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How the brain creates Mutual Understanding during Social InteraCtion

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Ein Computerspiel liefert wertvolle Informationen über Autismus-Spektrum-Störungen

Obwohl soziale Interaktion ein wesentlicher Bestandteile der menschlichen Natur darstellt, ist nicht bekannt, wie das Gehirn bei sozialen Begegnungen funktioniert. Mit Hilfe eines Kommunikationsspiels enthüllte die Initiative MUSIC wichtige Aspekte des gegenseitigen Verständnisses und dessen Veränderungen bei Personen mit Autismus-Spektrum-Störungen.

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Menschen teilen ihre unmittelbaren Gedanken während sozialer Interaktionen mühelos mit anderen. Worte, Gesten und andere gebräuchliche Signale helfen zweifellos bei unserer Kommunikation, aber sie bilden nur die Spitze des Eisbergs. Immerhin können wir uns ausreichend anpassen, um Reisende aus dem Ausland sowie Kleinkinder zu verstehen, obwohl sie eine andere oder gar keine Sprache sprechen. Eine neue Forschungsrichtung, die unsere Fähigkeiten zum gegenseitigen Verstehen untersucht, stellt fest, dass kommunizierende Personen ihr Wissen über die Interaktion miteinander und aufeinander abstimmen. Darüber hinaus tritt synchronisierende Gehirnaktivität auf einer zeitlichen Skala auf, die unabhängig von individuellem Kommunikationsverhalten ist. Das mit Unterstützung der Marie Sklodowska-Curie-Maßnahmen (MSCA) durchgeführte Projekt MUSIC untersuchte, ob dieser kommunikative Abgleich für das gegenseitige Verständnis von Verhaltensweisen bei zwei Personen mit www.psychiatry.org/patients-families/autism/what-is-autism-spectrum-disorder (Autismus-Spektrum-Störung) notwendig ist. Eine Autismus-Spektrum-Störung ist definiert durch anhaltende kommunikative Defizite in der sozialen Interaktion. Diese zeigen sich vor allem in Alltagssituationen, in denen der von der sprechenden Person beabsichtigte Gebrauch von Wörtern und Sätzen stark von der üblichen Verwendung abweicht, wie z. B. bei Ironie und Sarkasmus. „In MUSIC haben wir uns mit der Möglichkeit beschäftigt, dass Personen im Spektrum Schwierigkeiten haben, ihr Wissen über eine kommunikative Interaktion mit dem Wissen anderer Personen abzugleichen“, erklärt Arjen Stolk, MSCA-Forschungsstipendiat.

Bewertung der zwischenmenschlichen Kommunikation durch ein Computerspiel

Um die kommunikative Ausrichtung bei Personen mit Autismus-Spektrum-Störung quantitativ zu bewerten, entwickelten Stolk und sein Team ein Computerspiel, das Personenpaare herausfordert, einen virtuellen Tresor zu knacken, ohne dass sie sich gegenseitig sehen oder miteinander sprechen können. In diesem Spiel arbeiten Paare gemeinsam daran, ihre Tresorschlüssel auf dem Computerbildschirm in eine Position zu bringen, in welcher der Tresorcode geknackt wird. Ein Vorteil dieser neuartigen interaktiven Einrichtung besteht darin, dass die Bewegungen des Tresorschlüssels keine herkömmliche Bedeutung besitzen. Dies ermöglicht einen zuverlässigen Zugang zum zwischenmenschlichen Kernverhalten im Hinblick auf die Frage, wie sich zwei Personen auf eine gemeinsame Bedeutung einigen. Die Studie umfasste über 50 Testpersonen, die paarweise einer von drei Gruppen zugeordnet wurden: einer Gruppe für Personen mit Autismus-Spektrum-Störung, einer Gruppe mit neurotypischen Personen oder einer gemischten Gruppe, die sich aus Paaren mit je einer neurotypischen Person und einer Person mit Autismus-Spektrum-Störung zusammensetzte. Trotz ansonsten nicht wahrnehmbarer Leistungsunterschiede variierten die drei Gruppen in ihren kommunikativen Ergebnissen. Dabei zeigten die Gruppen, in denen sich Individuen mit Autismus-Spektrum-Störung befanden, eine geringere Fähigkeit, spezifische kommunikative Herausforderungen zu bewältigen. Aufgrund der kontrollierten sozialen Umgebung war die Studie in der Lage, eine neue Ursache für die kommunikativen Defizite bei Autismus-Spektrum-Störungen zu lokalisieren. Sie brachte zum Vorschein, dass diese mit einer reduzierten Fähigkeit einhergehen, das Wissen über die Interaktion mit einem Gegenüber abzugleichen.

Die menschliche Kommunikation neu definieren

Die Prinzipien und Mechanismen des gegenseitigen Verständnisses sind nach wie vor schwer greifbar. Die Bemühungen, Gehirnaufzeichnungen von interagierenden Testpersonen zu verknüpfen und zu vergleichen, sollen dabei helfen, die neurokognitiven Mechanismen zu entschlüsseln, welche unseren Fähigkeiten zum gegenseitigen Verstehen zugrunde liegen. „Unsere Gehirne sind nicht besonders auf das Auftreten einzelner kommunikativer Verhaltensweisen ausgerichtet. Stattdessen sind sie zeitlich auf das Entstehen von gegenseitigem Verständnis abgestimmt“, betont Stolk. Die Ergebnisse des Projekts fordern eine Verschiebung des Fokus auf dem Gebiet: weg von der Frage, wie individuelle Gehirne soziale Stimuli verarbeiten, und hin zu der Frage, wie sich zwei oder mehr Gehirne zu einem gemeinsamen Verständnis dieser Stimuli annähern. Individuen mit und ohne Autismus-Spektrum-Störung wären gleichermaßen in der Lage zu kommunizieren, wenn die Kommunikation auf Ersteres reduziert werden könnte. Letzteres ist jedoch notwendig, wenn wir die menschliche Kommunikation und ihre Veränderungen bei Störungen der menschlichen sozialen Interaktion vollständig verstehen wollen.

Schlüsselbegriffe

MUSIC, Autismus-Spektrum-Störung, Kommunikation, gegenseitiges Verstehen, Computerspiel

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