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Remote Memory Consolidation Based on Activity, Connectivity and Stability; Contribution of Neurons and Astrocytes.

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Erforschung der Mechanismen des Altgedächtnisses

Ein bahnbrechendes Projekt hat wegweisende Erkenntnisse über das Gedächtnis zutage gefördert, die das Potenzial haben, die Behandlung von Gedächtnisstörungen zu verändern.

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Erinnerungen, die sich über Wochen bis Jahrzehnte erstrecken, sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Identität und beeinflussen in erheblichem Maße, wie wir die Welt wahrnehmen. Das Altgedächtnis bezieht sich auf weit – Jahre oder sogar Jahrzehnte – zurückliegende Erinnerungen. Es umfasst sowohl spezifische Erinnerungen an das eigene Leben als auch allgemeine Erinnerungen an die Vergangenheit, einschließlich historischer Ereignisse oder Personen, fast wie Kapitel in der eigenen Autobiografie. Das Altgedächtnis, also sehr weit zurückliegende Erinnerungen, ist jedoch noch immer ein Rätsel. Das Projekt RECENT-TO-REMOTE hatte zum Ziel, dieses Phänomen zu untersuchen. Projektkoordinatorin Inbal Goshen, Professorin an der Hebräischen Universität Jerusalem, erläutert: „Nur ein Bruchteil der Erinnerungen des Neugedächtnisses gehen in das Altgedächtnis über, und das sind in der Regel die wichtigsten Erinnerungen, da die Langlebigkeit einer Erinnerung eng mit ihrer Bedeutung verbunden ist. Wir machten uns auf den Weg, um herauszufinden, warum.“ Das Team dieses vom Europäischen Forschungsrat finanzierten Projekts konzentrierte sich auf das Verständnis des Übergangs von Erinnerungen des Neugedächtnisses in das Altgedächtnis. Ziel der Initiative war es, zu verstehen, wie dieser Prozess funktioniert und was er für diejenigen bedeutet, die mit Gedächtnisstörungen wie der Alzheimer-Krankheit zu kämpfen haben.

Altgedächtnisverbindungen

Hauptziele des Projekts waren die Untersuchung der Gehirnzellengruppen, die an Neu- und Altgedächtnis beteiligt sind, die Untersuchung, wie Verbindungen im Gehirn dazu beitragen, dass Erinnerungen des Neugedächtnisses in das lang bestehende Altgedächtnis übergehen, und die Erforschung der Rolle von Astrozyten im Gedächtnis. Diese Ziele konnten jedoch nur dank neuer Technologien erreicht werden, die zu Beginn des Projekts noch nicht verfügbar waren. Dazu gehörten die Markierung von Gehirnzellen anhand ihrer Aktivität, um festzustellen, welche Zellen am Gedächtnis beteiligt sind, und die Überwachung der astrozytären Aktivität bei Mäusen. „Dank der Finanzierung konnten wir unser modernes Mikroskop aufrüsten“, erklärt Goshen. „Wir konnten beobachten, wie sich Astrozyten in Mäusen, die sich durch eine virtuelle Welt bewegen, chronisch verhalten. Wir waren die ersten, die das je durchgeführt haben!“ Astrozyten sind große Zellen, was es in der Vergangenheit schwierig machte, sie in ihrer Gesamtheit zu sehen. Aber dank der neuen Clear-brain-Techniken ist es möglich, sie umfassend abzubilden, und die Forschenden konnten fast 10 000 Mal mehr Astrozyten sehen als zuvor. Diese Untersuchung führte zu einigen aufregenden Entdeckungen: dass Neu- und Altgedächtnis ähnlich sind, aber mit der Zeit reifen, und dass Astrozyten das Gedächtnislernen durch gezielte Verbindungen im Hippocampus beeinflussen. Das Team von RECENT-TO-REMOTE kartierte zudem den Hippocampus in 3D mithilfe modernster CLARITY-Bildgebung, wobei die Neuronen und Astrozyten sowie die Interaktionen zwischen ihnen detailliert dargestellt wurden. Die Ergebnisse haben zusammen mit dem Projekt AgeConsolidate einen erheblichen Einfluss auf die aktuelle Gedächtnisforschung, was durch mehrere Veröffentlichungen in hochrangigen akademischen Zeitschriften belegt wird.

Unerwartete Erkenntnisse über Astrozyten

In einer unerwarteten Wendung verzeichneten die Forschenden ein wichtiges Ergebnis, nach dem sie gar nicht gesucht hatten. Auf der Suche nach astrozytären Ortszellen im Hippocampus von Mäusen, die die Position bestimmen, konnten sie keine finden. Doch anstatt die Forschungsergebnisse zu verwerfen, gingen Goshen und ihr Team die Sache aus einer anderen Perspektive an. Sie entdeckten, dass Astrozyten in Mäusen tatsächlich signalisieren können, wo sich Belohnungen befinden, aber nur, wenn sie ihnen zuvor begegnet sind und nicht in einer neuen Umgebung. Es scheint, als hätten die Astrozyten eine eingebaute Karte für bekannte Leckereien. Diese überraschenden Ergebnisse wurden anschließend in „Nature“ veröffentlicht. „Dank der Ergebnisse von RECENT-TO-REMOTE verstehen wir jetzt die biologischen Mechanismen, die dem normalen Altgedächtnis zugrunde liegen, besser“, schließt Goshen. „So können wir anfangen, Krankheiten zu untersuchen, die im Kern Gedächtnisstörungen umfassen, wie die Alzheimer-Krankheit.“ Sowohl für die Bevölkerung der EU als auch für die Menschen weltweit bedeutet dies einen großen Fortschritt im Verständnis der Prozesse, durch die unser Gehirn Erinnerungen bildet und behält. Angesichts der Tatsache, dass unsere Erinnerungen uns prägen, wird diese Erkenntnis neue Möglichkeiten für die Behandlung von Gedächtnisstörungen eröffnen.

Schlüsselbegriffe

RECENT-TO-REMOTE, Altgedächtnis, Gedächtnis, Astrozyten, Alzheimer-Krankheit

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