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Genetische Befunde legen nahe, dass wir die Behandlung von Herzinsuffizienz überdenken sollten

Eine neue Studie hat ergeben, dass Herzinsuffizienz aufgrund von Mutationen in bestimmten Genen auftritt. Ebnet das den Weg zu einer besseren, individuelleren Behandlung?

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Weltweit leiden etwa 23 Millionen Menschen unter Herzinsuffizienz. Krankheiten des Herzmuskels, die es dem Herzen erschweren, Blut durch den Rest des Körpers zu pumpen – etwa dilatative Kardiomyopathie und arrhythmogene Kardiomyopathie – können zu Herzinsuffizienz führen. Doch die gängigen Behandlungen reichen oft nicht aus, da diese speziellen Bedingungen nicht beachtet werden. Die systematische Bestimmung der Moleküle und Pfade, die zur Herzinsuffizienz führen, könnte die Grundlage für wirksamere Behandlungen werden. Zu diesem Zweck hat ein internationales Forschungsteam Einzelkern-RNA-Sequenzierung angewandt, um Erkenntnisse zu den Veränderungen zu erhalten, die in verschiedenen Zelltypen und Zellzuständen vorkommen. Ihre Forschung wurde zum Teil vom EU-finanzierten Projekt CodingHeart unterstützt und führte zu einigen überraschenden Ergebnissen. Einige genetische Signaturen kommen zwar bei gesunden und kranken Herzen vor, doch andere sind klar abgetrennt. Das weist auf neue Kandidaten für eine gezielte Therapie hin und deutet an, dass eine personalisierte Behandlung für eine bessere Patientenversorgung sorgen könnte. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht. „Unsere Ergebnisse bergen enormes Potenzial dafür, dass wir überdenken, wie Herzinsuffizienz behandelt wird, und weisen die Wichtigkeit nach, die Ursachen und Mutationen zu verstehen, die Veränderungen unserer Herzfunktion herbeiführen könnten“, wird die Mitautorin Dr. Christine E. Seidman in einem Artikel auf „Newswise“ zitiert. Dr. Seidman ist Thomas W. Smith Professorin für Medizin an der Harvard Medical School und Leiterin des Zentrums für kardiovaskuläre Genetik am Brigham and Women’s Hospital.

Die Bedeutung der Genotypisierung

„Das ist Grundlagenforschung, doch sie bestimmt Ziele, die experimentell weiter untersucht werden können, um die zukünftige Therapeutik voranzubringen“, führt Dr. Seidman weiter aus. „Unsere Ergebnisse zeigen auch die Bedeutung der Genotypisierung auf – diese stärkt nicht nur die Forschung, sie kann auch zu besserer, personalisierter Behandlung von kranken Menschen führen.“ Das Forschungsteam analysierte Gewebeproben von 18 gesunden Spendenden und 61 Menschen mit Herzinsuffizienz mit dilatativer oder arrhythmogener Kardiomyopathie oder einer unbekannten Art der Kardiomyopathie. Anhand der Einzelkern-RNA-Sequenzierung untersuchten sie die genetischen Ablesungen einzelner Zellen, um zelluläre und molekulare Veränderungen in den einzelnen Zelltypen zu bestimmen. Aus den etwa 881 000 aus gesunden und kranken Herzen isolierten Zellkernen bestimmten die Forschenden 10 zentrale Zelltypen und 71 verschiedene Transkriptionsstadien. Im Gewebe von Menschen mit dilatativer oder arrhythmogener Kardiomyopathie waren die Kardiomyozyten – die Zellen, durch die das Herz sich zusammenzieht und so Blut durch den Rest des Körpers pumpt – deutlich verringert, während Endothel- und Immunzellen vermehrt vorkamen. Außerdem war zwar das Bindegewebe der kranken Herzen dicker und vernarbter, doch unerwarteter Weise war die Anzahl der Fibroblasten – der Zellen, die zur Bildung von Bindegewebe beitragen – nicht erhöht. Stattdessen wiesen sie veränderte Transkriptionsstadien auf. Weitere Analysen von Herzen mit Mutationen in bestimmten Krankheitsgenen, darunter den mit dilatativer Kardiomyopathie verbundenen Genen LMNA und TTN und dem mit Arrhythmie zusammenhängenden Gen PKP2, offenbarten molekulare und zelluläre Unterschiede sowie mehrere gemeinsame transkriptionelle Veränderungen. Das Team nutzte zudem Ansätze des maschinellen Lernens aus, um Zell- und Genotypmuster in den Daten zu untersuchen. Dank des bemerkenswert hohen Niveaus der Prognosen von Genotypen für die einzelnen Herzproben konnten sie so bestätigen, dass Genotypen ganz spezifische Pfade zur Herzinsuffizienz aktivieren. Der Projektträger von CodingHeart (Novel Coding Factors in Heart Disease) ist das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft in Deutschland. Das Projekt läuft im Dezember 2023 aus. Weitere Informationen: CodingHeart-Projekt

Schlüsselbegriffe

CodingHeart, Herz, Herzinsuffizienz, Zelle, dilatative Kardiomyopathie, arrhythmogene Kardiomyopathie, Gen, Einzelkern-RNA-Sequenzierung

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