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Forscher entschlüsseln Strukturvarianten im menschlichen Erbgut

Ein internationales Forscherteam entschlüsselte die genetischen Sequenzen von 28.000 Strukturvarianten (SV). Das Ergebnis der bahnbrechenden, im Fachblatt Nature veröffentlichten Forschungsarbeit ist die bislang genaueste Karte zu Strukturvarianten im menschlichen Genom, d.h. ...

Ein internationales Forscherteam entschlüsselte die genetischen Sequenzen von 28.000 Strukturvarianten (SV). Das Ergebnis der bahnbrechenden, im Fachblatt Nature veröffentlichten Forschungsarbeit ist die bislang genaueste Karte zu Strukturvarianten im menschlichen Genom, d.h. DNA-Regionen, die von Mensch zu Mensch verschieden sind. Die Karte soll u.a. Aufschluss liefern über krankheitsauslösende Mutationen und darüber, warum bestimmte Abschnitte im menschlichen Genom anfälliger für Mutationen sind als andere. So hilft das Wissen über die genaue Sequenz der SV den Genforschern, genau diese verhängnisvollen Mutationen im Erbgut aufzuspüren. Die Forscher werteten Daten von 185 Humangenomen aus, die im Rahmen des 1000-Genom-Projekts sequenziert worden waren, einem groß angelegten, 2008 gestarteten internationalen Forschungsvorhaben, das die bislang detaillierteste Karte über Variationen im menschlichen Erbgut erstellt. Sie fanden mehr als 1.000 SV bzw. Genkopiezahlvarianten (copy-number variants), so der Fachterminus, die die Sequenz eines oder mehrerer Gene unterbrechen. "Kenntnisse über die genauen genetischen Sequenzen der SV und deren Lage im Genom erleichtern die Suche nach den genetischen Ursachen für noch ungeklärte Krankheiten", erklärt Dr. Jan Korbel, Forscher am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg, Deutschland, und einer der Studienautoren. "Damit werden wir eines Tages besser verstehen, warum manche Menschen bis ins hohe Alter gesund bleiben, andere wiederum schon in jungen Jahren bestimmte Krankheiten entwickeln." Wie die Forscher erläutern, treten Deletionen und Insertionen überall im Genom auf und sind durch verschiedene molekulare Prozesse gekennzeichnet. Deletionen sind Genmutationen, bei denen genetisches Material verloren geht, bei Insertionen werden zusätzliche Nukleotide in die DNA eingebaut. Gehäuft treten Deletionen vor allem in genetischen Regionen auf, in denen das DNA-Molekül aufbricht und wieder neu zusammengesetzt werden muss, wobei "Teile der DNA verloren gehen". "Wir entdeckten 51 Hotspots, an denen bestimmte SV wie etwa große Deletionen besonders häufig auftreten", so Dr. Korbel, und er fügt hinzu, dass "sechs dieser Hotspots in Regionen zu finden sind, die mit genetischen Erkrankungen wie dem Miller-Dieker-Syndrom assoziiert werden, einer erblich bedingten Hirnerkrankung, die schon im Säuglingsalter zum Tod führen kann." Vorangegangene Studien hatten SV mit einer Reihe von Gendefekten in Verbindung gebracht, darunter verschiedene Krebserkrankungen, aber auch Farbenblindheit. Die Erfassung solcher SV war bislang allerdings schwierig, weil sie nicht nur außerordentlich lang sind, sondern in ihrer DNA-Sequenz auch sehr komplex. Im Rahmen der jüngsten Studie entwickelten die Forscher innovative bioinformatische Ansätze, mit denen sich diese spezifischen Variationen im Genom einfacher lokalisieren lassen und die der künftigen Ursachenforschung enorm Auftrieb geben werden. "Ein jeder Mensch besitzt eine Vielzahl von Strukturvarianten im Genom, die immer eindeutiger bestimmten Erkrankungen und medizinischen Aspekten zugeordnet werden können", erklärt Professor Charles Lee, Studienleiter und Zytogenetiker an der Harvard Medical School und am Brigham and Women's Hospital, Vereinigte Staaten. "Möglich wird diese wichtige und umfassende Charakterisierung genetischer Variationen aber erst mit der Entwicklung neuartiger, ultraschneller Technologien zur DNA-Sequenzierung." Maßgeblich an der Studie beteiligt waren Forscher aus China, Dänemark, Deutschland, Kanada, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten. Die Ergebnisse der Studie sollen der wissenschaftlichen Fachwelt und der Öffentlichkeit im Rahmen des 1000-Genom-Projekts präsentiert werden. Von den genetischen Informationen, die das 1000-Genom-Projekt entschlüsselt, werden alle Forschungsbereiche profitieren, allen voran jedoch Genforschung, Medizin, Bioinformatik und Pharmakologie. Nach Abschluss des Projekts 2012 sollen 2.500 Humangenome vollständig sequenziert vorliegen.Weitere Informationen unter: EMBL Heidelberg: http://www.embl.de/ Projekt "1000 Genomes": http://www.1000genomes.org/ Nature: http://www.snakdd.com/

Länder

Kanada, Schweiz, Deutschland, Dänemark, Niederlande, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten

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