Neue Strategie zur DNA-Sequenzierung könnte beim Ausbruch einer Krankheit lebenswichtig sein
Wissenschaftler, die von der EU finanziert wurden, haben eine Strategie entwickelt, wie sich die genetischen Eigenschaften virulenter Bakterienstämme schnell bestimmen lassen. Solche Techniken werden bei der Reaktion auf eine Epidemie, einen neuen Krankheitsstamm oder auf einen terroristischen Anschlag mit Biowaffen lebenswichtig sein. Dank herkömmlicher Technologien zur DNA-Sequenzierung konnten Forscher die Genome von über 450 Bakterienarten sequenzieren. Darunter waren auch repräsentative Stämme von allen menschlichen Krankheitserregern. Allerdings ist dieses Verfahren extrem langsam, denn im Falle eines Ausbruchs oder eines Terroranschlags müssen Wissenschaftler das Genom eines Erregers so schnell wie möglich ermitteln, sodass sie bestimmen können, welche virulenten oder arzneimittelresistente Gene das Bakterium hat. In jüngster Zeit wurden Techniken entwickelt, die Wissenschaftlern ermöglichen, ein ganzes bakterielles Genom innerhalb weniger Stunden zu sequenzieren. Die abschließenden Schritte zur Erlangung der kompletten Sequenz sind aber immer noch sehr zeitaufwendig. In dieser jüngsten Studie haben Wissenschaftler aus Frankreich und Schweden untersucht, ob ausreichende Informationen für die Reaktion auf einen Ausbruch erlangt werden können, indem rasch sequenzierte, unvollständige Genome benutzt werden und diese mit bestehenden Genomen derselben Spezies verglichen werden. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Genome Research online veröffentlicht. Sie testeten ihre Theorie an einem Stamm von Francisella tularensis, einem hochgradig ansteckenden Bakterium, das Tularämie (Hasenpest) verursacht. Menschen können sich mit dieser Krankheit durch den Biss einer infizierten Zecke, durch den Umgang mit infizierten Tierkadavern oder durch die Aufnahme kontaminierten Wassers oder Essens anstecken. Zu den Symptomen gehören Fieber, Kopfschmerzen, Durchfall, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie fortschreitende Schwachheit. Wenn sie nicht behandelt wird, kann sie tödlich enden. Die Wissenschaftler haben dieses Bakterium für ihre Studie ausgewählt, weil es starke Befürchtungen gibt, es könnte für den Einsatz als biologische Waffe genetisch manipuliert werden. "Im Kontext eines Ausbruchs könnten durch eine schnelle Methode die genetischen Determinanten sofort bestimmt werden, die für eine modifizierte Virulenz oder Übertragung verantwortlich sind", erklärte Dr. Bernard La Scola von der Université de la Mediterranée in Frankreich. Dr. La Scola und seine Kollegen setzten das schnelle Sequenzierungsverfahren ein, um das Genom eines Stamms von F. tularensis zu erhalten, den sie von einem Tularämie-Patienten entnommen hatten. Es gelang ihnen, eine Reihe von virulenzrelevanten Genen zu identifizieren, ebenso wie eine Mutation, die mit Chinolone-Resistenz im Zusammenhang steht. Die Forscher konnten außerdem diesen Stamm von 80 anderen Stämmen von F. tularensis unterscheiden. "Wir haben gezeigt, dass diese Strategie für die Ermittlung von Genpolymorphismen, wie beispielsweise eine für Antibiotikaresistenz verantwortliche Genmodifikation, sowie des Verlusts von genetischem Material effizient war", kommentierte Dr. La Scola. Dem Team zufolge könnte die Dauer von der DNA-Entnahme bis zum Abschluss der Genomanalyse auf nur sechs Wochen verkürzt werden, wenn genügend Forscher an dem Projekt arbeiten würden. Dr. Scola glaubt, dass künftige Fortschritte bei der für die Analyse und den Vergleich von Genomsequenzen benutzten Software diese Zeit noch weiter verkürzen könnten. Die EU-Unterstützung für die Forschung stammt aus dem EuroPathoGenomics-Exzellenznetz, das unter dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziert wird.
Länder
Frankreich, Schweden