CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Article Category

Nachrichten
Inhalt archiviert am 2023-03-09

Article available in the following languages:

Lokale Faktoren beeinflussen Klimawandel in der Antarktis

Wissenschaftler in Deutschland stellen die traditionelle Annahme, dass Temperaturschwankungen in der Antarktis vor allem vom Klimawandel in der nördlichen Hemisphäre ausgelöst werden, auf den Prüfstand. Ihnen zufolge können wesentliche Teile der Temperaturschwankungen auf dem ...

Wissenschaftler in Deutschland stellen die traditionelle Annahme, dass Temperaturschwankungen in der Antarktis vor allem vom Klimawandel in der nördlichen Hemisphäre ausgelöst werden, auf den Prüfstand. Ihnen zufolge können wesentliche Teile der Temperaturschwankungen auf dem Kontinent ebenso gut durch lokale Klimaänderungen auf der Südhalbkugel erklärt werden. Die Klimaforscher präsentierten die Ergebnisse ihrer Temperaturrekonstruktionen aus Eisbohrkernen in der Fachzeitschrift Nature. Variationen der Erdbahn und der Erdneigung haben in den letzten Millionen Jahren entscheidend zu Klimaänderungen beigetragen. Der serbische Mathematiker Milutin Milankovitch berechnete Anfang des 20. Jahrhunderts deren Einfluss auf die saisonale Verteilung der Sonneneinstrahlung. Er behauptete, dass Einstrahlungsänderungen auf der Nordhalbkugel eine herausragende Bedeutung für Klimaänderungen über lange Zeiträume hatten, weil gerade Landoberflächen empfindlich auf eine veränderte Sonneneinstrahlung reagieren, die Landmassen auf der Erde jedoch ungleich verteilt sind. Damit lieferte er die seitdem vorherrschende Arbeitshypothese in der Klimaforschung, die durch zahlreiche Klimarekonstruktionen aus Eisbohrkernen, Meeressedimenten und anderen Klimaarchiven gestützt wurde. Doch nach einer erneuten Analyse der Temperaturrekonstruktionen aus Eisbohrkernen haben drei Klimaforscher vom deutschen Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI), einem Forschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft, diese Theorie in Frage gestellt. Die Wissenschaftler Thomas Laepple, Gerrit Lohmann und Martin Werner berücksichtigten erstmals, dass in dem aufgezeichneten Signal in antarktischen Eiskernen die Wintertemperatur einen stärkeren Einfluss als die Sommertemperatur hat. Durch die Einbeziehung dieses Effekts in die Modellrechnungen lassen sich die aus Eiskernen rekonstruierten Temperaturschwankungen auch durch lokale Veränderungen des Klimas auf der Südhalbkugel erklären. Professor Lohmann erläutert, dass die aus Eisbohrkernen gewonnenen Beweise auch von Informationen aus anderen Quellen bestätigt werden könnten. "Wir konnten außerdem zeigen, dass nicht nur Daten aus Eiskernen, sondern auch Daten aus Meeressedimenten ähnliche Verschiebungen zu bestimmten Jahreszeiten aufweisen", betont er. Diese Erkenntnisse machen deutlich, dass "in der weiteren Interpretation von Paläoklimadaten noch eine Menge Diskussionsstoff" steckt. Dr. Laepple: "Unsere Ergebnisse sind auch deshalb so interessant, weil sie uns vielleicht aus einer wissenschaftlichen Sackgasse führen." Tatsächlich haben bis heute viele Forscher versucht, erdgeschichtliche Klimadaten aus der Antarktis auf der Grundlage der klassischen Hypothese von Milankovitch zu erklären. "Diese Hypothese lässt sich bisher aber nicht in allen Aspekten plausibel begründen", merken die Wissenschaftler an. Dr. Laepple ist von der Wirkung ihrer Studie überzeugt: "Nun ist das Spiel wieder offen, und wir können versuchen, die langfristigen physikalischen Mechanismen, die den Wechsel von Eis- und Warmzeiten bestimmen, besser zu verstehen." Alle drei Wissenschaftler betonten, dass ihre Ergebnisse nicht in Frage stellen, dass der aktuell zu beobachtende Klimawandel größtenteils vom Menschen verursacht ist. Sie erklären, dass die zyklischen Veränderungen, wie sie in ihrem Artikel in Nature untersucht wurden, in einem Takt von Zehntausenden oder Hunderttausenden von Jahren schwingen. Der drastische Ausstoß anthropogener Klimagase innerhalb von wenigen hundert Jahren addiere sich zu dem natürlichen Anstieg der Treibhausgase nach der letzten Eiszeit und sei einmalig für die letzten Millionen Jahre.Weitere Informationen unter: Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI): http://www.awi.de Nature: http://www.nature.com/

Länder

Deutschland

Verwandte Artikel