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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Familienkrach bei den Putzerfischen

Ein Fisch bestraft einen anderen, weil er sich beim Essen danebenbenommen hat: ein Scherz? Ein internationales Forscherteam hat entdeckt, dass Männchen der Gattung Gemeiner Putzerfisch (Labroides dimidiatus) keinerlei Bedenken haben, Weibchen aggressiv durch die Gegend zu jage...

Ein Fisch bestraft einen anderen, weil er sich beim Essen danebenbenommen hat: ein Scherz? Ein internationales Forscherteam hat entdeckt, dass Männchen der Gattung Gemeiner Putzerfisch (Labroides dimidiatus) keinerlei Bedenken haben, Weibchen aggressiv durch die Gegend zu jagen, die ihnen durch hinterhältiges Beißen in vertrauensselige "Kunden" die Nahrungsquelle vergraulen. Die in der Fachzeitschrift Science veröffentlichten Ergebnisse der Studie könnten klären, auf welche Weise Menschen ihre eigenen komplexen Systeme der Bestrafung entwickelt haben. Die Putzerlippfische leben in Korallenriffen - und dort sind auch ihre Lieblings-Jagdreviere. Sie betreiben dort regelrechte Putzstationen. Diese Fische ernähren sich hauptsächlich von den Parasiten größerer Fische - können aber hin und wieder nicht widerstehen und naschen einen Bissen aus dem Hautschleim ihrer "Kunden". Einzigartig ist ihr Verhalten insofern, dass die Putzerfische am erfolgreichsten paarweise arbeiten, um neben den Parasiten an den Hautschleim zu gelangen, der die gesunde Fischhaut umhüllt. "Theoretisch wäre es wohl am schlauesten, den 'Kunden' sofort zu beißen, noch bevor es der Partner tut", überlegt Professor Redouan Bshary von der Université de Neuchâtel in der Schweiz, Mitautor der Studie, "denn wenn der Kunde verärgert wegschwimmt, hat der Beißer immerhin den leckeren Bissen, aber die Folgen treffen beide gleichermaßen." Probleme gibt es dann, wenn ein weiblicher Putzerfisch am Hautschleim des Kunden knabbert und damit den Zorn des männlichen Putzers auslöst - der das weibliche Tier dann zur Strafe für sein hinterhältiges Essverhalten herum scheucht. Die Strafandrohung ist hier tatsächlich der entscheidende Faktor. Professor Bshary und andere Forscher waren sich durchaus der Tatsache bewusst, dass männliche Putzerfische die weiblichen auf eine bedrohliche Weise herum hetzen; die Weibchen sind kleiner als die Männchen. "Die Kunden verschwinden auf der Stelle, wenn sie in einer Putzstation belästigt werden", erklärt Hauptautor Dr. Nichola Raihani von der Zoological Society of London (ZSL). "Das bedeutet im Klartext, dass sich das Essen des Männchens davonmacht, wenn sich das Weibchen einen Bissen genehmigt. Durch die Bestrafung der mogelnden Weibchen stehen die Männchen also nicht edelmütig für den Kunden ein, sondern sichern sich selbst eine anständige Mahlzeit." In einem Verhaltensexperiment boten Professor Bshary und seine Kollegen Putzerfischpaaren Plexiglas-Plättchen mit leckeren Garnelen und mit weniger schmackhaften Fischflocken an. Putzerfische lieben Garnelen, aber wenn einer der Fische an einer Garnele knabberte, entfernten die Forscher sämtliche Nahrung aus dem Tank. Und was kam dabei heraus? Das Männchen wurde verrückt, wenn das Weibchen Garnelen naschte. Im Verlauf des Experiments knabberten die weiblichen Putzerfische - oder versuchten es zumindest - immer weniger Garnelen. Die Männchen bedienten sich allerdings weiterhin ohne zu zögern mit Garnelen. "Die Bestrafung fördert die Kooperation der Weibchen, was den Männchen direkten Nutzen bei der Futtersuche bringt", schreiben die Autoren. Als nächstes steht für die Forscher vom Institute of Zoology (ZSL), von der Schweizer Université de Neuchâtel und der australischen University of Queensland die Bedrohung für männliche Fische im Mittelpunkt, die von gleich großen Weibchen ausgeht, die das Geschlecht ändern und deren Autorität herausfordern können.

Länder

Australien, Schweiz

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