Potocnik fordert Beginn des Modernisierungsprozesses im Hochschulwesen
Auf dem Weg in eine wissensbasierte Gesellschaft müssten sich die Universitäten Europas einem Modernisierungsprozess stellen, erklärt der für Wissenschaft und Forschung zuständige EU-Kommissar Janez Potocnik. In seiner Ansprache vor Teilnehmern eines Kolloquiums der Konferenz der französischen Hochschulrektoren in Brüssel am 4. April begrüßte der Kommissar die jüngsten Änderungen der französischen Gesetzgebung im Sinne einer größeren Autonomie der Hochschulen. "[Ihre neue Gesetzgebung] ist eine Reaktion auf viele der Hindernisse, die von der Europäischen Kommission in den vergangenen Jahren festgestellt wurden, und anlässlich derer wir einen Handlungsappell an die Mitgliedstaaten und Universitäten gerichtet haben", sagte Potocnik. "Dies dient auch als Vorbild für ganz Europa, den Universitäten mehr Freiraum im Sinne einer autonomeren Verwaltung bei der Vernetzung ihrer Lehraufträge in Ausbildung, Forschung, Innovation und Wissenstransfer zu gewähren", fügte er hinzu. Die europaweite Modernisierung der Universitäten sei jedoch nicht so einfach, wie es scheinen mag. Sie erfordere eine Reihe wesentlicher Maßnahmen und betreffe vorrangig den Ausbau der Humanressourcen an kompetenten Forschern mit einem hohen Grad an Mobilität über geografische Grenzen hinweg und zwischen Institutionen, Fachrichtungen und Sektoren. Einen Beitrag dazu könne, wie der Kommissar vorschlug, die weitere Reform der Doktorandenprogramme leisten, was mit dem Bologna-Prozess bereits in Angriff genommen wurde. "Während die zentrale Mission des Lehrauftrags und der Vermittlung grundlegender wissenschaftlicher Kenntnisse erhalten bleiben muss, erfordert die Globalisierung eine erweiterte Präsenz der Universitäten in der Innovation und wirtschaftlichen Entwicklung", erklärte Herr Potocnik. Ein weiterer notwendiger Schritt wäre demzufolge die Stärkung der Verbindungen zur Industrie und ein erweiterter Wissensaustausch mit den Wirtschaftsunternehmen. Den Universitäten müsse mehr Freiraum bei der Definierung individueller Strategien in Forschung, Lehre, Zusammenarbeit und Förderung in ausgewählten Exzellenzbereichen eingeräumt werden. Dies würde den Weg für eine größere Vielfalt unter den Hochschuleinrichtungen ebnen, so die Ansicht des Kommissars. "Ich möchte darauf hinweisen, dass ich hier nicht von einem 'Einheitsgrößenmodell' spreche. Im Gegenteil, ich bin kein Verfechter von Gleichmacherei oder Zwängen", setzte er hinzu. Ein weiterer wichtiger Schritt bestünde darin, Menschen jeglichen Alters zur Weiterführung und Vertiefung ihrer Ausbildung zu ermutigen. "Europa braucht verstärkt junge Menschen, die sich für ein Studium oder eine wissenschaftliche Karriere interessieren und die in Europa bleiben wollen, vor allem auch Frauen in Forscherlaufbahnen. Die Hochschulen haben hier auch die wichtige Aufgabe, den europäischen Arbeitskräften lebenslang und kontinuierlich Bildung zu ermöglichen, wobei sie sich an den aktuellen Erfordernissen in Wirtschaft und Gesellschaft orientieren", erklärte Herr Potocnik. Während sich die Europäische Kommission nicht direkt als Akteur in der Modernisierung des Hochschulwesens engagiere, sagte der Kommissar, würde sie doch Unterstützung in einer Reihe von Bereichen leisten, um den Prozess zu katalysieren. Um die Modernisierungsagenda umzusetzen, fordere sie von den Mitgliedstaaten eine koordinierte Aktion, durch vermehrte Investitionen die Schaffung der entsprechenden Rahmenbedingungen voranzutreiben, die den Hochschulen mehr Autonomie und Eigenverantwortung gewähren. Von den Universitäten selbst wird auch gefordert, strategische Entscheidungen zu treffen und interne Reformen durchzuführen. Die Kommission unterstützt ihrerseits den forschungspolitischen Dialog und das "gegenseitige Lernen". Wesentliche Bereiche dessen werden in dem im vorigen Jahr veröffentlichten Grünbuch zum Europäischen Forschungsraum (EFR) näher beschrieben. Das Dokument wurde von allen beteiligten Akteuren einschließlich der Hochschulen gründlich geprüft. Nach der Debatte und den Beratungen wird im Verlauf des Jahres 2008 die Europäische Kommission fünf spezifische Initiativen verabschieden: - eine Rahmenrichtlinie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten in der Entwicklung gemeinsamer öffentlicher Forschungsprogramme. Diese Aktivitäten erfolgen auf freiwilliger Basis und ermöglichen eine "variable Geometrie". - eine Partnerschaft für einen Forscherpass zur Förderung von Mobilität und wissenschaftlichen Laufbahnen, - ein geeigneter rechtlicher Rahmen für europaweite Forschungsinfrastrukturen, - eine Empfehlung der Kommission und einen "Verhaltenskodex" für die Verwaltung der geistigen Eigentumsrechte in der öffentlichen Forschung, - eine gemeinsame Strategie für die internationale Zusammenarbeit im Wissenschafts- und Technologiebereich zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten. "All diese Initiativen werden Europas Hochschulen vorwärtsbringen und Ihre Möglichkeiten für ein erfolgreiches Vorgehen erweitern. In diesem Sinne möchte ich Sie ermutigen, daraus Nutzen zu ziehen", sagte Herr Potocnik zum Abschluss.
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