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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Rauchen erklärt bis zu 60% der Geschlechterkluft in der Lebenserwartung in Europa

Rauchen ist für 40% bis 60% des Unterschiedes in der Lebenserwartung von Männern und Frauen in Europa verantwortlich, so neuste Forschungen. Bis zu 20% dieser Geschlechterkluft ist auf Alkohol zurückzuführen. Diese in der Fachzeitschrift Tobacco Control veröffentlichten Erkenn...

Rauchen ist für 40% bis 60% des Unterschiedes in der Lebenserwartung von Männern und Frauen in Europa verantwortlich, so neuste Forschungen. Bis zu 20% dieser Geschlechterkluft ist auf Alkohol zurückzuführen. Diese in der Fachzeitschrift Tobacco Control veröffentlichten Erkenntnisse untermauern erneut, wie wichtig strikte Maßnahmen des Gesundheitswesens sind, die diese schädlichen Angewohnheiten angehen. Bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts leben Frauen in Europa länger als Männer und seit den späten 1990er Jahren ist belegt, dass Frauen in allen Ländern der Welt eine höhere Lebenserwartung haben als ihre männlichen Landsleute. Die Gründe für diese Kluft waren lange umstritten; manche führen den Unterschied auf die Biologie zurück, andere auf die (relativ gesehene) Unlust der Männer, medizinische Hilfe zu suchen, wenn sie sie eigentlich bräuchten. Ein Bereich, der bisher weitgehend vernachlässigt wurde, ist der Einfluss des Gesundheitsverhaltens auf die unterschiedliche Lebenserwartung der Geschlechter. In dieser Studie untersuchten Wissenschaftler im Vereinigten Königreich Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Sterblichkeitsrate in 30 europäischen Ländern seit dem Jahr 2005 (bzw. dem nächstliegenden Jahr, für das Daten vorlagen). Sie untersuchten die Unterschiede zwischen den Geschlechtern nach allen Todesarten, durch Rauchen verursachte Todesarten (z.B. Krebs der Atemwege, koronare Herzerkrankung, Schlaganfall und chronisch obstruktive Lungenerkrankung oder COPD) und alkoholbedingte Tode (u.a. Kehlkopf- und Speiseröhrenkrebs, chronische Lebererkrankung und Alkoholpsychose). Die Ergebnisse zeigten, dass Männer zwar bei allen Todesarten und in allen Ländern früher sterben als Frauen, die Lücke zwischen den Geschlechtern jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. So sterben in Island (pro 100.000 Einwohner im Jahr) nur 188 mehr Männer als Frauen, in der Ukraine hingegen 942. Allgemein betrachtet ist die Geschlechterkluft in Osteuropa größer; alle Länder mit einer Geschlechterkluft von über 400 pro 100.000 liegen in dieser Region. Die kleinsten geschlechterspezifischen Unterschiede wurden auf Zypern, in Griechenland, Island, Schweden und dem Vereinigten Königreich entdeckt, die alle eine Kluft von unter 230 pro 100.000 aufwiesen. Rauchen ist für zwischen 38% und 60% der Geschlechterkluft in allen Ländern verantwortlich, mit Ausnahme von Malta, wo 74% der überschüssigen Todesfälle auf das Rauchen zurückgeführt werden konnten. Nach Aussage der Forscher kann die unterschiedlich große Kluft in der Lebenserwartung aufgrund des Rauchens auf das unterschiedliche Rauchverhalten der Geschlechter in den verschiedenen Ländern in früheren Jahrzehnten zurückgeführt werden. Alkoholbedingte Todesfälle sind für zwischen 20% und 30% der Geschlechterkluft in Osteuropa und zwischen 10% und 20% in den übrigen Ländern verantwortlich. In allen untersuchten 30 Ländern jedoch war der Beitrag des Rauchens zur Geschlechterkluft hinsichtlich aller Todesarten größer als der des Alkohols. Die Wissenschaftler betonen, wie wenig überraschend es sei, dass Rauchen und Trinken einen so wesentlichen Einfluss auf die unterschiedliche Lebenserwartung haben, da diese Angewohnheiten "seit Langem ein starkes Instrument der Darstellung der geschlechtsspezifischen Identitäten ist". Darüber hinaus merken die Forscher an, dass "sich kulturelle Darstellungen des Trinkens vermutlich verschieben, um den geschlechtsspezifischen Unterschied des Trinkverhaltens zu erhalten. Wenn Männer und Frauen also beide ihr Trinkverhalten verändern, werden erhebliche Anstrengungen darauf verwendet, das männliche Trinkverhalten anders zu gestalten als das weibliche." Die Tatsache, dass junge Menschen weiterhin mit dem Rauchen anfangen und in gesundheitsschädlichem Maße Alkohol zu sich nehmen ist ein sicheres Zeichen dafür, dass die jeweiligen Gesundheitswesen dringend Maßnahmen ergreifen müssen, die diese Angewohnheiten angehen. Die Tatsache, dass diese Angewohnheiten etwas mit der Geschlechtsidentität zu tun zu haben scheinen, zeigt, dass es nicht einfach sein wird, diese einzudämmen. "Diese Gewohnheiten sind kulturell bedingt und diese kulturellen Verhaltensweisen werden teilweise von der Alkohol- und Tabakindustrie gefördert, die auch Nutznießer des Phänomens ist", warnen die Forscher. In Hinblick auf die Zukunft prophezeit das Forscherteam, dass die durch das Rauchen verursachte Geschlechterkluft in den nächsten Jahrzehnten schrumpfen wird. Sie schlussfolgern: "Es kann noch einige Jahrzehnte dauern, bis sich tiefgreifende Änderungen der Geschlechterunterschiede beim Rauchen in einigen dieser Länder in einem kleineren Anteil der durch das Rauchen verursachten Tode an einer verringerten Kluft in der Lebenserwartung äußern werden."Weitere Informationen unter: Tobacco Control: http://tobaccocontrol.bmj.com/ Weltgesundheitsorganisation: http://www.who.int/en/

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Vereinigtes Königreich

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