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Wissenschaftler finden artgerechte Lösung zur Vermeidung von Vogelschlag

Haben Sie sich schon einmal wegen eines plötzlichen dumpfen Geräuschs am Fenster erschrocken, und Sie konnten gerade noch einen leicht benommenen Vogel wegfliegen sehen? Eine in der internationalen Zeitschrift für Ornithologie "Ibis" veröffentlichte Studie wirft neues Licht au...

Haben Sie sich schon einmal wegen eines plötzlichen dumpfen Geräuschs am Fenster erschrocken, und Sie konnten gerade noch einen leicht benommenen Vogel wegfliegen sehen? Eine in der internationalen Zeitschrift für Ornithologie "Ibis" veröffentlichte Studie wirft neues Licht auf die Frage, warum einige Vogelarten häufig mit von Menschenhand geschaffenen großen Objekten zusammenstoßen, denen sie - aus Sicht des Menschen - in vielen Fällen einfach hätten ausweichen können. Nach Ansicht der Forscher könnten ihre Ergebnisse einen wichtigen Beitrag zum Schutz bestimmter Spezies leisten, deren Überleben aufgrund ihrer Unfähigkeit, Kollisionen zu vermeiden, bedroht ist. "Aus menschlicher Sicht scheint es äußerst merkwürdig, dass Vögel häufig mit großen Objekten zusammenstoßen, als ob sie diese nicht wahrnähmen", kommentierte Prof. Graham Martin von der Universität Birmingham im Vereinigten Königreich. Er sagte, es sei allgemeine Auffassung, dass Vögel ihren Flug in erster Linie durch das Sehen steuern - eine Auffassung, die in der Redewendung "a bird is a wing guided by an eye" (Ein Vogel ist ein von einem Auge gelenkter Flügel) zum Ausdruck komme. Er wies allerdings daruf hin, dass "Vögel in einer anderen visuellen Welt leben als Menschen". Um zu einem besseren Verständnis darüber zu gelangen, wie Vögel die Welt optisch wahrnehmen, befasste sich Prof. Martin mit sensorischer Ökologie, einem Forschungsbereich zur Untersuchung des Einflusses sensorischer Informationen auf das Verhalten von Tieren und ihre Interaktion mit der Umwelt. "Bislang berücksichtigten die meisten Vorschläge zur Vermeidung von Vogelschlag nur eine menschliche Betrachtungsweise des Problems", so Prof. Martin. "Einfach ausgedrückt ging es bisher darum, eine Lösung für das Problem des Vogelschlags zu finden, die darauf beruhte, eine bestehende Gefährdung stärker in das Blickfeld des menschlichen Beobachters zu rücken, als deren Wahrnehmbarkeit für Vögel zu erhöhen." Seine Untersuchungen ergaben, dass zwischen den visuellen Fähigkeiten eines Vogels, der Interpretation sensorischer Informationen und seinem Verhalten im freien Flug ein komplexes System von Wechselbeziehungen existiert. "Um im Flug nach unten zu sehen, können Vögel ihren Kopf so bewegen, dass sie entweder mit dem binokularen Feld oder den Randbereichen des Sehfeldes wahrnehmen", erläutert Prof. Martin. "Bei einigen Arten führt dieses Verhalten zu einer vorübergehenden Blindheit in Flugrichtung". Prof. Martin fand auch heraus, dass das Sehen bei Vögeln eher auf das Erfassen von Bewegung als auf die räumliche Wahrnehmung ausgerichtet ist. Bei der Beutejagd ist es für einen Vogel wichtiger, Bewegungen zu erfassen als nur geradeaus in den freien Luftraum zu schauen. Darüberhinaus verfügen Vögel nur über einen begrenzten Bereich an Fluggeschwindigkeiten; viele Vogelarten sind einfach nicht in der Lage, langsam zu fliegen, sodass es schwierig für sie ist, die Geschwindigkeit der Informationsaufnahme an eingeschränkte Sichtverhältnisse - bei Regen, Nebel oder geringem Licht - anzupassen. Vogelschützer nehmen das Problem des Vogelschlags sehr ernst. Studien zufolge sind Kollisionen mit von Menschen geschaffenen Objekten - von Glasfronten von Bürogebäuden über Stromleitungen bis zu Windrädern - die häufigste, vom Menschen nicht beabsichtigte Todesursache von Vögeln weltweit. Kollisionen mit großen und aufragenden Hindernissen können sogar das Überleben gefährdeter Arten bedrohen. Nach Schätzungen von Wissenschaftlern starben in Europa über einen Zeitraum von 16 Jahren jedes Jahr fast 25 % der Jungvögel und 6 % der erwachsenen Exemplare des Weißstorchs (Ciconia ciconia) durch Kollisionen mit Stromleitungen und Stromschlag. "Ausgerüstet mit diesem Wissen über die Wahrnehmung von Vögeln, können wir besser nach Lösungen für das Problem des Vogelschlags suchen", bekräftigte Prof. Martin. Er stimmte der Auffassung zu, dass "Lösungen zwar artenspezifisch gefunden werden müssen, dass es bei hoher Kollisionshäufigkeit jedoch effektiver sein kann, Vögel zu einer Änderung ihrer Flugroute zu bringen, als zu versuchen, ein Hindernis besser wahrnehmbar zu machen". Er kam zu der Schlussfolgerung, dass, während "die menschliche Sichtweise nur einen Weg darstellt, die Welt wahrzunehmen und zu interpretieren, ¿ der Unterschied zwischen der menschlichen Wahrnehmung und der der Vögel dergestalt ist, dass die menschliche Betrachtung des Problems des Vogelschlags ziemlich irreführend ist."Weitere Informationen hierzu finden Sie unter: Ibis - internationale Zeitschrift für Ornithologie: http://onlinelibrary.wiley.com/journal/10.1111/(ISSN)1474-919X Universität Birmingham, Zentrum für Ornithologie http://www.ornithology.bham.ac.uk/index.shtml

Länder

Vereinigtes Königreich

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