Genauere Erhebung von Ernährungsdaten
Moderne Medizintechnik kann viel: sportliche Aktivitäten dokumentieren, genetische Risikofaktoren ermitteln und inzwischen auch Krankheitsrisiken vorhersagen. Zuverlässige Erhebungen zur menschlichen Ernährungsweise waren bisher allerdings nicht möglich. Die genaue Dokumentation verzehrter Nahrungsmittel ist noch immer schwierig und eine der größten Hürden, um deren Einfluss auf den Stoffwechsel bzw. entsprechende Krankheiten zu klären. „Dass derzeitige Erhebungsmethoden verschiedenste Schwachstellen haben, ist bekannt“, sagt Lorraine Brennan, Professorin für Humanernährung am University College Dublin. „So fällt es Menschen meist schwer, sich genau zu erinnern, was sie verzehrt haben, und in welchen Mengen.“ Unterstützt durch das EU-finanzierte Projekt A-DIET sollten Brennan und ihr Team diese Schwachstellen beseitigen und Erhebungsmethoden mit neuen Ansätzen präzisieren. „Die Diskrepanz zwischen vorgeblichem und tatsächlichem Verzehr auszuräumen könnte sich als entscheidend erweisen, um Zusammenhänge zwischen Ernährungsweise und Krankheitsrisiken herauszufinden“, fügt Brennan hinzu.
Objektive Messung des Verzehrs
Im Mittelpunkt des vom Europäischen Forschungsrat unterstützten Projekts steht der sogenannte Nutrityp, ein relativ neues Konzept, das den Nahrungsmittelverzehr aus metabolomischen Daten herleitet. Wie Brennan erläutert, befasst sich die Metabolomik mit der Analyse von Metaboliten, d.h. kleinen Molekülen, die im Zuge der Nahrungsaufnahme als Zwischenstufen oder Abbauprodukte bei Stoffwechselprozessen entstehen. Metaboliten eignen sich daher als Biomarker für verzehrte Nahrung. „Der Ansatz bietet Möglichkeiten für objektive Erhebungen zum Verzehr“, erklärt Brennan. So zeigten etwa frühere Studien, dass Biomarker aus dem Urin Aufschluss über den Verzehr bestimmter Lebensmittel geben können, etwa Zitrusfrüchte, Äpfel oder Hühnerfleisch. „Darauf bauten wir nun ein Modell auf, mit dem Ernährungstypen nur anhand von Biomarkern aus dem Urin unterschieden werden können“, fügt Brennan hinzu. „Damit entfallen mühsame Aufzeichnungen zum eigenen Verzehr, was genaue Erhebungen bislang maßgeblich erschwerte.“
Neue Lösungen
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie die Projektbeteiligten Biomarker nutzten, um Ernährungsdaten zu erheben. So wurden auch Methoden und Werkzeuge entwickelt, um die selbstberichteten Daten mit Messresultaten abzugleichen und so fehlerhafte eigene Aufzeichnungen zu korrigieren. „Mit unseren neuen Biomarkern für die menschliche Nahrungsaufnahme leisteten wir Vorarbeit für künftige biomarkerbasierte Ansätze“, so ihre Überzeugung. Doch auch hier sorgte die COVID-19-Pandemie dafür, dass sich die Forschungen verzögerten. „Über Nacht mussten wir das Labor schließen, die Versuche einstellen und im Homeoffice arbeiten“, erinnert sich Brennan. „Durch diesen Stress geriet unser Projekt sehr in Verzug. Wir mussten den Fokus neu ausrichten und vorerst nur Datenanalysen und Dokumentation in den Mittelpunkt stellen.“ Trotz dieses Rückschlags gelangen jedoch bedeutsame Fortschritte auf diesem Gebiet. Laut Brennan ging dieser Erfolg vor allem auf die motivierte, multidisziplinäre Teamarbeit zurück. „Ich bin sehr stolz auf unsere Teamarbeit im Bereich Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften, analytischer Chemie und Statistik, die auch im Homeoffice neue Ansätze entwickelte, um Ernährungsanalysen zuverlässiger zu machen“, sagt sie. Mehrere der von A-DIET entwickelten Biomarkermethoden werden bereits eingesetzt, um neue Zusammenhänge zwischen Ernährung und Krankheitsrisiken zu finden.
Schlüsselbegriffe
A-DIET, Ernährungserhebung, Biomarker, Ernährung, Krankheit, Verzehr, Gesundheit, Nahrung, Nutrityp, Stoffwechsel