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Linguistic Illusions in Children with Down Syndrome, Specific Language Impairment and Typical Language Development

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Besseres grammatikalisches Ansehen für stigmatisierte Dialekte soll zur Diagnose und Behandlung von Sprachstörungen beitragen

Überall auf der Welt werden Kinder stigmatisiert, weil sie von der Standardsprache des jeweiligen Landes abweichen: Bei einigen von ihnen wird fälschlicherweise eine Sprachstörung diagnostiziert, während andere, die tatsächlich Kommunikationsschwierigkeiten aufgrund einer Sprachstörung haben, keine solche Diagnose erhalten – stattdessen wird bei ihnen davon ausgegangen, dass die Aussprache zu ihrem Dialekt gehört. Eine EU-finanzierte Forschungsgruppe widmete sich diesem Phänomen eingehender.

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Für die durch die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanzierte Stipendiatin Christiana Christodoulou ist das Konzept der „linguistischen Illusionen“ entscheidend, um zu verstehen, ob eine grammatikalische Ungenauigkeit auf Sprachschwierigkeiten oder eine Variante des grammatischen Phänomens im jeweiligen Dialekt zurückzuführen ist. „Linguistische Illusionen kratzen nur an der Oberfläche“, erklärt sie. „So kann das fehlende abschließende „s“ im [englischen] Satz ‚He run(s) every day‘ [dt.: Er läuft jeden Tag] auf den ersten Blick auf eine grammatikalische Schwierigkeit/Sprachstörung hinweisen. In Wahrheit kann dies jedoch durch andere Faktoren verursacht worden sein, wie artikulatorische Einschränkungen, Unterschiede im phonologischen System oder ob das ‚s‘ an dieser Stelle bei der Grammatik eines bestimmten Dialekts überhaupt ausgesprochen wird.“

Zwei stigmatisierte Varianten des amerikanischen Englisch als Forschungsobjekt

Das EU-finanzierte Projekt LINGUISTIC ILLUSIONS, das Christodoulou gemeinsam mit Ianthi Maria Tsimpli koordinierte, untersuchte den Erwerb von Grammatik in verschiedenen Altersstufen anhand von zwei Bevölkerungsgruppen – normal entwickelten Kindern sowie Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Down-Syndrom. Dabei konzentrierte es sich auf zwei Varianten des amerikanischen Englisch: Südliches amerikanisches Englisch und südliches afroamerikanisches Englisch. Sie erläutert: „Bei diesem Projekt ist das Konzept der linguistischen Illusion darauf zurückzuführen, dass bestimmte Merkmale der beiden untersuchten südlichen Varianten des Englischen oft fälschlicherweise mit mangelnden grammatikalischen Kenntnissen in Zusammenhang gebracht werden, obwohl die umfangreiche linguistische Forschung zeigt, dass es sich dabei tatsächlich um Merkmale des Dialekts handelt.“ An der University of Mississippi erhob und analysierte Christodoulous Team Daten von rund 270 Teilnehmenden und erstellte Millionen Datenpunkte, was die Forschungsarbeit zur gewiss größten Studie über die Sprachentwicklung und Verwendung/Produktion von südlichem amerikanischem Englisch und südlichem afroamerikanischem Englisch macht. Zwar ist die Datenanalyse noch nicht abgeschlossen, es haben sich jedoch bereits erste wichtige Ergebnisse herauskristallisiert. Unter anderem haben die Ergebnisse den höchsten Prozentsatz für ein mittleres bis hohes Risiko für eine Sprachstörung bei undiagnostizierten, normal entwickelten Kindern ergeben, den das Team je gesehen hat (37,6 % bei Kindern, die südliches amerikanisches Englisch sprechen, und 60,5 % bei Kindern, die südliches afroamerikanisches Englisch sprechen – ein deutlicher Unterschied zum üblichen erwarteten Spektrum von 5 bis 10 %). „Wir gehen davon aus, dass dieser unerwartet hohe Prozentsatz auf Lücken beim Erwerb von Grammatik zurückzuführen ist, die von begrenzter Bildung oder einer beschränkten Exposition gegenüber Sprache vor dem 5. Lebensjahr verursacht werden, wodurch der Test zu falsch-positiven Ergebnissen führt“, so Christodoulou. Bekräftigt wurde diese Hypothese durch weitere Tests, die das Team durchführte. Diese zeigten, dass sich die Leistungen der beiden Gruppen ähnlicher waren als die ersten Ergebnisse andeuteten.

Praktische Anwendung und zukünftige Forschung

Ein weiteres wichtiges Projektziel war die Erarbeitung von Entwicklungsverläufen für die einzelnen Bevölkerungsgruppen. Bisher konnte das Team die Verläufe für vier linguistische Kernkategorien (Syntax, Pragmatik, Semantik und Phonologie) und die Produktion und das Verständnis von W-Fragen finalisieren. Mit Entwicklungsverläufen lässt sich die Entwicklung bestimmter grammatischer Phänomene in allen Altersgruppen verfolgen und einschätzen, ob die Leistung des Kindes der Leistung von Gleichaltrigen entspricht und wo es Abweichungen gibt. Außerdem werden sie sich als überaus nützliche Leitlinien für die Erstellung fundierterer Diagnose- und Interventionspläne erweisen. Die Ergebnisse zeigen, dass die südliches amerikanisches Englisch sprechenden und südliches afroamerikanisches Englisch sprechenden Bevölkerungsgruppen sowohl untereinander als auch im Vergleich zur Kontrollgruppe aus gleichaltrigen Personen, die amerikanisches Standard-Englisch sprechen, gleich gut abschnitten. Christodoulou hat Fördermittel beantragt, um die im Rahmen von LINGUISTIC ILLUSIONS begonnene Forschung fortzuführen. „Angesichts dessen, was wir durch dieses Projekt erreicht haben, wollen wir als Nächstes die Forschung weiterführen und uns dabei mit dem hohen Risiko für eine Sprachstörung befassen. Außerdem möchten wir herausfinden, wie sich die Prozentsätze reduzieren lassen“, sagt sie abschließend.

Schlüsselbegriffe

LINGUISTIC ILLUSIONS, Sprachstörung, Kinder, Dialekt, Erwerb von Grammatik, Entwicklungsverläufe, südliches amerikanisches Englisch, südliches afroamerikanisches Englisch

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