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Emotive Virtual cultural Experiences through personalized storytelling

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Emotionalisierende digitale Erlebnisse für Museen und kulturelle Stätten lassen die Vergangenheit lebendig werden

Der Einsatz fortschrittlicher immersiver Technologien, wie erweiterte Realität, erweckt in Kombination mit Erzähltechniken Kulturerbestätten und -ereignisse zum Leben, und das nicht nur in den Köpfen, sondern auch in den Herzen.

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Obwohl sie den zentralen Berührungspunkt eines Publikums mit kulturellem Erbe darstellen, beschränken sich viele Einrichtungen beim Einsatz von erzählerischen Mitteln eher auf eine knappe Übermittlung der durch entsprechende Fachkräfte erzielten Forschungsergebnisse, wodurch oft die Einbindung der Zuhörerschaft nahezu emotionslos geschieht. Das EU-finanzierte Projekt EMOTIVE entwickelte mithilfe einer Reihe von Technologien, zu denen unter anderem virtuelle Realität, erweiterte Realität und Smartphone-Apps zählen, immersive Erzählstränge, um Besuche kultureller Stätten „emotionaler“ zu gestalten. Das Projekt bringt neben Innovationen bei der Bildoptimierung, bei Komponenten mobiler Anwendungen sowie bei 3D-Darstellungen – die durch ein benutzerfreundliches Autorenwerkzeug unterstützt werden – Optimierungen beim Wissenserwerb sowie der imaginativen Erfahrung der kulturellen Stätten und Inhalte durch das Publikum (sowohl am Standort, als auch aus der Ferne sowie bei hybriden Kombinationen). Die unterschiedlichen Werkzeuge und Anwendungen von EMOTIVE, die sich im Prototypstadium befinden, wurden bei der öffentlichen Abschlusspräsentation des Projekts im Oktober vergangenen Jahres im Hunterian Museum der Universität Glasgow vorgestellt. Gästen wurde die Möglichkeit geboten, die Prototypen des Projekts zu nutzen, um Çatalhöyük, eine archäologische Stätte aus dem Neolithikum in der Türkei, und den Antoniuswall, der als von Küste zu Küste reichende Verteidigungsanlage 142 n. Chr. von den Römern in Schottland errichtet wurde, zu erkunden. Ein Beispiel für ein immersives Erlebnis war eine mit virtueller Realität erzeugte Umgebung, in der es vier Personen aus dem römischen Großbritannien gab, die Besucher rund um die Antoniuswalldarstellungen des Museums führten. Durch Einsatz von Smartphone-Apps mit erweiterter Realität war es möglich, noch mehr zum Thema zu erfahren.

