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Prandtlplane ARchitecture for the Sustainable Improvement of Future AirpLanes

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Effizienter fliegen mit Kastendrachenflügeln

Seit langer Zeit gelten zwei voneinander getrennte Tragflächen als die Standardlösung der Luftfahrt. Was aber nicht heißt, dass es keine Alternativen gibt. Das Projekt PARSIFAL (Prandtlplane ARchitecture for the Sustainable Improvement of Future AirpLanes) tritt den Beweis an, indem es eine einhundert Jahre alte Idee wieder aufleben lässt, die effizientere Flugzeuge mit einer Tragflächenanordnung in Form eines Kastens hervorbringen würde.

Verkehr und Mobilität icon Verkehr und Mobilität

Wir schreiben das Jahr 1924. Der deutsche Ingenieur Ludwig Prandtl, der als Vater der Aerodynamik gilt, stellt der Welt eine seiner neuen Ideen vor: den Kastendrachenflügel. Im Vergleich zum herkömmlichen Flugzeug mit zwei getrennten Flügeln, wie wir es alle kennen und in das wir üblicherweise einsteigen, soll mit dem sogenannten Boxwing-Konzept der mit der Spannweite verbundene Wirkungsgrad von Flugzeugen maximiert werden. Denn je größer der Wirkungsgrad der Spannweite ist, desto geringer fallen der Luftwiderstand und der Treibstoffverbrauch aus. Nun, fast einhundert Jahre später, gibt es trotz jahrelanger intensiver Forschung und Entwicklung noch immer keine Boxwing-Flugzeuge. Aber der potenzielle Nutzen hat sich bestätigt. Neuesten Forschungsergebnissen der Universität Pisa zufolge könnte der Flügel nach dem Kastendrachenprinzip den Treibstoffverbrauch pro Fluggast um 22 % senken. „Das PrandtlPlane, das seinen Namen zu Ehren Prandtls von der Universität Pisa erhalten hat, kann bei der Suche nach klimaneutralen Lösungen als ein Kraftmultiplikator dienen. Wenn sich der Treibstoffverbrauch bereits mit den heutigen Antriebssystemen und Kraftstoffen um fast ein Viertel reduzieren lässt, kann man sich die Vorteile für hybrid-elektrische oder wasserstoffbetriebene Antriebssysteme problemlos vorstellen“, sagt Vittorio Cipolla, Assistenzprofessor an der Fakultät für Bau- und Wirtschaftsingenieurwesen der Universität Pisa und Koordinator des Projekts PARSIFAL. PARSIFAL verkörpert die anhaltenden Anstrengungen der Forschungsgemeinschaft, Prandtls Traum in die Realität umzusetzen. Das Projektteam widmete sich von Mai 2017 bis Juli 2020 der Bewertung der Auswirkungen der PrandtlPlane-Einführung auf Flugzeuge wie die Boeing 737 und den Airbus A320, die in die Kategorie C der Anforderungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) an Flugzeuge fallen.

Gründlich den Nutzen einschätzen

Die Projektbewertung wurde unter dem Gesichtspunkt der technischen Realisierbarkeit anhand von Entwurfsaktivitäten und hochgenauen Analysen durchgeführt, die sich auf Aerodynamik, Flugmechanik, Strukturen, Antriebssysteme sowie Auswirkungsstudien konzentrierten. Letztere fokussierten sich speziell darauf, wie sich der Ersatz konventioneller Flügel durch die PrandtlPlane-Lösung auf die CO2-Emissionen und andere Emissionen in die Atmosphäre, das Erderwärmungspotenzial, den wahrgenommenen Lärmpegel, den Bodenbetrieb und die Kapitalrendite für die Fluggesellschaften auswirken könnte. Um einen genauen Vergleich zwischen Boxwing- und Standarddesign anzustellen, setzte das Projektteam alle Analysemodelle innerhalb eines multidisziplinären Design-Frameworks um, das sowohl für konventionelle als auch für PrandtlPlane-Architekturen geeignet ist. „Mit der Boxwing-Konfiguration konnten wir mehr Auftrieb bei gleicher Flügelspannweite erzeugen, was die notwendige Voraussetzung für den Transport einer größeren Anzahl von Fluggästen pro Flug ist, ohne die Richtlinien der ICAO-Klasse zu überschreiten. Die geschätzte Reduzierung des Treibstoffverbrauchs je Fluggast und Flugkilometer, die unter Anwendung der gleichen hochgenauen Ansätze sowohl für konventionelle als auch für PrandtlPlane-Architekturen ermittelt wurde, liegt je nach Missionsanforderungen zwischen 10 % und 22 %. Ähnliche Analysen laufen im Rahmen des italienischen Forschungsprojekts PROSIB für den Regionalflugzeugsektor, wobei das PrandtlPlane mit hybrid-elektrischem Antrieb kombiniert wird“, erklärt Cipolla. Die PARSIFAL-Partner fanden heraus, dass mit der PrandtlPlane-Lösung neben dem reduzierten Treibstoffverbrauch auch das Erderwärmungspotenzial von Flugzeugen der Klasse C in 20 Jahren um etwa 17 % reduziert werden könnte. Zudem bedeutet die höhere Fluggastkapazität von PrandtlPlane-Flugzeugen (über 100 zusätzliche Sitze) weniger Flüge und weniger Gesamtlärm. Und auch der Geldbeutel der Fluggäste profitiert: Laut Cipolla würden die Kosten pro angebotenem Sitzkilometer um bis zu 12 % sinken. Obgleich das Projekt nun abgeschlossen ist, untersuchen Cipolla und sein Team weiterhin spezifische Designaspekte, die mit dem PrandtlPlane im Zusammenhang stehen. Ursprünglich hatten sie gehofft, dass das erste PrandtlPlane bereits 2035 abheben würde. Aber wie bei so vielen Dingen wird COVID-19 auch hier wahrscheinlich das Ergebnis in Verzug bringen.

Schlüsselbegriffe

PARSIFAL, Boxwing, Kastendrachenflügel, Ludwig Prandtl, Treibstoffeffizienz, Flugzeug, Aerodynamik, PrandtlPlane

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