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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Internationaler Frauentag fordert Umdenken hinsichtlich Herzkrankheiten

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) stellte anlässlich des Internationalen Frauentags (8. März) eine Forschungsarbeit vor, der zufolge Frauen zwar ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) hätten als Männer, in klinischen Studien dazu aber deutlic...

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) stellte anlässlich des Internationalen Frauentags (8. März) eine Forschungsarbeit vor, der zufolge Frauen zwar ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) hätten als Männer, in klinischen Studien dazu aber deutlich unterrepräsentiert sind. In den beiden Studien, die in einem Sonderbericht des European Heart Journal (EHJ), dem Sprachrohr der ESC, veröffentlicht wurden, kamen Forscher aus Kanada, Italien und Schweden zum Schluss, dass die in den offiziellen Leitlinien empfohlenen Therapien weniger konsequent bei Frauen angewandt werden. Obwohl Herz-Kreislauf-Erkrankungen weitestgehend als Männerkrankheit gelten, sind sie Todesursache bei 55% der Frauen in Europa, im Vergleich zu nur 43% bei Männern. Europäische Frauen sterben daran häufiger als an Brustkrebs, der nur für 3% aller weiblichen Todesfälle verantwortlich ist. In den letzten zwanzig Jahren verzeichnet die weibliche Altersgruppe zwischen 35 und 45 Jahren eine Zunahme von Myokardinfarkten (MI), während diese bei Männern gleichen Alters abnahmen. Diese Fehleinschätzung zu korrigieren ist eines der wichtigsten Ziele, dem sich die ESC aus Anlass des Internationalen Frauentags verschrieben hat. Die erste, von einem kanadisch-italienischen Forscherteam durchgeführte Studie analysierte die Befunde von 4.471 Männern und 2.087 Frauen, die zwischen 1999 und 2003 einen Herzinfarkt (akutes Koronarsyndrom) erlitten hatten. Nach der Entlassung erhielten 79,4% der Männer, aber nur 75,6% der Frauen Betablocker, und 65,44% der Männer wurden Lipidsenker verschrieben im Gegensatz zu nur 56,37% der Frauen. Ferner erhielten 55,52% der Frauen und 59,99% der Männer ACE-Hemmer (ACE: Angiotensin-konvertierendes Enzym), zudem wird bei Frauen seltener eine Katheteruntersuchung durchgeführt als bei Männern. Die Forscher fanden mehrere Ursachen für die Unterschiede in der Behandlung, z.B. das Alter des Patienten - bei Frauen tritt ein Herzinfarkt meist erst im höheren Alter auf, und bei älteren Menschen entscheiden sich die Ärzte häufiger gegen eine aggressive Therapie. Ein weiterer Faktor ist, dass es bei Frauen nach einem Herzinfarkt häufiger zu einer Herzinsuffizienz kommt, die Ärzte häufig von der Verordnung von Betablockern abhält. "Seit Jahren ist bekannt, dass Frauen weniger konsequent behandelt werden als Männer, die Studie fordert nun ein Umdenken und liefert fundierte Argumente", erklärt Studienautor Raffaele Bugiardini von der Universität Bologna, Italien. In der zweiten, von Forschern in Schweden durchgeführten Studie, wurde die Verordnung von Herz-Kreislauf-Medikamenten und diagnostischer Koronarangiographie bei 7.195 Männern und 5.005 Frauen analysiert, bei denen nach Schmerzen in der Brust der Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit (KHK) nahe gelegt wurde. Den Daten zufolge erhielten 83% aller Frauen vor einer Angiographie eine Aspirintherapie, im Gegensatz zu 86,1% bei den Männern. Die Studie kommt aber auch zu dem Schluss, dass in der jüngsten Patientengruppe - Menschen unter 59 Jahren - bei 78,8% der Frauen im Rahmen einer Angiographie eine nicht-signifikante KHK diagnostiziert wurde, bei Männern waren es nur 42,3%. Von koronaren Dreigefäßerkrankungen und Erkrankungen des linken Hauptstamms sind häufiger Männer betroffen. Die Ergebnisse zeigen recht gut die Schwierigkeiten, mit denen die Mediziner bei der Diagnose konfrontiert sind. "Das Problem, das sich uns klar darstellt, besteht darin, dass bei Frauen, die mit atypischen Symptomen in die Notaufnahme kommen, nicht automatisch von einem Herzinfarkt ausgegangen wird", erklärt Marco Stramba-Badiale von der ESC. "Besonders wichtig ist hier, dass die Daten von Frauen getrennt analysiert werden, da die pharmakodynamischen, pharmakokinetischen und physiologischen Eigenschaften von Frauen und Männern stark voneinander abweichen, sodass Frauen völlig anders auf Medikamente ansprechen können als Männer." Um die weibliche Physiologie im Zusammenhang mit Herzkrankheiten besser zu verstehen, fordert der ESC seit Längerem, den Frauenanteil in klinischen Studien zu erhöhen, und ruft aus Anlass des Internationalen Frauentags die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) auf, bei der Lizenzierung pharmazeutischer Produkte auf eine angemessene Repräsentation von Frauen zu achten. Und Dr. Stramba-Badiale fügt hinzu: "Das Problem ist, dass zwar mehr Frauen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben als Männer, dies jedoch weder in der Fachwelt noch in der Öffentlichkeit entsprechend zur Kenntnis genommen wird."Für weitere Informationen: Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC): http://www.escardio.org/Pages/index.aspx European Heart Journal http://eurheartj.oxfordjournals.org/

Länder

Kanada, Italien, Schweden

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