Die Geschichtenerzählmaschine und digitale Medienressourcen

Fachkräfte aus dem Bereich Kulturerbe können die Autorenwerkzeuge von EMOTIVE zu Kollaborationszwecken sowie zur Erstellung interaktiver, digitaler Geschichtenerzählungen für die Zuhörerschaft vor Ort verwenden, welche Besuchern zum Herunterladen auf intelligente Geräte zur Verfügung stehen. Diese Werkzeuge sind auf unterschiedliche Fachkompetenzniveaus, von Anfänger bis Experte, ausgerichtet und helfen bei der Erstellung verschiedener Erlebnisse, von einfachen textbasierten Präsentationen bis hin zu fortgeschrittenen Spielen mit erweiterter Realität für mehrere Nutzer. Der „Szenenbucheditor“ ermöglicht es Verfassern, Erzählstränge sowie simple digitale Erlebnisse einzurichten und zu erproben, während der „Editor für visuelle Szenarien“ komplexere Erzählstränge ausarbeitet und unterschiedliche Erlebnisse für sowohl Einzelnutzer als auch Gruppen gestaltet. Dazu greift er auf audiovisuelle Ressourcen zurück, die er selbst erzeugt oder aus dem Internet bezogen hat. Dank visueller Programmierung sind diese Autoren in der Lage, hochentwickelte Geschichtenerzählungen zu schaffen, indem sie bereits verfügbare Module in Anspruch nehmen, die gebrauchsfertig vorliegen, was bedeutet, dass zu deren Anwendung keinerlei Programmierkenntnisse erforderlich sind. Digitale Erlebnisse außerhalb des eigentlichen Standortes können über ein „Plugin für gemischte Realität“ verbessert werden, das ausgeklügelte Methoden für das bildbasierte Rendern einsetzt, um typische 2D-Fotografien in vollständig immersive virtuelle Umgebungen zu verwandeln. Die Technologie erlaubt es Besuchern sogar, historische Artefakte mit ihrem Tastsinn zu erkunden, denn es ist möglich, Replikate zu gießen und, mit der Hilfe des „Plugin für die Objektnachverfolgung“, zurück in ihren ursprünglichen Zustand zu bringen. Dazu ist auch ein Headset nötig, das mit virtueller Realität arbeitet. Für ein Betreten von Stätten in der Ferne kann der „Bauplaneditor“ virtuelle Repräsentationen von diesen erstellen, indem er 360°-Fotografien zusammenfügt und sie in einer Internetumgebung veröffentlicht, die durch das „System für ein Erlebnis im Internet“ von EMOTIVE betrachtbar ist und vom originalen, auch am Standort erlebbaren Geschichtenerzählen begleitet wird. „Unabhängig davon, wie alt sie sind, wo sie sich befinden oder wie gut sie sich erhalten haben, stellen kulturelle Stätten nicht nur für das Wissen, sondern auch für emotionale Resonanz und menschliche Verbindung Nährböden dar“, erklärt Projektkoordinatorin Hara Stefanou. „Drama-basierte Narrative, die eine sorgfältig ausgearbeitete Referenz zum kulturellen Inhalt einer Stätte aufweisen, können Erlebnisse mit Kulturerbe völlig verwandeln und zu erneuten Besuchen und fortlaufender Interaktion anregen.“ Nach der Bewertung der Technologien zeigte sich das Team überzeugt von der Effektivität und Stabilität des Autorenwerkzeugs, das sich demnach für komplexes Geschichtenerzählen in gemischter Realität für Erlebnisse vor Ort sowie virtuelle Erfahrungen eignet. Die Tests hoben auch hervor, welch wichtige Rolle soziale Interaktion dann spielt, wenn der Vergangenheit in der Gegenwart eine Bedeutung zukommen soll. Die Werkzeuge regten nämlich durch die Vorstellung unterschiedlicher Perspektiven und leicht provozierender Klischees zum Dialog an und unterstützten Technologienutzer bei der Auseinandersetzung mit komplexen sozialen Problemen.

Verknüpfung mit realen Erlebnissen

Derzeit stehen im Rahmen eines Testzeitraums einige Module des Autorenwerkzeugs von EMOTIVE über ein eigens dafür eingerichtetes Portal kulturellen Institutionen zur Verfügung. Darüber hinaus plant das Team ihren Ansatz in weiteren kulturellen Stätten umzusetzen. Die Erzähltechniken von EMOTIVE könnten für Bildungszwecke eingesetzt werden, um mittels Einfühlung in historische Vorgänge bestimmte Kompetenzen wie Entscheidungsfindung und kritische Reflexion zu trainieren. Einige Verfeinerungen sind vorgesehen, damit die Technologie in einem breiteren Feld Anwendung finden kann, wie beispielsweise im Tourismus, in der Unterhaltungsindustrie oder für Marketingzwecke. Das Team hat bereits einen Geschäftsplan ausgearbeitet und bemüht sich nun um zusätzliche Fördermittel, um die Technologie weiterzuentwickeln und Marktreife zu erlangen. Dabei sollen zunächst der „Szenenbucheditor“ und der „Editor für visuelle Szenarien“ verfügbar gemacht werden. Dieser Ansatz für ein virtuelles Museum nutzt nicht nur den lokalen, regionalen und nationalen kulturellen Wirtschaftszweigen, sondern wird zudem qualifizierte Arbeitskräfte anziehen, die das Potential dieser bahnbrechenden digitalen Werkzeuge vollständig ausschöpfen können.

Schlüsselbegriffe

EMOTIVE, emotional, Narrativ, Drama, kulturelles Erbe, historisch, virtuelle Realität, Artefakt, Geschichtenerzählen, erweiterte Realität, Museen

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