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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Hirnmechanismen zu einfachen Entscheidungen weniger komplex als bisher angenommen

Wie von der Europäischen Kommission finanzierte neue Forschungen ergaben, werden zu einfachen Entscheidungen führende Aufgaben nicht wie bisher angenommen in dem Teil des Gehirns verarbeitet, der für höhere Aspekte der Kognition wie das Bewusstsein zuständig ist. Sie werden de...

Wie von der Europäischen Kommission finanzierte neue Forschungen ergaben, werden zu einfachen Entscheidungen führende Aufgaben nicht wie bisher angenommen in dem Teil des Gehirns verarbeitet, der für höhere Aspekte der Kognition wie das Bewusstsein zuständig ist. Sie werden demnach in den Regionen des Gehirns verarbeitet, die wichtige Reize empfangen und die Reaktion des Körpers auf diese steuern. Die in der Zeitschrift Nature Neuroscience online veröffentlichte Arbeit wurde teilweise durch das von der Europäischen Kommission finanzierte Projekt "'Investigations in Brain Sciences Education Network" finanziert, das durch das Marie-Curie-Programm unter dem Sechsten Rahmenprogramm (RP6) gefördert wird. "Es ist wichtig zu verstehen, wie das Gehirn unter normalen Bedingungen Entscheidungen trifft, um Einblicke in Krankheiten wie die Alzheimerkrankheit, traumatische Hirnverletzungen oder Schlaganfall zu erlangen, bei denen die Entscheidungsfindung unterbrochen ist", erklärte Professor Maurizio Corbetta von der medizinischen Fakultät der Washington-Universität in den USA. "Wir leben gerne in dem Glauben, dass unsere Entscheidungen absichtliche Handlungen sind, aber das ist vielleicht eine Illusion. Viele Entscheidungen können viel direkter und automatischer durch das getroffen werden, was unser Hirn wahrnimmt." Forscher nahmen lange Zeit an, dass Menschen eine Art Entscheidungsfindungsmodul im Gehirn haben, das mit dem Stirnlappen verbunden ist, dem Teil des Gehirns, der für höhere kognitive Prozesse verantwortlich ist. Neuere Forschungen haben jedoch gezeigt, dass bei Affen einfache Aufgaben durch relativ einfache Mechanismen vermittelt werden, die in den sensorisch-motorischen Hirnbereichen eingebettet sind. In diesen neuesten Studien wollten Wissenschaftler aus Italien und den USA herausfinden, ob das gleiche auch für Menschen gilt. Sie schulten Freiwillige in der Durchführung einer Aufgabe, die das Unterscheiden eines Bildes eines Gesichts und eines Bilds eines Gebäudes betraf. Wenn sie ein Gesicht sahen, sollten die Freiwilligen ihre Augen in eine bestimmte Richtung bewegen; wenn sie ein Gebäude sahen, sollten sie mit ihrer Hand in die gleiche Richtung zeigen. "Diese Entscheidung fällt nicht automatisch. Sie erfordert sowohl eine Beachtung der Reize als auch die Steuerung der Reaktion", sagte Professor Corbetta. Die Bilder wurden in der kurzen Zeit, in der sie sichtbar waren, von verschiedenen Stufen von Geräuschen begleitet. Während die Freiwilligen die Aufgabe ausführten, wurden ihre Gehirne mittels funktioneller Magnetresonanzbildgebung (fMRI) gescannt. Die Scans enthüllten, dass die Aktivität in dem Teil des Gehirns, das zum Planen von Aktionen wie Augen- oder Handbewegungen verantwortlich ist, in Abhängigkeit von dem gezeigten Bild-Typ (ein Gesicht oder ein Gebäude) und dem Typ der vom Gehirn geplanten Reaktion (Augen- oder Handbewegung) anstieg. Waren mit dem Bild weniger Geräusche verbunden, erleichterte dies die Entscheidung; die Hirnaktivitäten in der relevanten Hirnzone stiegen demgemäß an. "Dies deutet darauf hin, dass diese Bereiche in dem Scheitellappen alle sensorischen, motorischen und Entscheidungssignale verarbeiteten, die zum Treffen und Ausführen der Entscheidung notwendig sind", erklärte die Leitautorin der Arbeit Annalise Tosoni, Studentin der Universität Chieti in Italien. "Im Gegensatz dazu zeigte keine Zone im Stirnlappen, von der eine Beteiligung am Treffen der Entscheidung angenommen wurde, eine signifikante Steigerung ihrer Aktivität zum Zeitpunkt der Entscheidung." "Selbst bei willkürlichen und auf irgendeine Weise komplexen, visuellen Entscheidungen scheint es nur eine Frage der Menge an sensorischen Informationen zu sein, die das Gehirn zu der einen oder der anderen Wahlmöglichkeit hin drängt", fügte Professor Corbetta hinzu. Nach Meinung der Forscher unterstützen die Befunde die Vorstellung der "eingeschlossenen Kognition", nach welcher abstrakte kognitive Funktionen auf einfachen sensorisch-motorischen Verarbeitungsmechanismen beruhen. Wenn man es einfach betrachtet, schrieben die Wissenschaftler, "besteht Sehen und Entscheiden in der Wirklichkeit darin, eine motorische Reaktion zu planen". Das Team will nun untersuchen, ob komplexere Entscheidungen durch denselben sensorisch-motorischen Mechanismus verarbeitet werden, und ob Entscheidungen durch die Menge an vom Versuchsobjekt erwarteter Belohnung beeinflusst werden, wenn einfache und komplexe Entscheidungen getroffen werden.

Länder

Italien, Vereinigte Staaten

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