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Analysing the migration choices of HIV-positive gay men in England and France

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Warum sich homosexuelle HIV-positive Männer zur Migration entscheiden

Mit Hilfe eines qualitativen Ansatzes arbeiten zwei Forscher die vielen Faktoren heraus, die in die Entscheidung eines HIV-positiven homosexuellen Mannes hineinspielen, auszuwandern und sich in einer bestimmten Stadt oder einem Land niederzulassen.

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In ganz Europa steigen die Infektionszahlen mit HIV, besonders bei homosexuellen Personen. Trotz neuer medizinischer Belege, dass das Virus bei einer laufenden Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten nicht übertragen werden kann, erleben homosexuelle HIV-positive Männer immer noch eine Mischung aus Homophobie und dem Stigma einer HIV-Infektion. „Für viele ist eine HIV-Diagnose ein Wendepunkt im Leben – eine Chance, in einer anderen Stadt ein ‚neues Leben aufzubauen‘, wo ganz neue berufliche Möglichkeiten, Freundschaften, Liebe und neues Selbstbewusstsein locken“, sagt Cesare Di Feliciantonio, Dozent für Humangeografie an der Manchester Metropolitan University. Das Projekt HIVGAYM (Analysing the migration choices of HIV-positive gay men in England and France), das im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen gefördert wurde, will die Korrelation zwischen der positiven HIV-Diagnose und der Entscheidung zum Auswandern besser verstehen. Unter Leitung von Di Feliciantonio und Gavin Brown, Professor an der Universität Leicester, untersucht das Projekt, inwiefern die Stigmatisierung einer HIV-Infektion in Verbindung mit Homosexualität Lebensentscheidungen beeinflusst. Analysiert wurde, welche Möglichkeiten politische Verantwortliche haben, das Wohlbefinden dieser Personen zu steigern.

Ein qualitativer Ansatz

Das Projekt sollte die vielen Faktoren herausarbeiten, die in die Entscheidung eines HIV-positiven homosexuellen Mannes hineinspielen, auszuwandern und sich an einem bestimmten Ort niederzulassen. Das Besondere an der Studie ist, dass sie Probanden aus verschiedene „HIV-Generationen“ miteinander vergleicht. Dazu gehören: Männer, die in den 1980er Jahren ihre Diagnose erhalten haben, als diese noch ein „Todesurteil“ war; Männer, die sie zwischen Mitte der 1990er und Mitte der 2000er Jahre bekamen, als langsam die ersten wirksamen Therapien zur Verfügung standen; sowie Männer, die sich nach 2008 als infiziert herausstellten, nachdem es bereits Behandlungsoptionen fast ohne Nebenwirkungen gab. Zusätzlich wurden in der Studie Daten aus England und Italien verglichen, die als Staaten unterschiedliche Wohlfahrtssysteme haben, sowie Daten aus ausgewählten Städten mit unterschiedlichen Profilen im Hinblick auf Attraktivität, Sichtbarkeit der Homosexuellen und Ausbreitung von HIV (Bologna, Mailand, Leicester, London und Manchester). Zur Datensammlung griffen die Forschenden auf qualitative Methoden zurück, unter anderem eine Online-Befragung, Interviews und Diskursanalysen. „Wegen des Stigmas, das mit diesem Thema einhergeht, war es ziemlich schwer, Probanden zu finden – besonders in Bologna und Leicester“, erklärt Brown. „Deswegen haben wir uns Unterstützung von lokalen Gruppen und Organisationen geholt.“

Das erste Forschungsprojekt einer neuen Reihe

Die Forschungsarbeiten zeigten, dass das Alter bei der Entscheidung umzuziehen wohl keine signifikante Rolle spielt. „Für fast alle unserer englischen Teilnehmer scheint London eine Art ‚Durchgangsstation‘ zu sein, obwohl die Mehrheit dann nicht dort bleibt, weil man sich das kaum leisten kann“, bemerkt Di Feliciantonio. Den Studienergebnissen zufolge fließen auch Themen wie Gesundheitsversorgung, Sozialleistungen, Altersrenten und Beschäftigungsschancen in die Migrationsentscheidungen ein, besonders bei Personen über 50. „Sparmaßnahmen und Sozialreformen, besonders in England, scheinen sich gerade auf die gefährdetsten Probanden am schwersten auszuwirken“, so Brown weiter. Aktuell arbeitet das Forschungsteam an der vollständigen Analyse der gesammelten Daten und den nötigen Vorbereitungen für ihre Veröffentlichung. Parallel dazu sucht das Team nach Finanzmitteln für ein Forschungsvorhaben über Diskretion als paradigmatischen Rahmen gleichgeschlechtlichen sexuellen Verlangens unter Männern, die internetbasierte Dating-Apps nutzen. Di Feliciantonio hat zudem einen Förderantrag für eine weitere Studie vorbereitet, in der es um das Altern mit HIV in verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen gehen soll. „Wir hoffen, dass das Projekt HIVGAYM nur der Anfang einer ganzen Reihe von gemeinsamen Forschungsinitiativen sein wird, die einige der Kernparadigmen der jüngsten sozialwissenschaftlichen Forschung für die Analyse der Lebensweise homosexueller Männer auf den Kopf stellen und außerdem HIV und Sex wieder auf die wissenschaftliche Agenda der Humangeografie setzen“, so Di Feliciantonio abschließend.

Schlüsselbegriffe

HIVGAYM, HIV, homosexuelle Männer, migrieren, auswandern, homosexuelle Gemeinschaft, antiretrovirale Therapie, Homophobie, Sozialwissenschaften

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