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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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"Proteinfabrik" der Zellen auf Film

Mithilfe von EU-Fördermitteln konnten Forscher die "Proteinfabriken" der Zellen, die Ribosome, in Aktion filmen. Die Arbeit liefert einen noch nie dagewesenen Einblick in die Arbeitsweise dieser wichtigen Teile der Zellmaschinerie und könnte zur Entwicklung neuer Arzneimittel ...

Mithilfe von EU-Fördermitteln konnten Forscher die "Proteinfabriken" der Zellen, die Ribosome, in Aktion filmen. Die Arbeit liefert einen noch nie dagewesenen Einblick in die Arbeitsweise dieser wichtigen Teile der Zellmaschinerie und könnte zur Entwicklung neuer Arzneimittel beitragen. Die in der Zeitschrift Nature veröffentlichte Studie erhielt EU-Finanzmittel aus dem Projekt 3D-REPERTOIRE ("A multidisciplinary approach to determine the structures of protein complexes in a model organism"), dass unter dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) gefördert wurde. Wenn die DNA der Bauplan des Lebens ist, dann sind die Ribosomen die Fabriken, in denen dieser Bauplan zu Proteinen umgewandelt wird. Diese bauen Muskeln auf, transportieren zelluläre Fracht, empfangen und übermitteln Signale, bringen chemische Reaktionen in Gang und vieles mehr. Alles beginnt mit der DNA. Der DNA-Abschnitt mit dem genetischen Code für ein bestimmtes Protein wird in einen einzelnen Strang von Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) kopiert. Die mRNA wird an ein Ribosom angeheftet, das sich über das mRNA-Molekül bewegt. Jeder Block mit drei Buchstaben in der mRNA stellt den genetischen Code für eine spezifische Aminosäure dar. Moleküle einer anderen Art von RNA, der sogenannten Transfer-Ribonukleinsäure (tRNA), "lesen" diesen genetischen Code und bringen die entsprechende Aminosäure zu dem Ribosom. Aminosäuren sind die Bausteine der Proteine; wenn sich das Ribosom an der mRNA entlang bewegt, wird eine Kette von Aminosäuren zusammengesetzt, die schließlich das Protein bilden. Ribosomen sind sehr klein - mit 25 Nanometern sind Ribosomen etwa so groß wie die kleinsten Viren. Die Erforschung ihrer Struktur ist daher alles andere als leicht. Die Forschergruppe, die ihre Form schließlich aufklären konnte, erhielt für ihre Arbeiten 2009 den Nobelpreis für Chemie. Vorangegangene Studien haben außerdem klären können, wie sich Ribosome an Aminosäuren binden, um eine Kette zu bilden, und wie tRNA die in der mRNA kodierten Informationen lesen. Allerdings sind Ribosome im Wesentlichen Maschinen mit beweglichen Teilen, bisher verfügte man aber nur über statische Bilder von ihnen, weshalb viele Aspekte ihrer Arbeitsweise ein Rätsel blieben. Für diese Studie haben sich Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Deutschland und vom Petersburger Institut für Nuklearphysik einen listigen Weg ausgedacht, um Ribosome in Aktion zu "filmen". "Der Trick ist, dass wir die Ribosomen zunächst in Lösung zum Arbeiten bringen", erklärte Holger Stark, Leiter der Forschungsgruppe "Dreidimensionale (3D-) Kryo-Elektronenmikroskopie" am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie. Proben dieser Lösung wurden zu verschiedenen Zeitpunkten extrem schnell eingefroren, um so die molekulare Maschinerie während unterschiedlicher Arbeitsschritte zu stoppen. "Das Elektronenmikroskop liefert uns mit diesen Proben eine Serie von Aufnahmen der Ribosomen während verschiedener Phasen der Proteinproduktion, bei denen sich die Ribosomen in ihrer räumlichen Struktur unterscheiden", sagte Professor Stark. Insgesamt nahmen die Forscher mehr als zwei Millionen Bilder von Ribosomen bei der Arbeit auf. Mithilfe eines Computerprogramms wurden diese dann in Gruppen sortiert; diese Gruppen entsprechen den verschiedenen Arbeitsschritten der Proteinproduktion. Im nächsten Schritt wurden die dreidimensionalen Strukturen dieser Gruppen berechnet, um schließlich so sortiert zu werden, dass ein Film entstand, der zeigt, wie die mRNA wie ein Fließband durch die Ribosome geschleust werden und wie die tRNA ihre Aminosäure-Fracht an das Ribosom abliefert, bevor sie freigesetzt werden. "Wir können den Weg der tRNA durch das Ribosom Schritt für Schritt verfolgen und beobachten, wie die Bewegungen der tRNA mit den dynamischen Veränderungen des Ribosoms gekoppelt sind," sagte Niels Fischer, der im Labor von Professor Stark arbeitet. Marina Rodnina, Leiterin der Abteilung "Physikalische Biochemie" am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie fügte hinzu: "Eine Analyse dieser Kopplungen zeigt, dass Nanomaschinen wie das Ribosom anders funktionieren als mechanisch gekoppelte Maschinen in unserem Alltag. Spontane Bewegungen des Ribosoms und der tRNA-Moleküle sind dort nur relativ schwach gekoppelt." Darüber hinaus fanden die Forscher heraus, dass Ribosomen bei einer Körpertemperatur von 37°C in unserem Körper ideale Arbeitsbedingungen vorfinden. "Das Ribosom kann thermische Energie direkt in Bewegung umsetzen", sagte Stark. "Die bei physiologischen Bedingungen verfügbare thermische Energie ist für das Ribosom völlig ausreichend, um alle Bewegungen auszuführen, die für die Proteinproduktion erforderlich sind." Die Arbeit könnte auch zur Entwicklung neuer Arzneimittel beitragen. Menschliche Ribosome unterscheiden sich von bakteriellen Ribosomen, weshalb manche Antibiotika nur die bakterielle Proteinfabrik hemmen, die Ribosomen menschlicher Zellen dagegen verschonen. Ein genaues Verständnis der Struktur und Funktion des Ribosoms ist daher unerlässlich, um zukünftig neue Antibiotika entwickeln zu können.

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Deutschland, Russland

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