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Untersuchung der Maßnahmen gegen Hassdelikte gegen lesbische, schwule, bisexuelle und transsexuelle Menschen in Südosteuropa

Die Durchsetzung von Gesetzen gegen Hassdelikte in einigen südost- und osteuropäischen Ländern mit einer mangelhaften Bilanz in Bezug auf Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT) wirft Fragen auf. Das Verständnis dafür, wie, wann und warum diese Länder gegen LGBT-Gewalt vorgehen, wird letztlich zu einem wirksameren Schutz von Angehörigen der Gemeinschaft führen.

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Das im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanzierte Projekt ENTER untersucht die Faktoren, die zu Veränderungen in der Reaktion auf hassmotivierte Straftaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender in Georgien und Nordmazedonien führen – zwei Ländern, die den Beitritt zur EU anstreben. Zu den Forschungsbereichen gehören der Rechtsrahmen, die Strafverfolgung, die Strafvollstreckung, die Urteilsfindung und die Datenerhebung. Zu diesem Thema wurden in beiden Ländern bisher nur wenige Untersuchungen durchgeführt. In über 30 Interviews mit Personen aus der Zivilgesellschaft, politischen Verantwortlichen sowie nationalen und internationalen Staatsbediensteten wurde festgestellt, dass Georgien, das dafür kritisiert wird, Hassreden und Gewalt bei Pride-Veranstaltungen zu dulden, in letzter Zeit Schritte unternommen hat, um gegen LGBT-Hassdelikte in anderen Zusammenhängen als Pride vorzugehen und diese zu verfolgen. Im Jahr 2021 verzeichnete Georgien die höchste Zahl von hassmotivierten Straftaten gegen LGBT (106 Vorfälle) in Osteuropa. Gesetze zum Schutz der sexuellen Orientierung vor Hassdelikten wurden 2012 eingeführt, blieben jedoch bis vor kurzem weitgehend unwirksam. Im Gegensatz dazu hat Nordmazedonien einen umfassenderen Prozess zur Entwicklung von Gesetzen gegen Hasskriminalität durchlaufen, wobei die Gesetze seit ihrer Einführung im Jahr 2009 mehrfach reformiert wurden. Mit der letzten Reform im Jahr 2018 wurde der Schutz für Opfer von Hassverbrechen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität erweitert. Diese Gesetze müssen jedoch erst noch aktiv umgesetzt werden.

Zwei Schritte vorwärts, ein Schritt zurück

„Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass es sowohl in Georgien als auch in Nordmazedonien merkliche, wenn auch nur marginale Fortschritte gibt“, erklärt Piotr Godzisz von der Université libre de Bruxelles in Belgien, an der das ENTER-Projekt durchgeführt wird. „Manchmal beschränken sich die Fortschritte auf kleine Bereiche bewährter Verfahren, was sie noch wichtiger und interessanter macht. Um die Antriebskräfte hinter diesen Veränderungen zu verstehen, ist eine neue Perspektive erforderlich, die sowohl die politischen als auch die kriminologischen Aspekte der Bekämpfung von Hasskriminalität berücksichtigt.“ Die Untersuchung legt nahe, dass die Fortschritte in beiden Ländern durch eine Kombination von Faktoren beeinflusst werden. Zum einen sind die politisch Verantwortlichen motiviert, ihren internationalen Ruf zu verbessern und von der EU-Integration zu profitieren. Allerdings stehen die Regierungen in Ländern, in denen die Akzeptanz von LGBT-Personen schwach ist, auch vor der Herausforderung, die potenziellen politischen Kosten zu bewältigen, die mit der Umsetzung dieser Politik einhergehen. Zum anderen wird die erfolgreiche Umsetzung dieser Veränderungen durch eine engagierte Gemeinschaft von Fachleuten und Interessengruppen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Regierung erleichtert. Sie bemühen sich, internationale Standards und wirksame Verfahren in die Tat umzusetzen. Ihr Engagement, das durch den anhaltenden Druck der EU unterstützt wird, geht über die bloße Verabschiedung von Gesetzen hinaus und hat Möglichkeiten für greifbare Veränderungen geschaffen. „Dennoch ist es wichtig zu erkennen, dass diese Fortschritte nach wie vor prekär sind und von den vorherrschenden politischen Umständen abhängen“, erläutert Godzisz. Um die Empathie der Öffentlichkeit gegenüber Opfern von Anti-LGBT-Gewalt zu verstehen, wurde eine Umfrage unter mehr als 10 000 Personen in zehn europäischen Ländern durchgeführt. Sie ergab, dass LGBT-Opfer tendenziell weniger wohlwollend betrachtet werden. Darüber hinaus kann der Umfang der Unterstützung, die Opfer erhalten, selbst innerhalb der LGBT-Gemeinschaft variieren. Die im „Journal of Interpersonal Violence“ veröffentlichten Ergebnisse könnten als Grundlage für künftige Forschungsarbeiten und politische Entscheidungen dienen. Eine von Godzisz geleitete Studie in „The International Journal of Human Rights“ befasste sich mit der Frage, warum Länder Gesetze gegen Hassverbrechen gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT) erlassen und wer dazu beiträgt, dass diese Änderungen umgesetzt werden. Mit Schwerpunkt auf Polen zeigten die Ergebnisse, dass lokale Aktivistinnen und Aktivisten, die gegen Anti-LGBT-Gewalt kämpfen, internationale Unterstützung in Anspruch nehmen, um auf bessere Gesetze zu drängen. Sie schließen sich mit verschiedenen Netzwerken zusammen, um die Menschenrechtsinstitutionen der Vereinten Nationen zu erreichen, die wiederum Druck auf die polnische Regierung ausüben, um die Gesetze gegen Hassverbrechen zu verbessern. Das zweijährige Projekt ENTER (Diffusion of laws addressing anti-LGBT violence to South-East European countries) läuft bis August 2023.

Schlüsselbegriffe

ENTER, LGBT, Anti-LGBT, lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, Hassverbrechen, Menschenrechte, Gewalt