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Nativism, Islamophobism and Islamism in the Age of Populism: Culturalisation and Religionisation of what is Social, Economic and Political in Europe

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Mit der Radikalisierung von Jugendlichen in Europa einfühlsam umgehen

Ein vom Europäischen Forschungsrat (ERC) finanziertes Projekt beleuchtet mithilfe vielfältiger und eingehender qualitativer Untersuchungen den Rechtsextremismus und die Radikalisierung muslimischer Jugendlicher im heutigen Europa.

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In den vergangenen Jahrzehnten befanden wir uns an einem historischen Wendepunkt, der durch die Zuspitzung ethnokultureller und religiöser Spannungen in der EU gekennzeichnet ist und durch zwei große Krisen, nämlich die weltweite Finanzkrise und die Flüchtlingskrise, beeinflusst wurde. Das ERC-finanzierte Projekt ISLAM-OPHOB-ISM nutzte ein einziges Brennglas, um die Faktoren und Prozesse zu analysieren, die der Radikalisierung zweier Gruppen europäischer Jugendlicher zugrunde liegen: einheimischer Gruppen, die als rechtsextrem eingestufte Bewegungen unterstützen, und muslimischer Gruppen mit Migrationshintergrund, die sich mit dem Islam identifizieren. In zwei Interviewrunden in den Jahren 2020 und 2021 führte das Forschungsteam 307 Befragungen in vier europäischen Ländern durch: Belgien, Deutschland, Frankreich und Niederlande. Ausgewählt wurden einheimische Befragte aus mittelgroßen bis großen Städten abseits der Metropolen (Aalst, Dresden, Gent, Lyon und Rotterdam) und sich selbst als muslimisch identifizierende Gesprächsbeteiligte aus den Hauptstädten (Amsterdam, Berlin, Brüssel und Paris). „Als Gesprächsgrundlage des Projekts diente die neoliberale politische Tendenz, Radikalisierung zu kriminalisieren und als krankhaft zu bewerten, indem dieser Begriff auf Extremismus und Terrorismus heruntergebrochen wird“, erklärt Studienleiter Ayhan Kaya. „Abweichend von diesem Verständnis sind viele Jugendliche anfällig für gewaltlose Radikalisierungen, die aus einer tiefgreifenderen Suche nach reflexivem Bewusstsein resultieren“, argumentiert Postdoktorand Metin Koca.

Reaktionären Radikalismus verstehen

Den Ergebnissen von ISLAM-OPHOB-ISM zufolge neigen Personen, die sich vernachlässigt, ausgeschlossen, ausgegrenzt, entfremdet und vergessen fühlen, zu einer reaktionären Form der Radikalisierung, die häufig von antisystemischen politischen und gesellschaftlichen Formationen wie rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen ausgenutzt wird. Eines der überraschendsten Ergebnisse scheint zu sein, dass die Verbreitung des islamfeindlichen Diskurses viel geringer war als erwartet. Die einheimischen Jugendlichen konzentrierten sich vor allem auf die sozioökonomischen, politischen, räumlichen und sehnsuchtsbeladenen Formen der Entbehrung, die sie im Alltag erleben. „Die wirksamste Deradikalisierungsstrategie wäre es, Programme zu schaffen, die die Wut und Angst, die durch ausgrenzende Faktoren wie Arbeitslosigkeit und Diskriminierung verursacht werden, verringern“, schlägt Postdoktorandin Ayşe Benevento vor. Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis lag in der Erkenntnis, wie sehr alle an den Gesprächen beteiligten Personen es schätzten, über ihren Alltag zu sprechen und mit den Forschenden über die erlebten Schwierigkeiten zu reden. Letztere stehen meist im Zusammenhang mit verschiedenen Formen von intersektioneller Diskriminierung, durch Vorurteile geprägte Ettiketierung, festlegendes Framing, Ausgrenzung und Demütigung. Beide Jugendgruppen begrüßten die Gelegenheit, sich über Gefühle und wahrgenommene Diskriminierungen auszutauschen. Dies veranlasste die Forschenden, einen Akt des aktiven Zuhörens zu initiieren, indem sie den Hashtag #LendThemYourEars erstellten, über den die Jugendlichen ihre Äußerungen über das Twitter-Konto des Projekts mit der Öffentlichkeit teilen konnten.

Forschungsergebnisse für einen wirksamen Deradikalisierungsprozess konsolidieren

Auf der Grundlage des umfangreichen Korpus an Veröffentlichungen, die das Projekt hervorgebracht hat, wird das Team politische Empfehlungen für Interessengruppen auf lokaler, nationaler und transnationaler europäischer Ebene ausarbeiten. Einer der wichtigsten Gründe für die Radikalisierung von Jugendgruppen ist gemäß den Projektergebnissen die Tatsache, dass viele staatliche Stellen nicht mehr in die Errichtung von Kultur-, Jugend- und Gemeinschaftszentren investieren. Die jungen Menschen wünschen sich Popkultur, Kunst, Musik, Tanz, Performativität und sportliche Aktivitäten, die sie zusammenbringen, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Dabei können sie ihre Gefühle der Entfremdung und des strukturellen Außenseitertums nicht durch ontologische Gewalt, sondern durch ästhetische Formen wie Musik, Tanz, Graffiti, Malerei und Sport ausdrücken. Dazu strebt ISLAM-OPHOB-ISM an, Organisationen der Zivilgesellschaft, Universitäten, Schulen und Gemeinden einzubeziehen.

Schlüsselbegriffe

ISLAM-OPHOB-ISM, Extremismus, Diskriminierung, Radikalisierung von Jugendlichen, Rechtsextremismus, Deradikalisierung, muslimische Jugendliche, europäische Jugendliche, Islamfeindlichkeit

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