Wenn Zellen Alarm schlagen
Forscher der britischen Universitäten Lancaster und Dundee untersuchten, wie Hautzellen das Immunsystem alarmieren, sobald sie einen Virus oder DNA-Schäden durch Sonnenbrand, Umweltschadstoffe oder Chemotherapeutika feststellen. Der Studie zufolge könnte menschlichen Hautzellen beim Auslösen einer Immunantwort eine wichtigere Rolle zukommen als bislang vermutet, so Dr. Leonie Unterholzner, Koordinatorin des vierjährigen Projekts IFNDNA. Die Ergebnisse ebnen den Weg für genauere Forschungen zum Immunsystem, was für neue Strategien gegen Autoimmun- und andere Krankheiten unerlässlich ist. Die bahnbrechende Entdeckung von IFNDNA – veröffentlicht in Fachzeitschriften wie Nature Communications und Molecular Cell – war eher ein Überraschungserfolg für die Forscher. „Unsere Ergebnisse wurden zu Beginn heiß diskutiert, da sie so unerwartet kamen“, erinnert sich Dr. Unterholzner. Unterstützt durch das Marie-Curie-Programm forschten die Doktoranden und Postdoktoranden um Dr. Unterholzner zunächst in einem Labor der Universität Dundee und dann an der Universität Lancaster. Außerdem arbeiteten Forscher der Universität St. Andrews in Schottland, des Trinity College in Dublin und der Universität Aarhus in Dänemark zusammen. Schutz vor DNA-Schäden? Dass Zellen eine Immunabwehrreaktion auslösen können, wenn die Haut mit Viren oder Bakterien in Berührung kommt, ist seit langem wissenschaftlich belegt. Die Forschergruppe um Dr. Unterholzner fand nun heraus, wie dieser Signalweg funktioniert, und wie auch DNA-Schäden eine vergleichbare Immunantwort auslösen, allerdings auf andere Weise. Die Forscher führten Tests durch, in denen mit dem Chemotherapeutikum Etoposide die DNA von Hautzellen geschädigt wurde, was sich an Proteinen im Zellkern nachweisen ließ. „Als wir mit der Arbeit begannen, war klar, dass tote Zellen Gefahrensignale aussenden können, die das Immunsystem auf den Schaden hinweisen“, sagte Dr. Unterholzner. „Unbekannt war allerdings, ob zwar beschädigte, aber noch lebende Zellen mit dem Immunsystem kommunizieren können und in der Lage sind, den Schaden zu reparieren.“ Die Erkennung von Virus-DNA in den Zellen erfolgt über das Protein cGAS, das den Immunadapter STING (Stimulator für InterferonGene) aktiviert, der wiederum eine antivirale Immunantwort initiiert. Bei DNA-Schäden wurde STING durch IFI16 aktiviert, ein DNA-Bindungsprotein im Zellkern. IFI16 und STING leiten das Signal über die geschädigte DNA dann weiter und lösen so die Immunantwort aus: die geschädigten Hautzellen setzen Substanzen frei, die spezialisiertere Immunzellen auf die Gefahr aufmerksam machen. Bei Sonnenbrand wird eine Immunantwort ausgelöst, wenn Hautzellen durch UV-Licht geschädigt werden. Dr. Unterholzner ist ebenso überzeugt, dass das Immunsystem auf Krebszellen aufmerksam gemacht werden könnte, die durch Radio- oder Chemotherapie geschädigt wurden. „Möglicherweise erkennt und verhindert das Immunsystem auf Basis dieses Alarms die maligne Entartung geschädigter Hautzellen (Krebs)“, sagte sie. Finanziert durch das Projekt wurden mehrere Postdoktoranden und Doktoranden als neue Generation von Wissenschaftlern geschult, die dieses komplexe Gebiet weiter bearbeiten wollen. „Dieser erste Schritt ist sehr spannend, aber nun ist noch viel zu tun, wenn die Entdeckung für medizinische Anwendungen, beispielsweise Krebsimmuntherapien genutzt werden soll“, so Dr. Unterholzner.
Schlüsselbegriffe
IFNDNA, Hautzellen, DNA-Schäden, Autoimmunerkrankungen, Krebs, STING, IFI16, Immunsystem