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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Prähistorischer Tierurin liefert Aufschluss über Klimaveränderungen

Gletscherkerne, Sedimente in Seen und Jahresringe von Bäumen - all dies sind bewährte Methoden der Forschung zur Rekonstruktion klimabedingter Veränderungen. Forscher aus Frankreichund dem UKVereinigten Königreich entdeckten nun eine weitere aufschlussreiche, wenn auch sehr un...

Gletscherkerne, Sedimente in Seen und Jahresringe von Bäumen - all dies sind bewährte Methoden der Forschung zur Rekonstruktion klimabedingter Veränderungen. Forscher aus Frankreichund dem UKVereinigten Königreich entdeckten nun eine weitere aufschlussreiche, wenn auch sehr ungewöhnliche Informationsquelle, an denen Klimaveränderungen vor allem in trockenen Regionen gut ablesbar sind: prähistorischer Tierurin. Finanziell unterstützt wurde das Forscherteam bei seiner Arbeit durch den Europäischen Forschungsrat. Der Klippschliefer ist eine weit verbreitete Spezies in afrikanischen Ländern und dem Nahen Osten.Obwohl die Tiere eher Meerschweinchen ähneln, sind sie tatsächlich mit Elefanten verwandt. Ihre bevorzugten Lebensräume sind schroffe und steile Felsformationen, und sie haben eine für Forscher erfreuliche Angewohnheit: Klippschliefer nutzen über viele Generationen "Gemeinschaftstoiletten". Dem internationalen Forscherteam am Institut für Evolutionsforschung Montpellier(ISEM) in Frankreichund der Universität Leicester, Vereinigtes Königreich,zufolge wurden manche dieser stillen Örtchen Tausende von Jahren lang genutzt, und das Resultat der Verrichtungen befindet sich interessanterweise noch immer auf den Felsen. Der Urin kristallisierte und bildete mit der Zeit geschichtete Anhäufungen - prähistorische Misthaufen, sozusagen. Diese Haufen konservieren organisches Material über Jahrtausende hinweg. An diesen aufgehäuften Urinresten lassen sich langfristige Klimaveränderungen sehr gut nachvollziehen. "Um bisherige Veränderungen der Umwelt zu untersuchen, werden normalerweise organische Materialablagerungen aus Sümpfen und Seen analysiert, denn sie eignen sich gut für Datierungszwecke", erklärt Dr. Andrew Carr vom Geographischen Institut der Universität Leicester. "Aber in manchen ariden Regionen wie beispielsweise im Süden Afrikasist das nicht möglich. Offensichtlich konservierte der Urin der Klippschliefer organisches Material über zehntausende Jahre hinweg und ermöglicht nun einen bemerkenswerten Einblick in vergangene Umweltveränderungen im Lebensraum der Tiere." Das Team aus Leicester entdeckte, dass in den Haufen einzigartige organische Moleküle erhalten blieben, sowie Stoffwechselprodukte der Tiere und Pflanzenmoleküle, die den Darm der Tiere passiert hatten. An diesen "Biomarkern" rekonstruierten die Forscher in etwa, welche Pflanzen den Tieren zur Ernährung dienten - ein wichtiger Anhaltspunkt zur Beschaffenheit ihres damaligen Lebensraums. Dadurch wiederum lässt sich feststellen, wie sich das Klima dieses Lebensraums in den letzten 30.000 Jahren verändert hat, und wie die Zukunft in einigen Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten dort aussehen könnte. "Veränderungen der Paläoumwelt in diesem Gebiet waren bislang mangelhaft dokumentiert", so Dr. Carr. "Die Ablagerungen bieten eine einzigartige Möglichkeit, die Klimaveränderungen an Land mit denen nahegelegener Tiefsee-Aufzeichnungen zu vergleichen und daraus Rückschlüsse auf die Ursachen für klimatische Veränderungen in Afrika ziehen zu können. Dies ist eine sehr dynamische Umgebung, und offensichtlich hat sich das Klima dort nach der letzten globalen Eiszeit (vor rund 20.000 Jahren) auf komplexe Art und Weise verändert." Im nächsten Schritt sollen Dr. Carr zufolge im Rahmen einer Folgestudie unter Leitung von Dr. Brian Chase vom ISEM, der auch die jetzige Studie koordinierte, die Misthaufenanalysen mit computergestützten Zirkulationsmodellen über vergangenes Klima verglichen werden, um deren Aussagefähigkeit zu ermitteln und zu klären, "warum sich das Klima genau auf diese Weise veränderte". Solche Modelle dienen der Modellierung vergangener und zukünftiger Klimasituationen. Nachzulesen sind die Ergebnisse der zum Teil durch den Leverhulme Trust finanzierten Studie in den Fachzeitschriften Geology, Quaternary Research und Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology.

Länder

Frankreich, Vereinigtes Königreich