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Anerkennung für Erfinder im Kampf gegen tödliche Krankheiten

In zwei der vier Kategorien des Preises "Europäischer Erfinder des Jahres 2009" wurde der erfolgreiche Kampf gegen Leukämie und Malaria belohnt, bei denen es sich um zwei der bösartigsten Krankheiten dieser Welt überhaupt handelt. Der Schweizer Medizinchemiker Dr. Jürg Zimme...

In zwei der vier Kategorien des Preises "Europäischer Erfinder des Jahres 2009" wurde der erfolgreiche Kampf gegen Leukämie und Malaria belohnt, bei denen es sich um zwei der bösartigsten Krankheiten dieser Welt überhaupt handelt. Der Schweizer Medizinchemiker Dr. Jürg Zimmermann wurde gemeinsam mit dem US-amerikanischen Onkologen Dr. Brian Druker in der Kategorie "Industrie" für die Erfindung des Medikaments Glivec ausgezeichnet. Glivec hat eine 98-prozentige Heilungsrate bei an chronischer myeloischer Leukämie (CML) erkrankten Patienten. CML ist eine seltene Form der Leukämie, die jährlich ungefähr 10.000 Menschen befällt. CML galt lange als eine der tödlichsten Formen von Krebs. Die einzigen Behandlungsmöglichkeiten waren Knochenmarkstransplantation und Chemotherapie; beide Behandlungen sind allerdings anhaltend schmerzhaft und haben viele Nebenwirkungen, da die Therapien sowohl gesunde als auch Krebszellen angreifen. Glivec stellt somit einen echten Durchbruch in der Krebsbehandlung dar, da das Medikament einzig und allein auf die erkrankten Zellen abzielt. Dr. Zimmermann sagt über das Arzneimittel: "Es gibt verschiedene Formen der Leukämie und Glivec wird ausschließlich bei CML eingesetzt. Diese Tatsache ist äußerst wichtig. Ich denke, auf diese neue Weise wird man sich ganz allgemein in Zukunft der Medizin annähern. Verbunden mit einer sehr speziellen Diagnose liegt die Erfolgsrate von Glivec bei mehr als 95 Prozent. In der Vergangenheit war die Diagnose weitaus weniger spezifisch und die Chemotherapie war äußerst unselektiv - ihr Wirkungsprinzip bestand im Angriff aller Zellen." Dr. Zimmermann und Dr. Druker begannen ihre Suche nach einem CML-Heilmittel Ende der achtziger Jahre, nachdem Forscher in den USA entdeckt hatten, dass 95 Prozent der Patienten mit CML ein abnorm verkürztes Chromosom haben. Dieses entsteht durch den Austausch von DNA zwischen zwei Chromosomen, was zu einem Fusionsprotein mit der Bezeichnung BCR-ABL führt. Die Forscher suchten nun unermüdlich nach den BCR-ABL-Inhibitoren. "Während der DNA-Replikation tauscht ein Teil des Chromosoms A den Platz mit einem Teil des Chromosoms B", erklärte Dr. Zimmermann gegenüber CORDIS-Nachrichten. "Warum das passiert, wissen wir nicht. In einigen Fällen ist es möglicherweise auf Umweltfaktoren zurückzuführen, aber in anderen Fällen ist es wahrscheinlich einfach nur Pech. Im menschlichen Körper passieren eigentlich ständig Fehler, aber normalerweise werden sie eben korrigiert. Das Vorhandensein einer Krebszelle zeigt dann, dass der Fehler nicht erkannt wird." Für die Patienten ist das Fehlen gravierender Nebenwirkungen ein überaus bemerkenswerter Vorteil, können sie dadurch doch den zermürbenden und schmerzhaften Chemotherapien entgehen. Auch Dr. Zimmermann merkt an: "Ein großer Teil der Anziehungskraft von Glivec liegt für die Kliniker darin, dass es so gut vertragen wird. Die Patienten nehmen die Behandlung oft überhaupt nicht wahr. Die Betroffenen leiden ja meist schrecklich unter Chemotherapien, aber als wir die ersten klinischen Studien mit Glivec durchführten, fragten die Patienten: 'Sie haben mir doch nicht etwa ein Placebo gegeben?'