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Inhalt archiviert am 2023-03-16

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Auswirkungen der europäischen Eroberung auf die indigene Bevölkerung Amerikas

Forscher aus Deutschland und den Vereinigten Staaten zeigten, dass die Eroberung des amerikanischen Kontinents durch die Europäer die indigene Bevölkerung dort um mehr als die Hälfte dezimierte. Die Ergebnisse ihrer Studie liefern nun neue Erkenntnisse zu den Ursachen dieses R...

Forscher aus Deutschland und den Vereinigten Staaten zeigten, dass die Eroberung des amerikanischen Kontinents durch die Europäer die indigene Bevölkerung dort um mehr als die Hälfte dezimierte. Die Ergebnisse ihrer Studie liefern nun neue Erkenntnisse zu den Ursachen dieses Rückgangs. Wie nachgewiesen wurde, fiel der Tod amerikanischer Ureinwohner in Folge von Kriegen oder Krankheiten mit dem Eintreffen der Europäer in Nord- und Südamerika zusammen. Primär sollte nun die Frage geklärt werden, wie sich das Eroberungsgeschehen auf die Gesamtbevölkerung auswirkte. Mittels umfassender genetischer Analysen konnten die Forscher nachweisen, dass die Bevölkerungszahl vor rund 500 Jahren vorübergehend um etwa 50 Prozent sank, und bestätigen damit historische Überlieferungen, nach denen Krankheiten, Krieg, Hunger und Versklavung, die mit den Europäern Einzug in die amerikanischen Kontinente hielten, schwerwiegende Folgen für die dort lebenden Menschen hatten. Die Ergebnisse der Studie wurden in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht. Das zweiköpfige Forscherteam der Universität Göttingen und der Universität Washington, Vereinigte Staaten, analysierte für die Studie Genome indigener Frauen aus Nord- und Südamerika und entwarf daraus einen Familienstammbaum moderner und prähistorischer Menschen. Insgesamt analysierten sie 137 moderne mitochondriale Genome und 63 alte Teilsequenzen dieses Genoms. Das mitochondriale Genom wird nur in der mütterlichen Linie vererbt. Mithilfe komplexer bioinformatischer Methoden konnten sie zeigen, dass die indigene Bevölkerung Amerikas vor etwa 5.000 Jahren einen Höchststand erreichte, der lange Zeit konstant blieb. Vor rund 500 Jahren brachen die Zahlen dann um etwa 50 Prozent ein. "Die Verluste waren dabei nicht auf bestimmte Regionen beschränkt, sondern über beide amerikanische Kontinente verteilt, mit den schwersten Auswirkungen in den am dichtesten besiedelten Gebieten", erläutert der Anthropologe Dr. Lars Fehren-Schmitz von der Universität Göttingen. Der dramatische Einbruch war allerdings nicht von langer Dauer: die indigene Bevölkerung begann schnell wieder zu wachsen. "Der erneute Anstieg deutet darauf hin, dass als Ursache für den Rückgang nur schnell und kurzfristig wirkende Faktoren in Frage kommen, zum Beispiel durch Europäer eingeschleppte Krankheiten in Kombination mit Krieg und Hunger, und nicht etwa Jahrhunderte dauernde Prozesse, wie oft angenommen", so Dr. Fehren-Schmitz. Brendan O'Fallon von der Universität Washington erläutert hierzu: "Der ungeheure plötzliche Einbruch in der indigenen Bevölkerung fand vor etwa 500 Jahren statt, und dies korreliert natürlich mit dem Eintreffen der Europäer. Neue Forschungsergebnisse bestätigen nun, was längst vermutet, aber in diesem einen Bereich noch nicht dokumentiert worden war. Der zugrunde liegende Gedanke dabei ist, dass, wenn eine Bevölkerungsgruppe recht klein ist, viele Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt die gleichen Vorfahren haben. Je größer die Population ist, desto länger dauert es, bis man den gleichen Vorfahren auffindet. Somit wird der Stammbaum insgesamt ausladender." Darüber hinaus gelang es den Wissenschaftlern, in ihrer Studie die historische Bevölkerungsentwicklung beider Kontinente räumlich zu simulieren: sie konnten zeigen, dass sich die ersten Siedler, die vor etwa 15.000 bis 17.000 Jahren von Asien über die mittlerweile unter dem Meeresspiegel liegende Bering-Landbrücke nach Amerika kamen, schnell entlang der Küsten über die Kontinente verbreiteten. Zu einem deutlichen Anstieg der Bevölkerungszahlen kam es erst deutlich später, nachdem sich die einzelnen Gruppen an ihre jeweiligen Lebensräume angepasst hatten, erklärt das Forscherteam.Weitere Informationen finden Sie unter: Universität Göttingen: http://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=4090 PNAS: http://www.pnas.org/

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Deutschland, Vereinigte Staaten