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Viehbestand durch Klimawandel in ernsthafter Gefahr

Es sind alarmierende Informationen zu möglichen Auswirkungen der globalen Erwärmung auf europäische Nutztiere bekannt geworden. Professor Peter Mertens vom Institute for Animal Health (IAH) im Vereinigten Königreich warnte kürzlich in einer Rede vor den Mitgliedern der Society...

Es sind alarmierende Informationen zu möglichen Auswirkungen der globalen Erwärmung auf europäische Nutztiere bekannt geworden. Professor Peter Mertens vom Institute for Animal Health (IAH) im Vereinigten Königreich warnte kürzlich in einer Rede vor den Mitgliedern der Society for General Microbiology (SGM), dass die großen Ausbrüche von Tierseuchen unter Wiederkäuern innerhalb des vergangenen Jahrzehnts von den ansteigenden Temperaturen auf der Erde ausgelöst wurden. Mehr als zwei Millionen Wiederkäuer, insbesondere Schafe, sind seit 1998 Ausbrüchen der Blauzungenkrankheit (engl. Bluetongue, BT) zum Opfer gefallen - und Experten sind der Ansicht, dass die zunehmenden Temperaturen für dieses Problem verantwortlich sind. Ausgelöst vom Bluetonguevirus Serotyp 8 (BTV-8) brach die verhängnisvolle Krankheit 2006 in Belgien und den Niederlanden aus und verbreitete sich im darauf folgenden Jahr dann auch in anderen europäischen Ländern wie etwa im Vereinigten Königreich. Die Experten sehen diesen ersten jemals in Nordeuropa verzeichneten Ausbruch nicht als ein isoliertes Ereignis an. Sie befürchten ernsthaft, dass weitere ähnliche Viren in Mittel- und Nordeuropa auftreten könnten. Das Virus der Afrikanischen Pferdepest hat zum Beispiel den gleichen Überträger - ein Insekt - wie die Blauzungenkrankheit, und kann in über 95 Prozent der Fälle tödlich enden. "Wir haben durch 12 Stämme von 9 verschiedenen Serotypen des Bluetonguevirus verursachte Ausbrüche beobachtet, die Europa seit 1998 über mindestens 4 unterschiedliche Wege erreicht haben", berichtete Professor Mertens. "So zeigt sich, dass es einen mit dem Klimawandel verbundenen grundlegenden Wandel der Epidemiologie der Blauzungenkrankheit gegeben hat." Im letzten Jahr wurden im Vereinigten Königreich mehr als 10 Millionen Schafe und Rinder gegen BTV-8 geimpft. "Das Vereinigte Königreich war das einzige Land in Europa, das den Ausbruch der Seuche erfolgreich eingedämmt hat", merkte Professor Mertens an. "Andere, neue BT-Virus-Typen haben allerdings in der Folgezeit Nordeuropa erreicht und stellen für 2009 und darüber hinaus eine Ernst zu nehmende Bedrohung für das Vereinigte Königreich dar." Unter Berücksichtigung der Ereignisse der letzten Jahre sei die gesamte Region als stark anfällig gegenüber dem weiteren Eindringen des BT-Virus und anderer von Insekten übertragenen Viren zu betrachten, so Professor Mertens, wobei er hinzufügte, dass diese Viren schließlich auch verheerende Auswirkungen auf den Menschen haben könnten. "Wenn auch die derzeit zum Einsatz in Nordeuropa verfügbaren Impfstoffe gegen das BT-Virus relativ roh sind, da sie aus in Gewebekulturzellen gezüchteten inaktivierten Viren gewonnen werden, können sie doch offensichtlich gegen BTV-8 wirken", sagte der Wissenschaftler vor den Mitgliedern der SGM. "Es werden jedoch dringend modernere, aus den Protein-Untereinheiten des Virus hergestellte Impfstoffe sowie auch diagnostische Tests benötigt, mit denen man geimpfte und infizierte Tiere voneinander unterscheiden kann." Die Blauzungenkrankheit wird von der Stechmücke Culicoides imicola übertragen und diese breitete sich in letzter Zeit an der nördlichen Mittelmeerküste aus, wo sie in den betroffenen Regionen Ausbrüche der Krankheit auslöste. Biologische Vektoren sind jedoch auch andere Stechmücken wie etwa C. pulicaris und C. obsoletus, die gleichfalls zu BT-Ausbrüchen beitragen. Diese beiden Arten sind in Mittel- und Nordeuropa aufgetaucht. Experten vertreten die Ansicht, dass steigende Temperaturen die Infektionsrate sowie die Virusreplikation innerhalb der Mücke steigern, wodurch die Aktivität der Mücke in Nordeuropa stark zunehmen kann. Die 1945 gegründete Society for General Microbiology setzt sich aus Hochschulen, Behörden, Forschungseinrichtungen und Vertretern der Industrie aus über 60 Nationen weltweit zusammen.

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