Fernüberwachung von Herzdaten für eine personalisierte Behandlung
Herzversagen ist eine chronische Erkrankung, von der weltweit 26 Millionen Menschen betroffen sind – und das Problem wird größer. Herzversagen ist ein komplexes klinisches Syndrom, das sich dadurch auszeichnet, dass die Herzpumpe keine hinreichende Blutzirkulation erreicht, um den Bedarf des Körpers zu decken. Ungeachtet der großen Fortschritte in Therapie und Prävention ist die Sterblichkeitsrate und Morbidität, die aus einem Herzversagen hervorgeht, nach wie vor hoch und mit einer schlechten Lebensqualität verbunden. Der früheste und spezifischste Prädiktor für ein schlimmer werdendes Herzversagen ist ein Druckanstieg im linken Herzvorhof (engl. LAP). Ein Druckanstieg im linken Herzvorhof konnte bislang nur in einer Krankenhausumgebung gemessen werden und verlangte die Krankenhausaufnahme von Patientinnen und Patienten – die Methode war somit für ein tägliches Behandlungsprotokoll ungeeignet, das für die Früherkennung der Herzerkrankung und für das anschließende Krankheitsmanagement erforderlich ist. Das EU-finanzierte Projekt V-LAP ging diese Herausforderung durch die Entwicklung eines in das Herz implantierten digitalen Sensors an, der an der Herzscheidewand sitzt und kontinuierlich den Druck des linken Herzvorhofs überwacht und das Ärztepersonal über potenziell lebensbedrohliche Veränderungen warnt. „Diese proaktive Technologie kann die Verschlechterung eines Herzversagens erkennen, bevor die Patientinnen und Patienten auch nur Symptome spüren, sodass Ärztinnen und Ärzte Komplikationen schneller beheben können“, bemerkt Projektkoordinator Dedi Erdheim.
Einfach in der Anwendung und benutzerfreundlich
Das winzige, röhrenförmige Gerät passiert die Venen der Patientinnen und Patienten und wird durch einen minimal invasiven Eingriff unter Verwendung eines herkömmlichen Katheters im Herz positioniert. „Die Patientinnen und Patienten tragen täglich nur eine Minute lang eine gürtelähnliche ambulante Einheit für das ferngesteuerte Aufladen des Sensorimplantats; per Tastendruck werden die erfassten Patientendaten in die Cloud übertragen. Die Daten werden zusammengestellt, analysiert und an die Pflegekraft gesendet, die aus der Ferne bedarfsweise die medikamentöse Behandlung einstellen kann“, erklärt Erdheim. Die Überwachung ist an jedem Ort möglich, sodass die Patientinnen und Patienten weiter ein normales Leben führen können. Aufgrund einer frühen Erkennung, einer größeren Miteinbeziehung, einer ganzheitlichen Überwachung und der Nutzung von KI ermöglicht der „Mikrocomputer“ von V-LAP bessere klinische Ergebnisse. Das System bietet Patientinnen und Patienten durch eine optimale Therapie, ein selbständiges Krankheitsmanagement, einen schnellen Eingriff und eine Rund-um-die-Uhr-Fernüberwachung eine Behandlung nach höchsten Maßstäben.
Pionierforschung für den Wandel von einer reaktiven zu einer proaktiven Gesundheitsversorgung
Die aktuelle Coronavirus-Krise und die Empfehlungen zur sozialen Distanzierung haben den Wert einer Fernüberwachung von Patientinnen und Patienten mit Herzversagen verdeutlicht, da diese während der Pandemie zu den gefährdetsten Risikogruppen zählen. „Patientinnen und Patienten, die mit V-LAP ausgerüstet sind, brauchen das Haus für regelmäßige Untersuchungen nicht zu verlassen, da ihre Ärztinnen und Ärzte vollen Datenzugriff haben und die medikamentöse Behandlung aus der Ferne einstellen können, was kostbare Zeit spart und eine frühe, personalisierte Behandlung für die Patientinnen und Patienten ermöglicht, die dabei hilft, eine Verschlechterung der Krankheit zu vermeiden“, beobachtet Erdheim. V-LAP ebnet jetzt den Weg für den Wandel von einer reaktiven zu einer proaktiven Gesundheitsversorgung. „In wenigen Jahren werden alle Patientinnen und Patienten mit einer chronischen Herzerkrankung durch Mikrosensoren im Körper überwacht, die entlang des Herz-Kreislauf-Systems angebracht sind und ferngesteuert betrieben werden, um wertvolle physiologische Daten zu erfassen, die eine bessere Behandlung ermöglichen, früh genug, damit Menschen länger und erfüllter leben können“, lautet das Fazit von Erdheim. „Wir sehen erhebliches Interesse von führenden Herstellungsunternehmen medizinischer Geräte, die verstehen, dass diese bahnbrechende Technologie bestehende therapeutische medizinische Geräte weitaus intelligenter machen kann, da eine datengestützte Behandlung und das Management von Herzerkrankungen ermöglicht wird“.
Schlüsselbegriffe
V-LAP, Herzversagen, Fernüberwachung, Sensor, personalisierte Behandlung, Implantat