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Tracing the Ontogenetic Evolution of Diet and Behavior in Neandertals and Anatomically Modern Humans in the Franco-Cantabrian Region. An Integrative study of 3D Tooth Wear Patterns

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Jeder Biss hinterlässt eine Spur: Die Geschichte der Vergangenheit in Zahnabdrücken

In der frankokantabrischen Region werden mit neuen Technologien zur Zahnanalyse Erkenntnisse zur Ernährung und dem Verhalten der Neandertaler und anatomisch modernen Menschen gesammelt.

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Das Paläolithikum ist geprägt durch die Erfindung von Steinwerkzeugen und erstreckte sich über einen Zeitraum von vor etwa 3 Mio. bis vor 12 000 Jahren. Es kommen immer mehr Nachweise auf, dass die Neandertaler – eine Menschenart, die für über 200 000 Jahre in Europa lebte, bevor sie ausstarb – gleichzeitig mit den anatomisch modernen Menschen existierten. Unterstützt über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen werden im Projekt 3DFOSSILDIET Muster der Zahnabnutzung untersucht, um mehr über die Leben der prähistorischen Menschen zu erfahren.

Analyse der Zahnabnutzung

Vom gesamten Skelett bleiben Zähne am besten erhalten. Die Projektstipendiatin Almudena Estalrrich erklärt: „Wann immer wir auf etwas beißen (Lebensmittel oder auch Autoschlüssel), hinterlässt das Spuren in den Zähnen oder den Knochen, in denen sie sitzen.“ Aus den Spuren in versteinerten Zähnen können Erkenntnisse zur Ernährung und dem Verhalten abgeleitet werden. Es ist zum Beispiel bekannt, dass die Menschen im Paläolithikum ganz verschiedene Lebensmittel zu sich nahmen und komplexes Verhalten zeigten. Unter anderem wurden die Zähne als „dritte Hand“ genutzt, um Dinge zu halten, zu greifen oder aufzubrechen. Die Analyse versteinerter Zähne ist wie ein Fenster in die Vergangenheit, doch dabei müssen die Fossilien für kommende Generationen unbeschadet erhalten bleiben. Daher wurden im Projekt Zahnabnutzungsanalysen (auch Dental Microwear Analyse) und Analysen der Zahntopografie durchgeführt, um die Musterbildung von Macro- und Microwear zu erforschen. Bei diesen virtuellen Methoden blieben die versteinerten Zähne unversehrt. Estalrrich berichtet: „Die Möglichkeit, das menschliche Verhalten und die Ernährung der Vergangenheit mit neuen Verfahren, digitaler Bildgebung und virtuellen Mitteln zu erforschen, ohne die Fossilien zu beschädigen, ist faszinierend.“

Biokulturelle Erkenntnisse

Aus den Zahnanalysen können Fakten über die Biologie einer Spezies, aber auch die Kultur abgeleitet werden. Das 3DFOSSILDIET-Team befasste sich mit verschiedenen Themen: Wie Erwachsene sich um Heranwachsende kümmerten, wie Heranwachsende unabhängig wurden und was die Zahnabnutzung über die menschliche Evolution verrät. Die Forschenden fanden bei Neandertalern und anatomisch modernen Menschen ähnliche Zahnabnutzungsmuster bei Erwachsenen und Kindern. Das heißt, dass die Kinder vermutlich durch Nachahmung der Erwachsenen lernten und nach und nach unabhängig wurden. Estalrrich erzählt weiter: „Ein weiteres interessantes Muster ist, dass die Ressourcen innerhalb der Gruppe geteilt wurden, denn die ernährungsbezogenen Signale unterschieden sich nicht zwischen einzelnen Funden.“ Im Jahr 2021 wurde eine Arbeit zu dem Thema vom Journal of Human Evolution ausgezeichnet, da sie zu den 10 am häufigsten heruntergeladenen Artikeln in der Geschichte des Fachmagazins gehört.

Die frankokantabrische Region im Fokus

Die frankokantabrische Region wurde aufgrund der vielen wohl dokumentierten paläolithischen Stätten ausgewählt. In der Region wurden auch materielle Kulturen und Überlebensstrategien in einer Zeit erforscht, als die Neandertaler durch die modernen menschlichen Vorfahren ersetzt wurden. Diese Bedingungen bilden den perfekten Rahmen für die Erforschung der Zahnabnutzungsmuster. Noch ist unklar, wie viel Wissen über die Evolution, insbesondere die menschliche Evolution, aus versteinerten Zähnen gezogen werden kann. Die Neandertaler und anatomisch modernen Menschen zeigen Verhaltensähnlichkeiten, doch die Verhaltensmuster scheinen sich bei beiden Arten im Laufe der Zeit verändert zu haben. Laut Estalrrich wäre es ein wichtiger nächster Schritt, einen Merkmalskatalog zu den einzelnen Zeitabschnitten aufzustellen, um die Muster aufzuzeigen, die sich auf die biokulturelle Evolution der Menschen ausgewirkt haben.

Schlüsselbegriffe

3DFOSSILDIET, Neandertaler, versteinerte Zähne, frankokantabrische Region, anatomisch moderner Mensch, Zahnanalyse, Dental Microwear Analysis, Zahnabnutzungsanalyse, biokulturelle Evolution

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