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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Lernen formt Entscheidungsfindung

Forscher im Vereinigten Königreich haben Licht in die neuronalen Mechanismen gebracht, die hinter den Auswirkungen des Lernens auf die Entscheidungsfindung stecken. Sie konnten unter Einsatz funktioneller Magnetresonanz-Bildgebung (fMRI) die Bereiche des Gehirns identifizieren...

Forscher im Vereinigten Königreich haben Licht in die neuronalen Mechanismen gebracht, die hinter den Auswirkungen des Lernens auf die Entscheidungsfindung stecken. Sie konnten unter Einsatz funktioneller Magnetresonanz-Bildgebung (fMRI) die Bereiche des Gehirns identifizieren, die an lernabhängigen Veränderungen bei Entscheidungsprozessen beteiligt sind. Die Studie wurde im Fachmagazin Neuron veröffentlicht. Alltägliche erfolgreiche Entscheidungen wie etwa das Erkennen eines bekannten Gesichts in einer Menschenmenge sind von den Entscheidungsfindungen des Gehirns in einer sich ständig verändernden Umwelt abhängig. Die Auswahl der besten Vorgehensweise ist ein komplexer Prozess, da das Gehirn oft mit recht unsicheren Informationen klarkommen muss. Während theoretische Studien gezeigt haben, dass das Lernen Primaten beim Treffen von Entscheidungen hilft, lagen die Mechanismen, die das Lernen und die flexible Entscheidungsfindung verbinden, noch eher im Dunklen. In der aktuellen Studie baten die Forscher an der Universität von Birmingham acht Versuchspersonen darum, "Glass"-Raster (weiße Punkte auf einem schwarzen Hintergrund) in zwei Kategorien einzuteilen: strahlenförmig oder konzentrisch. Da die Winkel der Punkte jedoch wechselten, erforderte die Bestimmung des Unterschieds zwischen den zwei Kategorien sorgfältiges Nachdenken. Bei dem ersten der zwei Experimente wurden die Probanden auf die Anwendung unterschiedlicher Entscheidungskriterien in zwei verschiedenen Sitzungen trainiert; das bedeutete, dass die nach einer Gruppe von Regeln zur gleichen Kategorie gehörenden Muster auf Grundlage anderer Regeln zu einer anderen Kategorie gehören konnten. Im zweiten Experiment wurde die Leistung der Teilnehmer vor und nach dem Training gemessen. In beiden Experimenten konnten die Forscher durch Training die Art und Weise verändern, wie die Versuchspersonen das Material in Kategorien einteilten. Mittels funktioneller Magnetresonanz-Bildgebung (fMRI) konnten sie außerdem sehen, welche Regionen des Gehirns in diese Aktivitäten einbezogen wurden. "Wir haben festgestellt, dass das Lernen aus vergangenen Erfahrungen unser Gehirn tatsächlich regelrecht neu verkabelt, so dass wir die Dinge, die wir sehen, kategorisieren und in einem beliebigen Kontext entsprechend auf sie reagieren können", sagt Forscherleiterin Dr. Zoe Kourtzi. "Wir haben gezeigt, dass dieser Lernprozess nicht nur eine Frage des Erlernens der Struktur der physischen Welt ist; wenn ich mir etwas anschaue, spiele ich in meinem Kopf nicht nur Schnipp-Schnapp, wobei ich versuche, Bilder miteinander in Einklang zu bringen. Bereiche in unser Gehirnen sind tatsächlich darauf trainiert, Regeln zu lernen, die die Art des Interpretierens sensorischer Informationen bestimmen", erklärt sie. Die Forscher beobachteten in den Frontalbereichen des Gehirns (ventral prämotorische und prämotorische Regionen) eine gewisse Aktivität, die so auch zu erwarten war, da man schon vorher festgestellt hatte, dass diese Bereiche in Entscheidungsprozesse eingebunden sind. Die Aktivität in diesem Bereich spiegelte die Wahl der Testpersonen bei einzelnen Versuchen sowie lernabhängige Veränderungen der Kategorisierungsentscheidung wider. Die Wissenschaftler waren allerdings recht überrascht zu sehen, dass diese Veränderungen auch in den höheren okzipitotemporalen Regionen des Gehirns offensichtlich waren, die dafür bekannt sind, an der Darstellung der visuellen Formen beteiligt zu sein. "Dieses Paradigma zum flexiblen Lernen erlaubt uns das Testen auf Gehirnveränderungen, die sich eher auf die Wahrnehmung als auf die physische Ähnlichkeit zwischen visuellen Mustern beziehen", erläutert Dr. Kourtzi. "Unser Einsatz von Gehirn-Bildgebungsverfahren in Kombination mit mathematischen Verfahren ermöglicht uns die Ermittlung sensibler Informationen über Gehirnsignale, die die Wahl der Versuchsteilnehmer reflektieren." Laut Dr. Janet Allen, Forschungsleiterin beim Biotechnology and Biological Sciences Research Council im Vereinigten Königreich, "müssen wir erst einmal verstehen, wie gesunde Gehirne arbeiten, bevor wir überhaupt begreifen können, was schief gegangen ist, wenn das Gehirn einer Person von einer Erkrankung betroffen ist. Diese Arbeit zeigt außerdem, dass unser komplexes menschliches Gehirn einen unglaublich wirksamen Mechanismus zum Treffen guter Entscheidungen entfaltet hat, der uns täglich zu erfolgreichen Aktionen verhilft - und das war mit Sicherheit ein ganz erheblicher evolutionärer Vorteil." "Wir haben gezeigt, dass wir beispielsweise bei der Aufgabe des Erkennens eines vertrauten Gesichts in einer Menge nicht einfach nur besser werden. Unsere Ergebnisse sagen uns, dass vorhergegangene Erfahrungen eher die Schaltungen in unserem Gehirn zum Erkennen wahrgenommener Kategorien als nur einfach das Erkennen von physischen Ähnlichkeiten zwischen visuellen Mustern trainieren können," stellt Dr. Kourtzi klar. "Auf der Grundlage unserer Erkenntnisse stellen wir die Theorie auf, dass erlernte Informationen über Kategorien tatsächlich in den Hirnschaltungen der hinteren Bereiche des Gehirns gespeichert werden. Wir nehmen an, dass sie von dort aus in frontale Bereiche transportiert werden, wo diese Informationen je nach Anforderungen und Kontext der Aufgabe in flexible Entscheidungen und geeignete Aktionen umgewandelt werden."

Länder

Vereinigtes Königreich

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