. Einige Ärzte kamen nicht umhin, sofort festzustellen, dass dies kein Krebsmedikament sein könne und dass es nicht wirken werde." Aber Glivec wirkt und zwar wunderbar. Die weißen Blutkörperchen gingen bei den Patienten in bemerkenswerter Weise zurück, Nebenwirkungen gab es fast keine, und Glivec ist nun die erste Behandlung, die alle CML-Patienten erhalten. "Wir arbeiteten nach einem wirklich einfachen Prinzip", erklärt Dr. Zimmermann. "Wir untersuchten den Unterschied zwischen einer Krebszelle und einer gesunden Zelle und wir erforschten, was es wohl sein könnte, das eine Krebszelle antreibt, aber in der gesunden Zelle nicht vorhanden ist. So einfach lässt sich unser Ziel zusammenfassen." Eine weitere verheerende Krankheit, die vor allem in Afrika für Chaos sorgt, ist Malaria. Die von parasitären Stechmücken, den Moskitos, übertragene Malaria infiziert seit rund 50.000 Jahren den Menschen. Malaria tötet jährlich 3 bis 5 Millionen Menschen, die meisten davon im südlich der Sahara gelegenen Afrika. Professor Yiqing Zhou vom Pekinger Institut für Mikrobiologie und Epidemiologie in China, der mit dem Preis Europäischer Erfinder des Jahres in der Kategorie "Nicht-europäische Länder" geehrt wurde, erfand ein neues Medikament zur Bekämpfung der Malaria, das eine Kombination eines altbekannten pflanzlichen chinesischen Heilmittels und eines modernen Arzneimittels gegen Malaria ist. Im Verlauf der Jahrhunderte sind viele Kräuterheilmittel und medikamentöse Therapien im Kampf gegen Malaria eingesetzt worden, aber der Moskito-Parasit ist sehr zäh und hat den verschiedensten Behandlungen gegenüber immer wieder neue Resistenzen gebildet. Professor Zhou wandte sich der Traditionellen Chinesischen Medizin zu und kombinierte die alte Heilpflanze Artemisia annua (einjähriger Beifuß), die bereits vor Jahrtausenden - lange bevor es moderne Medikamente gab - zur Malariabehandlung eingesetzt wurde, mit einem schon bewährten Malariamittel, Benflumetol, zu einem neuen Arzneimittel, das nun als Coartem vermarktet wird. Für Professor Zhou ist der Kampf gegen die Malaria auch ein ganz persönlicher Feldzug - er wurde selbst mit der Krankheit infiziert und sah oft ihre verheerenden Auswirkungen für die Bevölkerung in China, auch beim Militär. Seine Meinung zu dem neuen Arzneimittel: "Ich stelle mir die Traditionelle Chinesische Medizin als die rechte Hand und die westliche Medizin als die linke Hand vor - miteinander kombiniert ergibt sich ein doppelt starkes Heilmittel." Silvio Gabriel vom Pharmaunternehmen Novartis, das Coartem vermarktet, sagt: "Man braucht einen guten Erfinder wie Professor Zhou und sein Team, um ein traditionell angewandtes Heilmittel [...] mit einem westlichen Mittel zu kombinieren, das eine anti-parasitäre Wirkung hat." "Bisher sind noch keine Resistenzen aufgetreten. Sie sind aber jederzeit möglich und deshalb ist es überaus wichtig, dass auch noch andere Methoden wie etwa Moskitonetze und Sprays verwendet werden." Coartem ist die Grundlage einer verblüffend einfachen Behandlung. Ein Päckchen mit 12 Tabletten, von denen man an drei Tagen täglich jeweils vier Stück einnehmen muss: das ist schon alles. In den Ländern Afrikas waren sagenhaft erstaunliche Ergebnisse zu verzeichnen. In Ruanda nahm die Malariasterblichkeit um 60 Prozent ab, während die Kindersterblichkeit in Äthiopien um 50 Prozent sank. In Sambia konnte die Anzahl der Malariafälle um 80 Prozent und die der Todesfälle um 90 Prozent reduziert werden. Die mehr als 235 Millionen Behandlungen mit Coartem haben tatsächlich bisher ungefähr 600.000 Menschen das Leben gerettet. "Die Ergebnisse sind außergewöhnlich", teilte Silvio Gabriel mit. "In einigen Gebieten wie zum Beispiel in Tansania können wir keine weiteren klinischen Studien mehr durchführen, da wir nicht mehr ausreichend Patienten finden."

Länder

Tschechien

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