Streifzug in die genetische Entwicklung der Löwen
Ein internationales Forscherteam hat die Evolutionsgeschichte der Löwen mit beispielloser Genauigkeit erfolgreich untersucht. Die Forschungsergebnisse, die online in der Fachzeitschrift Public Library of Science (PLoS) veröffentlicht wurden, weisen auf 11 genetische Untergruppen bei den heutigen Löwen hin, die nicht nur zwischen den afrikanischen und asiatischen Populationen unterscheiden, sondern auch genetische Linien innerhalb der afrikanischen Population. Zu den Untergruppen, die meist durch geografische Cluster bestimmt sind, gehören einzelne Gruppen in Namibia, dem Krüger-Nationalpark (Südafrika), dem Ngorongorokrater (Tansania), Kenia, Uganda und im Gir-Nationalpark in Indien als einziger asiatischer Untergruppe. Außerdem gibt es zwei unterschiedliche Cluster in Botsuana und drei im Serengeti Nationalpark (Tansania). Die Ergebnisse widersprechen der Theorie, dass afrikanische Löwen aus einer einzigen, sich zufällig paarenden oder sogenannten "panmiktischen" Population besteht. Die Autoren der Studie, zu denen Forscher aus Portugal, dem Vereinigten Königreich, Afrika und den USA gehören, kommen zu dem Schluss, dass, anders als in den breit gefassten Konservierungsplänen, für den Erhalt individueller Populationen mehr getan werden müsse. "Bislang wurde das Verständnis der allgemeineren Aspekte der Evolutionsgeschichte des Löwen durch fehlende umfassende Stichprobenerhebung und entsprechende informative genetische Marker erschwert", erklären die Autoren. Um diesen Mangel auszugleichen, untersuchten sie die genetische Beschaffenheit von 357 Löwen aus Afrika und Asien. Die Wissenschaftler analysierten auch die Muster und Variationen von Viren, die bei den Großkatzen angetroffen wurden. "Die einmalige soziale Ökologie von Löwen und die Tatsache, dass Löwen unter gut belegten Ausbrüchen von Infektionskrankheiten gelitten haben, [...] bieten eine gute Gelegenheit, die Evolutionsgeschichte der Löwen mithilfe der genetischen Informationen sowohl des Wirts als auch des Virus zu untersuchen", heißt es in der Studie. "Denn die Populationsgenetik übertragener Pathogene kann die demografische Geschichte ihrer Wirte genauestens reflektieren." In dieser Hinsicht war das Feline Immundefizienz-Virus (FIV), ein Retrovirus ähnlich dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV), besonders nützlich, weil, wie die Autoren erklären, "das Virus bei Löwen eine hohe genetische Vielfalt aufweist und dadurch einen einmaligen Marker bietet, um laufende demografische Prozesse bei Löwen zu bewerten." Laut Analyse stammt die heutige, 50.000 freie Löwen umfassende Population südlich der Sahara und in Asien von mehreren Lebensräumen in Ost- und Südafrika des Pleistozäns (vor 324.000 bis 169.000 Jahren) ab. Diese genetisch unterschiedlichen Populationen haben sich während des Späten Pleistozäns (vor 100.000 Jahren) nach Zentral- und Nordafrika und nach Asien hin verbreitet. Vor 14.000 bis 7.000 Jahren, während des Übergangs vom Pleistozän zum Holozän, breiteten sich die Großkatzen von Lebensräumen im Süden wieder in Richtung Norden und Osten aus, sodass es zwischen den Populationen zu Kreuzungen kam. Die Studie folgert: "Obwohl sich Löwen über weite Strecken zerstreuen können, deuten die Muster der genetischen Vielfalt auf eine substanzielle Untergruppierung der Population und einen reduzierten Genfluss hin, der, zusammen mit den großen Unterschieden [...] bei sechs verschiedenen FIV-Ple-Unterarten unter den Löwenpopulationen, die Hypothese widerlegen, dass die afrikanischen Löwen aus einer einzigen panmiktischen Population bestehen."
Länder
Indien, Kenia, Namibia, Portugal, Tansania, Uganda, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten, Südafrika