Zusammenhang zwischen Huntington-Protein und Neurogenese
EU-finanzierte Forscher haben entdeckt, dass ein Protein, das bei Chorea Huntington (Huntington's disease, HD) mutiert ist, eine bislang unbekannte Rolle bei der Neurogenese spielt. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit können dazu beitragen, diese erbliche neurogenerative Erkrankung besser zu verstehen. HD geht mit schweren psychiatrischen, kognitiven und motorischen Störungen einher und lässt Nervenzellen im Gehirn absterben. Die Forschungsarbeit ist Teil des Projekts CEPODRO (Cell polarization in Drosophila), das durch einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrates mit 1,159 Millionen EUR gefördert wurde, und die Ergebnisse wurden jetzt im Fachblatt Neuron veröffentlicht. Vergangene Studien hatten eine Mutation des Proteins Huntingtin (htt) als Auslöser für Huntington dingfest gemacht. In der neuen Studie nun fanden Forscher aus Belgien, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten heraus, dass dieses Protein auch an der Neuronenbildung (Neurogenese) beteiligt ist. Neuronen sind Nervenzellen im Gehirn, die Informationen übertragen. Studienleiterin Dr. Sandrine Humbert vom Institut Curie in Frankreich erklärt, dass die meisten Studien aufgrund der neurologischen Symptomatik und des rapiden Niedergangs der Neuronen bei HD die Rolle von Huntingtin in adulten Neuronen untersuchen. "Obwohl Huntingtin jedoch nicht nur in differenzierten Neuronen, sondern auch in sich teilenden Zellen in hohen Konzentrationen vorliegt, hat sich noch keine Studie mit der möglichen Rolle von Huntingtin während der Zellteilung befasst." Beim Zellteilungsprozess, der Mitose, teilt sich eine Mutterzelle in zwei identische Tochterzellen. Der komplexe Prozess findet in genau definierten Zellteilungsschritten statt. Bei einem dieser Schritte interagieren die beiden Motorproteine Dynein und Dynactin mit einer Struktur, der sogenannten mitotischen Spindel. Da bekannt ist, dass Huntingtin die Aktivität dieser beiden Proteine befördert, sollte die neue Studie untersuchen, ob es während der Mitose anwesend ist. Die Vermutung bestätigte sich: Huntingtin ist am Ablauf der Mitose maßgeblich beteiligt und während der Zellteilung an den Spindelpolen nachweisbar. Huntingtin sorgt dafür, dass Dynein und Dynactin in der Spindel aktiv werden können. "Unsere Ergebnisse belegen eine zuvor unbekannte Funktion des Huntingtin-Proteins, die vielleicht mehr Licht auf die Mechanismen der Krankheitsentstehung bei Chorea Huntington werfen könnte", so Dr. Humbert. "In unseren Studien zeigte sich auch, dass Huntingtin auf die Ausrichtung der Spindel und die Neurogenese wesentlich Einfluss nimmt." Die Studie lieferte nicht nur neue Informationen zur Pathologie von HD, sondern könnte auch das Wissen um andere dynamische Prozesse im menschlichen Körper erweitern. "Die Ergebnisse deuten auf eine unerwartete Rolle von Huntingtin bei der Zellteilung hin, was vielleicht künftig für therapeutische Zwecke nutzbar gemacht werden könnte", heißt es in der Studie. HD manifestiert sich in unkontrollierbaren Bewegungen, Wesensveränderungen und schweren Degenerationsprozessen im Gehirn. Allerdings ist noch wenig über die genauen Mechanismen bekannt, die zur Entstehung von Chorea Huntington führen. Laut Informationen der Aufklärungsinitiative Huntington's Outreach Project for Education der Stanford University in den Vereinigten Staaten sei die Prävalenz für HD in Europa und fast allen anderen europäischen Staaten mit 100 Fällen auf eine Million Einwohner relativ hoch. Eine Ausnahme bilde allerdings Finnland, wo die Statistik nur 6 Fälle auf eine Million Einwohner verzeichnet.
Länder
Belgien, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten