Hochmoderne Extraktion von Molkenproteinen fast marktreif
Bei der Verarbeitung von Milch zu Käse, Hüttenkäse, griechischem Joghurt oder anderen Produkten bleibt eine gelbliche Flüssigkeit zurück – die Molke. Laktose(öffnet in neuem Fenster), Mineralstoffe und Vitamine sind dann noch in der Molke enthalten, wie auch Proteine, die nicht zu Käse ausflocken. „In den letzten Jahren wurde herausgefunden, dass Molkenproteine viele nützliche Eigenschaften haben“, sagt Maja Zupančič Justin, Projektkoordinatorin von Recover4Benefit und Leiterin im Bereich Biotechnologie bei Arhel(öffnet in neuem Fenster) in Slowenien. „Unter anderem bestehen sie aus einer hervorragenden Mischung von Aminosäuren(öffnet in neuem Fenster), die für die Regeneration von Muskelmasse gebraucht wird.“ Molkenproteine werden wegen ihrer antimikrobiellen(öffnet in neuem Fenster), antioxidanten und entzündungshemmenden Wirkung auch als funktionelle Proteine bezeichnet. Häufig wird Molke aber als Verarbeitungsrest an Abfallbehandlungsanlagen gegeben oder in Biogasanlagen energetisch umgewandelt. Jährlich fallen weltweit über 200 Millionen Tonnen Molke an, wovon nicht einmal 50 % für den menschlichen Verzehr genutzt werden. „Wir waren der Meinung, dass es sinnvoller wäre, vorher die Proteine zu extrahieren und für hochwertige Produkte zu verwenden“, erklärt Zupančič Justin. „Immerhin sind 20 % der Milcheiweiße Molkenproteine.“ Politik, Wissenschaft und Lebensmittelindustrie suchen nach Möglichkeiten, wie die wachsende weltweite Nachfrage nach Proteinen gedeckt werden kann, die sich Vorhersagen zufolge bis 2050 verdoppelt haben soll. Darum sind im traditionellen Lebensmittelsektor alternative Proteine als vielversprechende Geschäftsmöglichkeiten ins Gespräch.
Effiziente Proteinextraktion
Ein zentrales Problem ist aber, dass Molke zu mehr als 90 % aus Wasser besteht und zu nicht mal 1 % aus Proteinen. Um diese Proteine zu extrahieren, ohne ihre funktionellen Eigenschaften in Mitleidenschaft zu ziehen, sind fortschrittliche technologische Verfahren nötig. „Die Sache wird noch komplizierter, wenn wir nur ein einziges Protein isolieren wollen“, so Zupančič Justin weiter. Darum hat Arhel ein Verfahren zur selektiven Proteinextraktion mit Ionenaustauschchromatographie(öffnet in neuem Fenster) entwickelt, mit dem sich Moleküle abtrennen lassen. Der Projektkoordinatorin zufolge liegt ein Vorteil dieser innovativen Technologie in seiner industriellen Anwendbarkeit, mit hohen Durchflussraten und entsprechend kürzerer Verarbeitungsdauer. Das Projekt Recover4Benefit wurde im August 2019 ins Leben gerufen, um alle Hürden für eine Kommerzialisierung ausfindig zu machen, sei es in Sachen Technologie, Marktumgebung oder Umsetzung. „Im Rahmen des Projekts haben wir uns auch das derzeitige Pilotverfahren für die Fertigung genau angesehen und alle Schwachstellen aufgezeigt, die wir finden konnten“, betont Zupančič Justin. „Zusätzlich haben wir technologische Verfahren der Konkurrenz und ähnliche Produkte auf dem Markt genau verglichen. Die Marktdaten so detailliert zu bekommen, war eine große Herausforderung. Wir haben uns außerdem mit Interessengruppen getroffen und Branchenkonferenzen besucht.“
Auf dem Weg zur Marktreife
Bis zu seinem Abschluss im Januar 2020 hat Recover4Benefit zum einen ein Konzept für ein Geschäftsmodell mit genau definierten Produkten, die aus Molke gewonnen werden können, wie Proteinisolate als Nahrungsergänzungsmittel oder Lebensmittelzutat, sowie zum anderen einen Fahrplan für die letztendliche Kommerzialisierung erstellt. „Mit diesem Projekt konnten wir die Entwicklung einer Geschäftsidee viel breiter angehen als es sonst möglich gewesen wäre“, so Zupančič Justin. „Start-ups kümmern sich leider zu oft nur um die Lösung der technischen Herausforderungen.“ Das Unternehmen hat erfolgreich umfassende Analysen der möglichen Proteinprodukte durchgeführt und damit die hohe Qualität der Produkte bestätigen können. „Es gab auch schon konkretes Interesse von potenziellen Käufern“, betont sie. „Als nächsten Schritt werden wir das Herstellungsverfahren optimieren und für eine ausreichend hohe Produktionskapazität sorgen.“
Schlüsselbegriffe
Recover4Benefit, Molke, Laktose, Milchprodukte, Käse, Protein, Eiweiß, Isolat, Chromatographie, Mineralstoffe, Vitamine