Erklärung der Unbeständigkeit Europas
Während die Mitgliederzahl in der EU steigt, bleibt vielen verborgen, dass Europa in ständiger Bewegung ist. Genau in diesem Augenblick sinkt der Mittelmeerraum, falten sich die Alpen weiter empor und weiter nach Norden, während sich Skandinavien noch immer davon erholt, dass es in der Eiszeit vom Gewicht einer riesigen dicken Eisdecke zerdrückt wurde. Und das europäische Projekt TOPO-EUROPE steht bereit, um all dies zu bezeugen. Die Topografie hat einen großen Einfluss auf eine Gesellschaft, und zwar nicht nur aufgrund einer sich langsam ändernden Landschaft, sondern auch im Hinblick darauf, wie sie sich auf Georisiken und die Umwelt auswirkt. Momentan ändert sich die bloße topografische Gestalt Europas. Daraus ergeben sich für Forscher viele Fragen, wie etwa die nach den Auswirkungen dieser Änderungen auf die Zukunft Europas. Mit TOPO-EUROPE soll nicht nur eine Antwort auf diese Frage, sondern auch auf viele weitere gefunden werden. Die in TOPO-EUROPE einbezogenen Wissenschaften decken durchaus ein breites Spektrum an Themengebieten ab, wie beispielsweise die Dynamik der Erdkruste und des Erdmantels, Quelle-Senke-Beziehungen und Sedimentdynamik, Plateaubildung sowie Plattenreorganisation. TOPO-EUROPE ("4-D topography evolution in Europe: uplift, subsidence and sea level change") ist Teil von EUROCORES, dem europäischen Programm für Forschungszusammenarbeit. Dieses einzigartige System wird von der Europäischen Wissenschaftsstiftung (EWS) bereitgestellt, um die Forschungszusammenarbeit, die Bildung von Netzwerken und die Informationsverbreitung zu fördern, gleichzeitig aber auch über sämtliche wissenschaftliche Fachbereiche hinweg sowohl auf europäischer Ebene als auch in einem globalen Kontext weite und komplexe Forschungsthemen ins Auge zu fassen. Zwar wird die Finanzierung für die Koordinierung und Vernetzung von EUROCORES derzeit über das Sechste Forschungsrahmenprogramm (RP6) der EU realisiert, EUROCORES gehört jedoch nicht zum Siebten Rahmenprogramm (RP7). Die Forschungsförderung in Höhe von insgesamt etwa 15 Mio. EUR wird von nationalen Finanzierungsorganisationen bereitgestellt, auch wenn die Forschung nicht von einzelnen Ländern, sondern von den Forschern selbst betrieben wird. Der Auftakt von TOPO-EUROPE fand im Oktober 2008 im Rahmen des vierten internationalen TOPO-EUROPE-Workshops in El Escorial in der Nähe von Madrid, Spanien, statt. Ursprünglich war das Netzwerk ein Nebenprodukt des Internationalen Lithosphärenprogramms (ILP) und entstand als regionaler Ausschuss zur Forschungskoordinierung in Europa. "EUROCORES TOPO-EUROPE stellt einen wichtigen Anreiz zur Verwirklichung der ehrgeizigen Bestrebungen der TOPO-EUROPE-Initiative insgesamt dar", meint Professor Sierd Cloetingh von der Freien Universität Amsterdam in den Niederlanden, Vorsitzender des ILP und Initiator des Netzwerks sowie des Programms. "Es geht darum, verschiedene Teile der Europäischen Gemeinschaft, die sich mit den Prozessen im Erdinneren und denen an der Oberfläche befassen, zusammenzubringen. Und genau dafür ist EUROCORES ein gutes Instrumentarium", so Prof. Cloetingh weiter. TOPO-EUROPE ist zudem der natürliche Nachfolger von EuroMARGINS, einem abgeschlossenen EUROCORES-Programm zu Kontinentalrändern. An TOPO-EUROPE sind Forscher aus den verschiedensten Fachrichtungen beteiligt; es werden nicht nur Experten für Festerde zusammengebracht, sondern auch Klimawissenschaftler mit einbezogen. Mit einem der im Rahmen des Programms durchgeführten Projekte zur Forschungszusammenarbeit, dem Projekt TOPO-ALPS, sollen die topografische Geschichte der Alpen und ihre tektonischen und klimatischen Einflussfaktoren enträtselt werden. "Einer der Schwerpunkte innerhalb der aktuellen TOPO-EUROPE-Initiative ist die Suche nach Möglichkeiten zur Einbeziehung des Klimas sowie die Ermittlung der Rolle, die es bei tektonischen und geomorphologischen Problemen spielt. Dies stellt ein wissenschaftliches Grenzgebiet dar, sodass ich davon ausgehe, dass es künftig immer mehr dieser Projekte geben wird", erklärt Professor Sean Willet, Projektleiter von TOPO-ALPS und Geologe an der ETH Zürich, Schweiz. Ebenso bedeutend ist die Tatsache, dass TOPO-EUROPE neue Forschungsmöglichkeiten schafft. Im Einzelnen werden im Rahmen des Projektes 60 Stellen für Nachwuchsforscher geschaffen. "Wenn wir keine Perspektiven bieten, werden sich junge Menschen nicht für unser Gebiet interessieren, da sie dann den Eindruck haben, dass bereits alles entschlüsselt wurde und dass das Gebiet nicht mehr zeitgemäß ist", meint Professor Cloetingh.