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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Antidepressive Medikamente: neue Forschungsergebnisse verbessern Behandlung von Depressionen

EU-finanzierte Forscher vom Institut für Psychiatrie am King's College London, Vereinigtes Königreich, beschreiben erstmals am Menschen, wie antidepressive Medikamente die Bildung neuer Gehirnzellen stimulieren, um auf dieser Grundlage bessere und wirksamere Wirkstoffe zur Beh...

EU-finanzierte Forscher vom Institut für Psychiatrie am King's College London, Vereinigtes Königreich, beschreiben erstmals am Menschen, wie antidepressive Medikamente die Bildung neuer Gehirnzellen stimulieren, um auf dieser Grundlage bessere und wirksamere Wirkstoffe zur Behandlung depressiver Störungen zu entwickeln. Die Studie ist Teil des Projekts MOODINFLAME, das unter dem Themenbereich "Gesundheit" des Siebten Rahmenprogramms (RP7) finanziert wurde. Dass Antidepressiva neue Gehirnzellen erzeugen, war zwar schon aus früheren Studien bekannt, wie dies genau passiert, war bis jetzt allerdings unklar. Wie aus der im Fachblatt Molecular Psychiatry veröffentlichten Studie hervorgeht, regulieren Antidepressiva ein Schlüsselprotein zur Stressregulierung - den so genannten Glucocorticoid-Rezeptor (GR). Alle antidepressiven Medikamente seien, wie die Studie auch zeigte, bei der Erzeugung neuer Zellen vom GR abhängig, da dieser Gene aktiviere, die für die Umwandlung von Stammzellen in adulte Gehirnzellen zuständig sind. Studienleiter Christoph Anacker erklärt hierzu: "Erstmals demonstrierten wir an einem klinisch relevanten Modell, dass antidepressive Wirkstoffe mehr Stammzellen produzieren und auch deren Entwicklung zu adulten Gehirnzellen beschleunigen. Zudem konnten wir zum ersten Mal zeigen, dass die bei depressiven Patienten typischerweise sehr hohen Konzentrationen von Stresshormonen genau die gegenteilige Wirkung haben. Durch Antidepressiva wird die Bildung neuer Zellen im adulten menschlichen Gehirn stimuliert, sodass die schädigenden Einflüsse durch Stresshormone und auch krankhafte Prozesse im Gehirn reduziert werden, die bei depressiven Menschen als Ursache für Stimmungstiefs und gestörte Gedächtnisfunktion gelten." Die Studie ist das jüngste Ergebnis einer Reihe von Projekten, die sich am Labor für Stressforschung, Psychiatrie und Immunologie (SPI-lab) des King's College London mit der Rolle des Glucocorticoid-Rezeptors bei depressiven Störungen befassen. Für die Studie untersuchte das Team unter Laborbedingungen an humanen Stammzellen aus dem Hippocampus (dem Entstehungsort neuer Zellen im menschlichen Gehirn), wie Antidepressiva auf Gehirnzellen wirken. Der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge sind weltweit ungefähr 121 Millionen Menschen von Depressionen betroffen. Aber obwohl Depressionen zu den häufigsten Behinderungen zählen, haben nicht einmal 25% aller Betroffenen Zugang zu wirksamen Behandlungsmethoden. Jüngste Studien hatten gezeigt, dass bei depressiven Patienten der Prozess der so genannten Neurogenese verlangsamt ist, d.h. es werden weniger neue Gehirnzellen produziert, was wiederum zu den typischen Störungen und Symptomen wie tiefer Niedergeschlagenheit und Gedächtnisstörungen führen kann. Da bei ungefähr der Hälfte aller Patienten derzeitige Behandlungen wenig Wirkung zeigen, wird intensiv nach neuen, effektiveren Antidepressiva gesucht. Dies ist noch immer eine große Herausforderung, obwohl man mit der Enthüllung der verantwortlichen Mechanismen inzwischen auf dem richtigen Weg ist. MOODINFLAME ist ein groß angelegtes medizinisches Forschungsprojekt, für das 18 Partner aus Belgien, Bulgarien, Deutschland, Irland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich, Schweden und dem Vereinigten Königreich in einem Konsortium zusammenarbeiten. Hauptziele des Projekts waren die Entwicklung von Bluttests und Gehirn-Scans, um schwache chronische Entzündungsprozesse in depressiven Patienten und anderen Personen zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko für affektive Störungen (z.B. Kinder) tragen, und diese mit entzündungshemmenden Medikamenten zu behandeln. Das Projekt wird auch Tiermodelle für affektive Störungen generieren (insbesondere Mäuse und Ratten), in denen künstlich eine schwache Entzündungsreaktion im Gehirn induziert wird, und die Forscher werden einen krankhaften Mechanismus im Gehirn eingehender untersuchen, bevor hierfür verschiedene therapeutische Strategien entwickelt werden. Und Christoph Anacker erläutert weiter: "Indem wir den Glucocorticoid-Rezeptor als Schlüsselfaktor bei der Entstehung neuer Gehirnzellen identifizieren konnten, können wir dieses neue Stammzellmodell nun auf Laboruntersuchungen psychiatrischer Erkrankungen anwenden, neue Substanzen testen und sehr viel effektiver und gezielter antidepressive Medikamente entwickeln. Allerdings muss zuvor noch geklärt werden, wie sich eine künstlich verstärkte Neurogenese im Einzelnen auf das menschliche Verhalten auswirkt."Weitere Informationen unter: King's College London: http://www.kcl.ac.uk/index.aspx MOODINFLAME: http://moodinflame.eu/

Länder

Vereinigtes Königreich

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