Erosion drängt arktische Küste zurück
Eine neue internationale Studie zeigt, wie die Küstenlinie in arktischen Dauerfrostgebieten auf den Klimawandel reagiert und stärker erodiert: Pro Jahr zieht sie sich um einen halben Meter zurück, was sich sowohl auf die Ökosysteme in der Region als auch auf die dortige Bevölkerung auswirkt. Vorgestellt werden die Studienergebnisse in der Fachzeitschrift Estuaries and Coasts und in dem Bericht "State of the Arctic Coast 2010". Initiiert und koordiniert wurde die Studie vom Internationalen Arktischen Wissenschaftsrat (IASC), dem internationalen Verbundprojekt "Land-Ocean Interactions in the Coastal Zone" (LOICZ), der Internationalen Permafrost-Gesellschaft (IPA), sowie der Arbeitsgruppe "Arctic Monitoring and Assessment Programme" (AMAP) des Arktischen Rates. An der Forschungsarbeit, für die mehr als 100.000 Kilometer aller arktischen Küsten untersucht wurden, namen 30 Experten aus 10 Ländern teil. Beiträge kamen auch von Wissenschaftlern vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft und vom Helmholtz-Zentrum in Geesthacht in Deutschland. Den Ergebnissen zufolge sind die Veränderungen in der Laptev-, der Ostsibirischen und der Beaufortsee am stärksten, wo die Erosionsraten der Küsten zum Teil mehr als acht Meter pro Jahr betragen können. Unter dem Strich, so die Forscher, könnte die Küstenerosion in Zukunft riesige Gebiete betreffen, besonders weil 33% der weltweiten Küsten im arktischen Permafrost (gefrorenes Weichsubstrat ) liegen. Allgemein könnten die arktischen Küsten unter der globalen Erwärmung aufgrund des kontinuierlichen Rückgangs des Meereises besonders leiden. Bisher wurden diese Regionen durch ausgedehnte Meereisflächen geschützt. Aber die Gefahr ist real und zum Greifen nahe, zumal die Veränderungen in Gebieten auftreten, die über Jahrtausende relativ stabil waren. Die Wissenschaftler erklären, dass zwei Drittel der arktischen Küsten aus Permafrost besteht und nicht aus Fels. Gerade solche Gebiete sind stark von Erosion betroffen. Auch wenn die arktischen Bereiche in der Regel nur dünn besiedelt sind, sind die Küsten aber auch im Hohen Norden wichtige Achsen für das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben. Und angesichts eines wachsenden Bedarfs an globalen Energieressourcen sowie der Zunahme von Tourismus und Gütertransport stegt das Interesse der Menschen an den Küstenregionen der Arktis zusätzlich. Aus ökologischer Sicht, so sehen die Forscher voraus, wird die fortschreitende Erosion starke Folgen für die Wildtierbestände wie die großen Karibuherden des Nordens oder die weit verbreiteten Süßwasserseen haben. "Dieser internationale und interdisziplinäre Bericht dokumentiert insbesondere auch das Interesse und die Expertise deutscher Wissenschaftler im Bereich der arktischen Küstenforschung", sagt Dr. Volker vom IASC. Der Leitautor, Dr. Hugues Lantuit vom AWI, sagt seinerseit: "Als die systematische Erfassung im Jahr 2000 begann, lagen nähere Informationen gerade einmal für 0,5 % der arktischen Küsten in Dauerfrostgebieten vor. Nach mehr als zehn Jahren intensiver Arbeit haben wir nun einen umfassenden Überblick über deren Zustand und Erosionsgefährdung gewonnen." Dr. Hartwig Kremer, Leiter des LOICZ-Projektbüros, fügt hinzu: "Die Arktis entwickelt sich immer mehr zu einem Spiegel verschiedener Treiber des globalen Wandels und zum Zentrum überregionaler und weltweiter Wirtschaftsinteressen."Weitere Informationen unter: Alfred-Wegener-Institut (AWI) für Polar- und Meeresforschung: http://www.awi.de(öffnet in neuem Fenster) Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren: http://www.helmholtz.de(öffnet in neuem Fenster) Estuaries and Coasts: http://www.springer.com/environment/journal/12237(öffnet in neuem Fenster) State of the Arctic Coast 2010: http://www.arcticcoasts.org/(öffnet in neuem Fenster)
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