Digitalisierung der Holzindustrie
Die europäische Holzindustrie hat mit einem deutlichen Preisnachteil gegenüber asiatischen Märkten zu kämpfen. Das liegt vor allem an den höheren Arbeitskosten in Europa, durch die das europäische Holz entsprechend mehr kostet. Da eine Senkung der Arbeitskosten kaum machbar ist, muss die europäische Holzindustrie neue Wege finden, um sich einen Wettbewerbsvorsprung zu sichern. Die Digitalisierung bietet eine Möglichkeit dazu. Um die Digitalisierung der europäischen Holzindustrie voranzubringen, hat das EU-finanzierte Projekt Neural Grader eine automatisierte Lösung für die Holzverarbeitung entwickelt. „Wir haben festgestellt, dass sich der Einsatz von Digitalisierungsmethoden für viele KMU problematisch gestaltete, weil diese zu komplex oder zu teuer waren, und wollten dafür eine Lösung finden“, so Benoit Nieuwenhuys, Geschäftsführer von Fordaq und Koordinator des Projekts Neural Grader. Fordaq ist ein branchenführender Online-Marktplatz für Fachleute aus der Holzindustrie.
Revolution mit Konzept
Was Neural Grader vor allem auszeichnet, ist der Einsatz von Industriekameras. Mithilfe von leistungsfähiger künstlicher Intelligenz (KI) erfassen die Kameras jede Platte bildlich und klassifizieren die Holzqualität mit hoher Präzision. „Neural Grader ermöglicht die Fehlererkennung und Holzsortierung in Produktionsgeschwindigkeit und mit einer von jedem anderen existierenden System unerreichten Präzision“, so Nieuwenhuys. „Zudem wird es nur ein Viertel des Preises kosten, der für Konkurrenzprodukte verlangt wird, und damit für KMU leichter verfügbar sein.“ Das System berechnet außerdem die optimale Methode für das Zuschneiden für die Platten. Neural Grader sendet die optimierten Schnittinformationen direkt an die Schneidemaschine und verringert dadurch den Verschnitt um mehr als 20 %. „Studien haben gezeigt, dass eine automatisierte Lösung dieser Art deutlich weniger Verschnitt verursacht, wodurch die Holzindustrie wiederum ihre CO2-Bilanz verbessern kann“, erklärt Nieuwenhuys. Durch das System erhalten Unternehmen außerdem umfassende Kontrolle über ihre Produktion, damit sie sich weniger mit der Steuerung der Produktionslinien und der Verwaltung des Lagerbestands befassen müssen und mehr Augenmerk auf die Qualität lenken können. „Mit anderen Worten: Neural Grader ist bestens aufgestellt, um die Holzindustrie in Europa und weltweit grundlegend zu verändern“, fügt Nieuwenhuys hinzu.
Marktreif
Um zu gewährleisten, dass Neural Grader den tatsächlichen Marktanforderungen entspricht, hat das Forschungsteam bei Fachmessen auf der ganzen Welt mehrere Sägewerke befragt. Darüber hinaus hat das Team diverse Anlagen und Produktionsstandorte besucht, um festzustellen, unter welchen Realbedingungen die Integration von Neural Grader erfolgen wird. Das Produkt befindet sich derzeit in der letzten Phase der Vermarktung. „Mit den technischen Spezifikationen, die im Verlauf des Projekts erfasst wurden, konnten wir einen Prototyp-Entwicklungsplan aufstellen und die Hardware- und Softwareanforderungen entsprechend anpassen“, so Nieuwenhuys. „Wir bauen außerdem ein Hardwaresystem zur Datenerfassung für das Training neuer spezialisierter KI-Algorithmen auf.“ Nieuwenhuys zufolge hat Fordaq bereits interessierte Anfragen von zahlreichen Bestandskunden sowie Unterstützungsschreiben von zehn Sägewerken in Europa und Nordamerika erhalten.
Schlüsselbegriffe
Neural Grader, künstliche Intelligenz, KI, Nutzholz, Holzindustrie, Digitalisierung, Fordaq, KMU