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Catholicism and the “Negro Question”: Religion, Racism, and Antiracism in a Transnational Perspective (United States and Europe, 1934-1968)

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Interrassismus in der katholischen Kirche: zwischen Rassismus und militantem Antirassismus

Ein EU-finanziertes Projekt beleuchtet den Umgang der römisch-katholischen Kirche mit Rassismus aufgrund der Hautfarbe von der Zwischenkriegszeit bis zur Bürgerrechtsära und Modernisierung der 1960er Jahre.

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Die Forschung zu Ethnie und Rassismus ist in den letzten 40 Jahren ausgeweitet worden, eine analytische Rekonstruktion der Geschichte des Antirassismus als globale Ideologie des 20. Jahrhunderts steht jedoch noch aus. „Ausgangspunkt für die Untersuchung muss unweigerlich sein, Antirassismus als heterogene, pluralistische, zuweilen widersprüchliche und sich mit der Zeit verändernde Meinungsbewegung zu betrachten. Dies trifft auch auf die Herangehensweise religiöser Organisationen, insbesondere des römischen Katholizismus, an das Thema ‚Rassengrenze‘ zu“, erklärt Matteo Caponi, Projektkoordinator des von der EU finanzierten Projekts US-E AntiRacism. In diesem Sinne setzte sich das im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützte Projekt US-E AntiRacism zum Ziel, zwei gegensätzliche Klischees zu dekonstruieren, die sowohl die wissenschaftliche als auch die öffentliche Debatte beeinflussen. „Es geht um die Polarisierung zwischen der Annahme eines ‚natürlichen‘ christlichen Antirassismus und einer Definition weißer Vorherrschaft, die in den Grundpfeilern des westlichen Christentums verankert ist“, erklärt Caponi.

Die Begriffe Rassismus und Antirassismus

„Eines der interessantesten Ergebnisse des Projekts war die Feststellung, dass der Begriff des Antirassismus erst in den 1960er Jahren Einzug in den katholischen Diskurs hielt – und das nur unter großen Schwierigkeiten“, berichtet Caponi. Vor dieser durchschlagenden Entwicklung stützten sich die Menschen katholischen Glaubens, die Rassismus als antichristliche Strömung ablehnten, auf eine eher ambivalente Perspektive, die unter dem Begriff „Interrassismus“ zusammengefasst werden kann. „Rassismus“ und „Antirassismus“ waren Kategorien, die angesichts des Nationalsozialismus als beschreibende und polemische Instrumente entstanden. Dieser Ursprung beeinflusste die Prämissen und Verfahren der Kirche stark, bis die rassenbasierte Weltanschauung ab den 1960er Jahren diskreditiert wurde. Um diese Argumentation zu stützen, kombinierte das Projekt verschiedene Quellen und Sichtweisen. So wurde im Rahmen des Projekts die komplexe Entwicklung der katholischen Denkweise vom paternalistischen Paradigma des sogenannten „Negerapostolats“, das das Wohlergehen schwarzer Menschen gewährleisten sollte, bis zur Verurteilung von Rassendiskriminierung in den 1960er Jahren nachgezeichnet. „Diese Veränderung war mit der Mediatisierung dreier Phänomene verbunden: der Jim-Crow-Segregation in den Vereinigten Staaten, der Apartheid in Südafrika und der Entkolonialisierung“, fügt Caponi hinzu. Die Projektforschung zeigte zudem, wie ein zunehmend globalisierter Fokus auf die Schwarze Frage allmählich eine neue katholische Sensibilität ausbildete. „Die Wahrnehmung von Rassismus als übergeordnetes Thema wurde von den amerikanischen interrassistischen katholischen Gläubigen in der Konfrontation mit der Bedrohung durch den rechten Totalitarismus geradezu ‚entdeckt‘. Andererseits überdachten Menschen katholischen Glaubens in Frankreich, Italien und dem Heiligen Stuhl ihren Standpunkt entsprechend den Ereignissen außerhalb Europas. Dieser Prozess des wechselseitigen Austauschs und der gegenseitigen Bereicherung war jedoch durch Selbstfreispruch gefärbt und zeichnete Rassismus so im Grunde genommen als exogene Erscheinung“, betont Caponi. Es muss zudem angemerkt werden, dass diejenigen, die den katholischen Diskurs gestalteten, in den 1950er Jahren vorübergehende Rassendiskriminierung in bestimmten Situationen üblicherweise für legitim und nicht per se rassistisch hielten. Das traf vor allem auf Rassismus aufgrund der Hautfarbe zu.

Prägung der Geschichte des katholischen Antirassismus

US-E AntiRacism bietet eine umfassende Untersuchung des katholischen Diskurses über Rassismus aufgrund der Hautfarbe und denkt dabei frühere Geschichtsschreibung im Lichte der kulturellen/globalen Wende neu. Das Projekt hat darüber hinaus weiterreichende gesellschaftliche Auswirkungen, da es die gegenwärtige Debatte über die Verknüpfungen zwischen Antirassismus, Christentum und „weißen Privilegien“ in einen historischen Zusammenhang rückt. „Diese Forschungsarbeit soll einen kleinen Beitrag dazu leisten, der gegenwärtigen Tendenz öffentlicher Debatten über Rassismus und Antirassismus entgegenzuwirken – diese scheinen wissenschaftliche und kritische Auseinandersetzung oft vollständig zu absorbieren und starre Positionen sowie forcierte Interpretationen anstatt nuanciertere Untersuchungen der Vergangenheit zu fördern“, schließt Caponi.

Schlüsselbegriffe

US-E AntiRacism, Antirassismus, Rassismus, Rassismus aufgrund der Hautfarbe, Interrassismus, römisch-katholische Kirche

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