Der Einwanderungsstatus und die Dynamik urbaner Diversität
Zwar werden viele Regeln und Vorschriften zur Definition des Migrantenstatus (wie Flüchtling, Austauschstudenten usw.) auf nationaler Ebene getroffen, doch lokal legt dieser Status nicht nur fest, auf welche Ressourcen man Zugriff hat, sondern beeinflusst auch unmittelbar die Diversität der lokalen Bevölkerung. Wer welche Art der Einwanderung nutzen kann (Einwanderungsbedingungen) und wie ein spezifischer Migrantenstatus den Personen bestimmte Dinge erlaubt und andere nicht (Aufenthaltsparameter), hat ganz eigene Wechselwirkungen. Das von der EU geförderte Projekt StatusCities hat nun untersucht, inwiefern urbane Diversifizierung mit diesen Wechselwirkungen zusammenhängt. Noch laufen die Analysen zwar, doch die bisherigen qualitativen Untersuchungen deuten darauf hin, dass viele Personen sich kaum mit ihrem Einwanderungsstatus identifizieren, es sei denn es kommt zu Problemen. Der oder die Einzelne hat normalerweise das Gefühl, dass die eigenen Gründe für die Migration berechtigt sind und sich nicht auf einen einfachen Status reduzieren lassen. Zudem hat das Projekt betrachtet, wie sich der Einwanderungsstatus auf die Qualität der von eingewanderten Personen bewohnten Stadtteile auswirkt. Ergänzend dazu ergab sich ein Forschungsbereich, der 2019 in einem Artikel vorgestellt wurde. Es ging darum, wie die „Krisennarrative“ im Umfeld der Migrationsströme von 2015 nach Europa die „Datafizierung“ von Migration vorantrieben, weil neue datengestützte Möglichkeiten der Nachverfolgung, Kartierung und Vorhersage von individueller Mobilität gebraucht wurden. Im Artikel wird skizziert, wie sich aus dem Bedarf an Migrationsstatistiken Geschäftsmöglichkeiten für Technologie- und Datenanalyseunternehmen ergaben, die wiederum Narrative verfestigten, die Migration als Gefahr darstellten.
Geografische Muster und Perspektiven für die Rechtsstellung
Eine Marie-Skłodowska-Curie-Forscherin konzentrierte sich im Rahmen von StatusCities auf städtische Räume als Wunschziel einer Mehrheit der internationalen Migranten. „Urbane Diversität beschrieb früher einmal, aus wie vielen verschiedenen Ländern die Menschen kamen – ein sehr statisches Konzept. Inzwischen hat sich der Fokus auf die hohe Differenzierung der verschiedenen Herkunftsgruppen verschoben, der sich auch durch ihre unterschiedlichen Rechtsstellungen ergibt“, erklärt die Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiatin Fran Meissner. Um die Rechtsstellung aus Sicht der Migranten selbst nachvollziehen zu können, wurden in einer mittelgroßen deutschen Stadt Interviews mit 39 Personen durchgeführt, die ein breites Spektrum verschiedener Rechtsstellungen repräsentierten. Ergänzt wurden die Befragungen durch Fotos, die die Teilnehmenden selbst gemacht hatten. Sie wurden auf einer mobilen Karte platziert, um die Interaktion der Person mit der Stadt aufzuzeigen. In den Interviews ging es um die Erfahrungen der Befragten bei Ankunft in der Stadt, bei der Wohnungssuche und bei Erneuerung oder Änderung ihrer Rechtsstellung. Aus den Daten ergaben sich einige signifikante Muster. Wer zum Beispiel den Flüchtlingsstatus zuerkannt bekam, hatte mit höherer Wahrscheinlichkeit über Wohnungsgenossenschaften Zugang zum Wohnungsmarkt. Ein potenzieller Mitnahmeffekt davon war, dass diese Personen häufiger geballt in bestimmten Gegenden der Stadt wohnten. Als die Interviews 2016 durchgeführt wurden, kam es allerdings parallel zu Änderungen an vielen Regeln und Vorschriften, sodass Personen, die auf ihren Flüchtlingsstatus warteten, nicht nach einer Wohnung suchen durften, solange ihr Fall noch nicht geklärt war. Als sie Zugang zum Wohnungsmarkt bekamen, steckte dieser gerade in einer Phase immer stärker werdender Nachfrage (zu Beginn des Semesters an den Universitäten), was es den Flüchtlingen nur noch schwerer machte, eine passende Unterkunft zu finden.
Schlussfolgerungen für die Migrationspolitik
„Bei Debatten um die Regulierung von Migration geht es fast immer nur um die Kontrolle von Migrationsströmen. StatusCities zeigt die Folgen dieser Regulierungen auf und liefert Erkenntnisse über einige soziale Aspekte, die beachtet werden sollten, wenn entschieden wird, ausländische Staatsangehörige mit (baldiger) Aufenthaltsgenehmigung in einen solchen rechtlichen Schwebezustand zu versetzen“, so Meissner. Aktuell arbeitet Meissner auf Basis von Daten aus niederländischen Registern an Visualisierungen der Entwicklungen von migrantischem Wohnen über einen Zeitraum mehrerer Jahre. So will sie sowohl das Verhalten verschiedener Statusgruppen als auch Trends in sozialem Auf- und Abstieg zeigen.
Schlüsselbegriffe
StatusCities, Daten, Migranten, Flüchtlinge, Rechtsstellung, Vorschriften, urban, städtisch, Stadt, Wohngegend, Diversität, Vielfalt, individuelle Mobilität