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Domestication in Action - Tracing Archaeological Markers of Human-Animal Interaction

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Auf den Spuren der Domestikation der Tiere bei finnischen Rentieren

Die üblichen Marker für die Domestikation sind bei Rentieren nur schwer zu finden, weshalb die Forschenden neue Methoden entwickelt haben, um diese lange Beziehung zwischen Mensch und Tier zu verstehen.

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Bei dem Wort Domestikation denkt man gewöhnlich an Schafe, Pferde, Hunde, Kühe und Schweine. Diese Arten haben eine lange und gut dokumentierte Geschichte der Domestikation durch den Menschen, und als solche kontrolliert der Mensch einen Großteil ihres Lebens – von der Ernährung über die Bewegung bis zur Zucht. Die Domestikation durch den Menschen prägt die genetische und physiologische Ausstattung der Tiere und hinterlässt bestimmte Merkmale und erkennbare Marker, wie z. B. eine veränderte Körpergröße und ein fügsames Verhalten. Rentiere wurden zwar in gewissem Sinne domestiziert, standen aber nie unter einer solchen Kontrolle. „Obwohl sich die Rentierhaltung im Laufe der Zeit verändert hat, basierte die Lebensgrundlage immer auf einer gewissen Freiheit der Tiere“, erklärt Anna-Kaisa Salmi, Professorin für Archäologie an der Universität Oulu und Koordinatorin des Projekts DOMESTICATION. „Daher funktionieren die „klassischen“ Domestikationsmarker bei Rentieren nicht besonders gut.“ Im Rahmen des Projekts DOMESTICATION, das vom Europäischen Forschungsrat finanziert wurde, untersuchten die Forschenden die früheren Beziehungen zwischen Mensch und Rentier, um Hinweise auf eine Domestikation zu finden. „Eine Kombination aus archäologischen Daten und traditionellem Wissen hat zu einem neuen Verständnis der Rentierdomestikation als einer Beziehung geführt, die sich aus alltäglichen Aktivitäten und Begegnungen zwischen den Partnern Mensch und Tier ergibt und sich in einer sich verändernden Welt ständig weiterentwickelt“, fügt Salmi hinzu.

Neue Untersuchungspfade für die Domestikation erproben

Um die Partnerschaft zwischen Mensch und Rentier im Laufe der Zeit zu untersuchen, analysierte das DOMESTICATION-Team eine Reihe von Rentierproben aus archäologischen Ausgrabungen in Nordfinnland, Norwegen und Schweden. Im Rahmen des Projekts wurden außerdem neue Methoden erarbeitet, um die Interaktionen zwischen Mensch und Rentier im Laufe der Zeit zu ermitteln, einschließlich der Rekonstruktion körperlicher Aktivitäten, die möglicherweise zu Veränderungen an den Muskeln und Bändern, die mit den Knochen verbunden sind, sowie zu pathologischen Läsionen geführt haben. Ebenso wurden stabile Isotope in den Knochen, die auf Veränderungen in der Ernährung der Tiere hinweisen können, analysiert. Schließlich wurden projektintern auch heutige Rentier hütende Personen befragt, um die heutigen Verhältnisse bei der Ausbildung von Rentieren und bei Rentierrennen zu verstehen.

Die Entwicklung der Rentierzucht beleuchten

Das Projektteam warf ein neues Licht auf die Chronologie der Rentierzucht bei den Sámi und zeigte nicht nur, wann und wo, sondern auch „wie“ die Menschen mit domestizierten Rentieren lebten. Die Forschungen festigten die Vorstellung, dass der Übergang zur Rentierhaltung in kleinem Maßstab um das 7. Jahrhundert n. Chr. erfolgte. In dieser frühen Phase, zwischen 700 und 1400 n. Chr., waren die Rentierherden klein, und die Lebensgrundlage der Menschen wurde durch Jagen, Fischen und Sammeln ergänzt. „Unsere Untersuchungen haben bestätigt, dass die Rentierfütterung und der Einsatz von Zugrentieren bereits in dieser Zeit praktiziert wurden“, so Salmi. „Die Analyse alter DNA (aDNA) sowie osteologische Analysen belegen, dass die Jagd auf Wildrentiere immer noch praktiziert wurde und kulturell bedeutsam war.“ Um 1400-1600 n. Chr. kam es zu einem Übergang zur mobilen Rentierweidewirtschaft. Anhand von aDNA-Forschungen konnte das Team belegen, dass dieser Übergang mit einer Veränderung der religiösen Rituale und der Siedlungsmuster einherging.

Nach weiteren Informationen in alten Pollen suchen

Die Forschung wird im Rahmen eines neuen, von der Finnischen Kulturstiftung finanzierten Projekts fortgesetzt, bei dem Pollenproben aus dem arktischen Finnland analysiert werden, um die Auswirkungen der Rentierjagd und der Rentierhaltung auf die Pflanzenwelt zu ermitteln. „Das Projektteam wird die langfristigen Veränderungen der biologischen Vielfalt im Zusammenhang mit den Veränderungen bei der Rentierjagd und -haltung erforschen“, fügt Salmi hinzu. Ein konkretes Ergebnis des Projekts DOMESTICATION ist ein Buch: Domestication in Action – Past and Present Human-Reindeer Interaction in Northern Fennoscandia, das im Jahr 2022 veröffentlicht wurde. „Es war wirklich eine Gruppenleistung, und ich bin sehr stolz darauf“, sagt Salmi.

Schlüsselbegriffe

Domestikation, Rentiere, Analyse, Knochen, biologische Vielfalt, Herdenhaltung, alte DNA, Chronologie, Isotope

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