CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Article Category

Inhalt archiviert am 2024-04-19

Article available in the following languages:

Früherkennung von Darmkrebs mit dem „Google Earth der Darmspiegelung“

Ein neuartiger Ansatz, der konventionelles weißes Licht mit einer fortschrittlichen photonischen und optischen Bildgebung kombiniert, könnte dazu beitragen, bis zu 80 000 Menschenleben zu retten, indem die Ärzteschaft bei der Früherkennung von Darmkrebs unterstützt wird.

Gesundheit icon Gesundheit

Ein neues optisches Bildgebungssystem, das sich in der Entwicklung befindet, könnte die Darmkrebsdiagnose revolutionieren. Durch Darmspiegelungen können derzeit nur 39 % der Darmkrebsfälle in frühen Stadien entdeckt werden. Durch die neuartige Screening-Plattform des EU-finanzierten Projekts PROSCOPE könnten die 160 000 jährlichen Todesfälle in Europa, die auf diese Erkrankung zurückgehen, nahezu halbiert werden. Aktuelle Darmspiegelungsverfahren basieren auf der Videobildgebung mit weißem Licht oder auf der optischen Schmalband-Bildgebung. Ihre Möglichkeiten zur Früherkennung verschiedener kanzeröser und präkanzeröser Läsionen sind begrenzt. „Es ist schwierig, gezackte Läsionen von hyperplastischen Polypen zu unterscheiden“, bemerkt Projektleiter Dr. Peter Andersen vom PROSCOPE-Koordinator Technische Universität Dänemark in einer Pressemitteilung, die auf „Photonics21“ veröffentlicht wurde. Der neue Ansatz vereint konventionelles weißes Licht in einer Kamera mit fortschrittlicheren photonischen und optischen Bildgebungsinstrumenten – optische Kohärenztomografie, Multiphotonenmikroskopie und Raman-Spektroskopie – für eine klarere, empfindlichere und tiefere Analyse des Darmgewebes. „Eine gute Analogie für unser Bildgebungskonzept wäre Google Earth der Darmspiegelungen: wir beginnen mit einer Karte des Landes und zoomen dann auf eine Stadt, eine Straße, ein Gebäude“, erklärt Dr. Andersen. „Vergleichbar dazu beginnt unser Bildgebungsverfahren mit herkömmlichem weißen Licht zur Erkennung eines verdächtigen Bereichs, das klinische Fachkräfte dann näher untersuchen. Dann machen wir einen Tiefenzoom auf die Läsion, zunächst unter Verwendung von optischer Kohärenztomografie, dann Multiphotonenmikroskopie für Stoffwechselinformationen und schließlich Raman-Spektroskopie für molekulare Informationen (nahezu ein molekularer Fingerabdruck von kanzerösen Zellen), um die verdächtige Läsion einzuschätzen.“ Darmkrebs ist die zweithäufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle in Europa. Glücklicherweise sind die Überlebenschancen bei einer Früherkennung drastisch größer – daher ist eine möglichst frühe Detektion so wichtig. „Der Erfolg in diesem Bereich beruht auf kontinuierlicher und verstärkter weiterer Forschung auf dem Gebiet Laser und Photonik in ganz Europa sowie Ergebnissen, die in weiteren Verbesserungen der diagnostischen Möglichkeiten resultieren“, beobachtet Dr. Andersen.

Ein vielseitiges, labelfreies Instrument

Der leitende Forscher fährt mit einer Beschreibung der Möglichkeiten der neuen Plattform fort: „Kanzeröse Zellen haben einen höheren Stoffwechsel als die benachbarten, nicht kanzerösen Zellen, was auf eine höhere Blutzirkulation und ein höheres Gefäßwachstum in der Umgebung verdächtiger Läsionen hindeutet. Nach dem Heranzoomen auf eine Läsion auf der zellularen Längenskala können wir die Blutzirkulation, den Stoffwechsel und molekularspezifische Informationen messen, um kanzeröse Läsionen bei zellularer Auflösung zu ermitteln. Unsere Technologie ist ein Allzweckgerät, ein Novum in der Darmuntersuchung, und, was am wichtigsten ist, labelfrei, das heißt, wir müssen Patientinnen und Patienten keine Farbmittel oder Biomarker injizieren, um verdächtige Stellen hervorzuheben.“ Eine mangelnde Sensibilisierung und negative Einstellung in Bezug auf Darmspiegelungen verhindern derzeit eine Früherkennung der Erkrankung. Laut Dr. Andersen unterziehen sich aktuell lediglich 14 % der EU-Bevölkerung einem Screening. „Bei einer frühzeitigen Intervention könnten wir so viel mehr erreichen, mehr Leben retten und Gesundheitskosten mindern“, lautet sein Fazit, und beschreibt das Projekt als „bedeutsamen Schritt auf dem Weg zur Bekämpfung dieser Erkrankung.“ PROSCOPE (Point-of-care instrument for diagnosis and image-guided intervention of Colo-Rectal Cancer) plant die Durchführung klinischer Studien bei Projektpartner Medizinische Universität Wien, ehe die Projektarbeit Ende 2023 abgeschlossen wird. Weitere Informationen: PROSCOPE Projektwebsite

Schlüsselbegriffe

PROSCOPE, Krebs, Dickdarm, Darm, Photonik, optische Bildgebung, Läsion, Darmspiegelung