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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Wissenschaftler rekonstruieren Evolutionsgeschichte von Pestpandemien

Jahrhundertelang haben Pestpandemien Verwüstung über die ganze Welt gebracht; als der schwarze Tod Ende der 1340er Jahre Europa traf, fiel dieser Pandemie fast ein Drittel der Bevölkerung zum Opfer. Jetzt hat eine neue multinationale Studie die globale Evolutionsgeschichte der...

Jahrhundertelang haben Pestpandemien Verwüstung über die ganze Welt gebracht; als der schwarze Tod Ende der 1340er Jahre Europa traf, fiel dieser Pandemie fast ein Drittel der Bevölkerung zum Opfer. Jetzt hat eine neue multinationale Studie die globale Evolutionsgeschichte der tödlichen Krankheit rekonstruiert. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Genetics veröffentlicht und könnten dazu beitragen, potenzielle Ausbrüche zukünftig besser im Vorfeld zu erkennen und sich darauf vorzubereiten. Mit Hilfe eines historischen und phylogenetischen Vergleichs von 17 Yersinia pestis (Pestbakterium)-Isolaten aus internationalen Quellen rekonstruierte das Team aus Wissenschaftlern sowie Forschern aus Industrie und Regierung aus Europa, China und den Vereinigten Staaten den zerstörerischen globalen Effekt des Bakteriums. Nach Aussage des Teams entstand die Pest vor über 2.000 Jahren in der Nähe von China und brach in mehreren Pandemien auf der ganzen Welt aus. Eine Beziehung zwischen Volksgruppen und Seuchen gibt es nach Ansicht der Teams schon seit Jahren, und diese Krankheiten haben auch schon immer eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Zivilisationen gespielt. Einige Wissenschaftler sind davon überzeugt, die Pest hätte das Byzantinische Reich (auch als Oströmisches Reich bekannt) im 6. Jahrhundert zerstört. Die Justinianische Pest hat das Reich damals sowohl politisch als auch wirtschaftlich untergraben und somit die Voraussetzungen für den Untergang geschaffen. Jedem, der glaubt, die Pest gäbe es nur noch in Geschichtsbüchern, sei gesagt, dass diese Krankheit erst vor wenigen Jahren in einigen Teilen Afrikas wieder aufgetreten ist. In dieser neusten Studie unter der Leitung von Professor Mark Achtman vom University College Cork, Irland, konnte das Forschungsteam anhand von Mutationen in deren Genomen länderspezifische Entwicklungslinien der Pest (Bevölkerungsgruppen) identifizieren. "Was ich an diesen Ergebnissen so fantastisch finde ist, dass wir die genetische Information so exakt mit großen historischen Ereignissen in Verbindung bringen konnten", erklärt Professor Achtman. Diese einzigartigen Mutationen können dazu beitragen, dass die Forscher zukünftige, Seuchen auslösende Krankheiten besser verstehen können. Mit Hilfe der DNS (Desoxyribonukleinsäure)-Fingerabdruckmethode können natürliche und von Menschen induzierte Pestausbrüche voneinander unterschieden werden. Dies ist so wichtig, weil die Pest in der Vergangenheit auch als biologische Waffe verwendet wurde. Aufgrund der heiklen Natur der Krankheit, arbeiteten die Forscher mit 17 kompletten Pestgenomsequenzen an 933 unterschiedlichen Orten an der DNS der weltgrößten Sammlung von Pestisolaten. Mit Hilfe der daraus gewonnenen Informationen konnte das Team nun den Verlauf der historischen Pandemien auf der ganzen Welt rekonstruieren und auch die Epoche der unterschiedlichen Schübe dieser tödlichen Krankheit bestimmen. Nach Aussage der Experten können die Forscher nun die meisten dieser Ereignisse mit bekannten historischen Aufzeichnungen verbinden. "Die Sequenzierung zusätzlicher Pestbakterien war entscheidend für die Identifizierung feiner doch wichtiger Unterschiede in diesem aus evolutionärer Sicht jungen menschlichen Pathogen", erläutert Dr. Mark Eppinger vom Institute for Genome Sciences (IGS) der University of Maryland School of Medicine in den Vereinigten Staaten, einer der Hauptautoren der Abhandlung. Dr. Paul Keim von der Northern Arizona University und dem Translational Genomics Research Institute in den Vereinigten Staaten seinerseits sagt: "In Zukunft können Epidemiologen von dieser Rekonstruktion des letzten Jahrtausends einer zerstörerischen Krankheit lernen, um zukünftige Ausbrüche von Infektionskrankheiten zu verhindern oder zu kontrollieren." Professor Achtman schließt mit den Worten: "Was an diesen Ergebnissen so faszinierend ist, ist die Tatsache, dass wir mit Hilfe heutiger Genominformationen Pestpandemien der Vergangenheit so exakt mit großen Ereignissen in der menschlichen Geschichte verbinden konnten." Zu der Studie haben auch Experten aus Frankreich, Deutschland, Madagaskar und dem Vereinigten Königreich beigetragen.

Länder

China, Deutschland, Frankreich, Irland, Madagaskar, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten

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