bis 35 Prozent senken. Die Fachleute schätzen zudem, dass der Treibstoffverbrauch bei idealen Windbedingungen zeitweise um bis zu 50 Prozent reduziert werden könnte. Das Schiff hat am 22. Januar von Bremerhaven aus seine Jungfernfahrt nach Guanta in Venezuela angetreten. "In den kommenden Monaten können wir nun endlich beweisen, dass unsere Technologie auch in der Praxis funktioniert und deutlich Öl sowie Emissionen einspart", so Stephan Wrage von der SkySails GmbH. Der Drachen, der den Frachter zieht, unterscheidet sich deutlich von herkömmlichen Segelsystemen. Er ähnelt einem Gleitschirm und hat die Form einer Flugzeugtragfläche, sodass der Wind als Antriebskraft genutzt werden kann, selbst wenn er aus wechselnden Richtungen kommt. Die Bewegungen des Zugdrachen werden von einem Computer gesteuert, der über ein Kabel mit dem Drachen verbunden ist. Dieses Kabel ist in das Seil eingearbeitet, mit dem der Drachen das Schiff zieht. Die Spitzengeschwindigkeit des Zugdrachen liegt bei dem Vierfachen der herrschenden Windstärke. Das Unternehmen hat Prototypen dieses Zugdrachen bereits über 2.000 Stunden lang in der Praxis getestet. Auf der Jungfernfahrt soll nun vor allem überprüft werden, wie der Drachen und das Zugseil mit seinen Kabeln den Belastungen auf See standhalten. SkySails hat berechnet, dass die Kohlenstoffdioxidemissionen durch einen weltweiten Einsatz dieser Technologie um über 150 Millionen Tonnen (das entspricht etwa 0,6 Prozent der gesamten energiebezogenen CO2-Emissionen) gesenkt werden könnten. "Etwa fünf Prozent der CO2-Emissionen weltweit sind auf die Seeschifffahrt zurückzuführen, die über eine Milliarde Tonnen CO2 pro Jahr verursacht. Da der Zugdrachen im Schifffahrtsbereich in großem Umfang einsetzbar ist, könnte das System von SkySails entscheidend zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen. Durch einen systematischen weltweiten Einsatz der Technologie von SkySails könnten jährlich über 150 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden", so Stephan Wrage.