Molekulare Hinweise auf die Pathogenese der Endometriose
Bei der Endometriose wächst das endometriale Gewebe außerhalb der Gebärmutter in Organen im Becken wie dem Darm oder den Eierstöcken, was bei den Betroffenen zu starken Schmerzen führt und die Lebensqualität deutlich verringert. Zu den gegenwärtigen Behandlungsmethoden zählen die chirurgische Entfernung der Läsionen sowie die Unterdrückung der Ovarialfunktion, die allerdings zu ungewollter Unfruchtbarkeit und weiteren unerwünschten Nebenwirkungen führen.
Molekulare Erkenntnisse über die Pathogenese der Endometriose
Um auf den klinischen Bedarf einer geeigneten Behandlung von Endometriose einzugehen, hat das Projekt MOMENDO neue Mechanismen untersucht, die Ursachen und Verlauf der Erkrankung erklären könnten. Das im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen geförderte Projekt brachte ein multidisziplinäres Team aus Fachleuten auf diesem Gebiet zusammen, um endometriosebedingte Schmerzen und Entzündungen zu untersuchen. Projektkoordinator Martin Götte erklärt: „Wir haben uns auf molekulare Mechanismen konzentriert, die Symptome mit hoher Relevanz für die Patientinnen beeinflussen, und neue Behandlungsrichtungen erforscht.“ Die Forschenden wollten die Entstehung von Läsionen und das äußerst schmerzhafte invasive Wachstum besser verstehen. Sie kamen zu der Feststellung, dass die Anzahl der schmerzempfindenden Nerven, die mit Neuroinflammation assoziiert sind, bei Frauen mit Endometriose höher ist. Die Schmerzempfindlichkeit scheint insbesondere durch die Wirkung des Enzyms Cyclooxygenase-2 (COX2) verstärkt zu werden. Interessanterweise gelang es mit natürlichen aus Rosmarin gewonnenen Substanzen und traditioneller chinesischer Medizin, das Wachstum der Nerven und Entzündungszellen in Zellkultur zu verringern. Damit tat sich eine neue therapeutische Perspektive bei Endometriose auf. MOMENDO fand heraus, dass kleine Regulationsmoleküle, die sogenannten microRNAs, im Endometriosegewebe dereguliert sind, was zum invasiven Wachstum der Endometriosezellen beiträgt. Wichtig war vor allem die Feststellung, dass durch die experimentelle Hochregulierung ausgewählter microRNAs zahlreiche pathogenetische Eigenschaften von patienteneigenen Endometriosezellen in Kultur gehemmt werden konnten, darunter Wachstum, Invasivität und Stammzellfähigkeit. „Eine wichtige Leistung von MOMENDO war die Charakterisierung von endometrialen Stammzellen und der Rolle, die sie bei der Endometriose und Endometriose-assoziierten Karzinomen spielen“, betont Götte. Das Konsortium sei von der Hypothese ausgegangen, dass Endometrioseläsionen aus Stammzellen entstehen, da diese eine besondere Fähigkeit zu unbegrenztem Wachstum und eine erhöhte Resistenz gegenüber therapeutischen Wirkstoffen aufweisen. Die Forschenden von MOMENDO bewerteten mehrere Strategien, um diese Zellen anzugreifen, darunter microRNAs und Gamma-Sekretase-Inhibitoren. Mittels der Methode der sogenannten Transkriptomik fand das Forscherteam heraus, dass Endometriosezellen bei manchen Patientinnen Ähnlichkeiten zu Krebszellen aufweisen – eine neue Erkenntnis mit Relevanz für maßgeschneiderte Therapien.
Auswirkungen und Zukunftsaussichten von MOMENDO
MOMENDO forschte zwar im Labor nach neuen molekularen Mechanismen, doch mehrere Ergebnisse des Projekts sind auf die klinische Praxis übertragbar. „Unsere Forschung konnte neue molekulare Mechanismen der Endometriose aufzeigen, von denen viele als potenzielle Wirkstoffziele in Frage kommen“, betont Götte. Diese Erkenntnisse zu diesen Mechanismen werden künftig voraussichtlich auch die weitere Erforschung dieser Erkrankung voranbringen. Die positiven Ergebnisse, die mit präklinischen experimentellen Modellen ermittelt wurden, ebnen den Weg, um einige der formulierten Zielstrategien wie Gamma-Sekretase-Inhibitoren, Wirkstoffe auf microRNA-Basis und entzündungshemmende Verbindungen in Endometriosestudien zu bewerten. Bestimmte klinikopathologische Befunde des Konsortiums deuten außerdem darauf hin, dass neue hormonbasierte Ansätze zur Schmerztherapie bei Endometriosepatientinnen aussichtsreich sein könnten. Fast die Hälfte der Betroffenen gibt an, dass die Erkrankung sich auf ihre Arbeit und ihre Beziehungen auswirkt. Angesichts dessen wird zweifellos auch die erhebliche sozioökonomische Belastung deutlich, die mit Endometriose einhergeht. MOMENDO wird durch sein starkes Kooperationsnetzwerk den fortwährenden Austausch von Wissen und Ressourcen gewährleisten, um einschlägige Forschungsbemühungen zu stützen und Wissenslücken auf diesem Gebiet anzugehen.
Schlüsselbegriffe
MOMENDO, Endometriose, Schmerzen, miRNA, microRNA, Neuroinflammation, Stammzellen, COX2