Versorgung mit kritischen pharmazeutischen Verbindungen sichern
In der pharmazeutischen Industrie vollzieht sich gerade ein tiefgreifender Wandel in der Art und Weise, wie hochwertige Wirkstoffe und Impfstoffkomponenten hergestellt werden. Seit Jahrzehnten stützt sich die Arzneimittelherstellung auf ressourcenintensive, umweltbelastende und global fragmentierte Lieferketten. Die Grenzen dieses Modells sind in zunehmendem Maße deutlich geworden. „Der weltweite Druck in Richtung Nachhaltigkeit, ausgeübt durch Zulassungsbehörden, internationale Gesundheitsorganisationen und die Gesellschaft, verändert die Erwartungen“, erklärt Sarah-Meryll Buet, Projektkoordinatorin von AlkaBurst2.0(öffnet in neuem Fenster) von Alkion BioInnovations(öffnet in neuem Fenster) in Frankreich. „Vom Pharmasektor wird mehr und mehr erwartet, dass er seinen Umweltfußabdruck verkleinert und zu kontrollierten, ressourcenschonenden und CO2-effizienten Produktionssystemen übergeht. Außerdem ist es wichtig, dass die europäischen Impfstoffhersteller ihre Abhängigkeit von der Produktion in Übersee verringern.“
Großflächiger Anbau von Pflanzenbiomasse
Das französische Unternehmen Alkion hat eine neue Bioraffinerietechnologie entwickelt, um diese Herausforderungen zu meistern. Kernstück dieser Innovation ist AlkaBurst, eine temporäre Immersionsbioreaktorplattform der nächsten Generation, die speziell für die vollständig kontrollierte, großtechnische Kultivierung hochkonzentrierter pflanzlicher Biomasse entwickelt wurde. Insbesondere konzentrierte sich das Unternehmen auf die Herstellung eines wirksamen Impfstoffadjuvans, das traditionell aus der Rinde des Seifenrindenbaums gewonnen wird und als QS-21 bezeichnet wird. „Bei traditionellen pflanzlichen Inhaltsstoffen wie QS-21 gibt es Probleme mit unvorhersehbaren Erträgen, mehrjährigen Anbauzyklen und stark Schwankungen bei den Rohstoffen“, erläutert Buet. „Hinzu kommt, dass eine großmaßstäbliche Nutzung zur Abholzung von Wäldern führen kann.“ Ziel der Alkion-Lösung lautet, die Produktion von Pflanzenklonen in geschlossener Umgebung zu ermöglichen, wodurch komplexe natürliche Moleküle genormt werden können und die übermäßige Abhängigkeit von Anbaupflanzen beendet wird. „Bei kritischen Inhaltsstoffen wie QS-21 würde dieser Ansatz dazu beitragen, die Resilienz des globalen Impfstoffökosystems zu stärken und einen Hauptengpass der zukünftigen Impfstoffentwicklung zu beseitigen“, fügt Buet hinzu.
Robuste, ertragreiche QS-21-Produktion
Mit dem EU-finanzierten Projekt AlkaBurst2.0 wurde das Ziel verfolgt, diese Innovation voranzutreiben. Dazu wurden die Laborplattform von Alkion für pflanzliche Bioproduktion, einschließlich der frühen QS-21-Produktion und der Arbeit mit kleinen Bioreaktoren, in ein vorindustrielles Pilotvorhaben umgewandelt, das die zukünftige Herstellung unterstützen kann. Erreicht wurde das in einer Reihe von Schritten, darunter die Skalierung von Kulturprozessen zu robusten industriellen Einheiten, die Entwicklung KI-gestützter Werkzeuge und die Implementierung fortgeschrittener Extraktions- und Reinigungsverfahren. Nach der Implementierung konnte das Unternehmen demonstrieren, dass eine robuste und ertragreiche Herstellung von QS-21 unter kontrollierten Bedingungen möglich war. Die fertiggestellte industrielle 40-Liter-Bioreaktorplattform erwies sich zudem als effizienter, zuverlässiger und skalierbarer als der frühere unternehmenseigene 300-Liter-Prototyp. Die Automatisierung gilt als ein weiterer großer Erfolg. „Wir haben KI-gestützte Mikrofortpflanzungsroboter mitentwickelt, die sich jetzt in der Endphase der Integration befinden“, berichtet Buet. „Mit diesen wird es möglich, den gesamten Prozess in Richtung einer echten industriellen Automatisierung zu bewegen.“ Auch Regelungsfragen wurde nachgegangen. „Die Arbeit im Rahmen des Projekts hat uns geholfen, den kommerziellen Weg für die Markteinführung des nachhaltigen QS-21 vorzubereiten“, fügt Buet hinzu. „Insgesamt wurde mithilfe des Projekts die Kluft zwischen Innovation im Labor und realem Einsatz in der Industrie überbrückt.“
Entwicklung von Hochleistungsimpfstoffen
Diese Ergebnisse offenbarten, dass es potenziell möglich ist, QS-21 unter kontrollierten Bedingungen nachhaltig und in großem Maßstab herzustellen. „Erstmalig werden Pharmaunternehmen, Biotechnologiefirmen, Universitäten und globale Gesundheitsorganisationen Zugang zu einer sicheren, ganzjährigen Versorgung mit diesem wichtigen Adjuvans erhalten“, merkt Buet an. Damit wiederum wird die Entwicklung von Hochleistungsimpfstoffen gegen bereits existierende und neu auftretende Infektionskrankheiten beschleunigen, die Bereitschaft zur biologischen Abwehr stärken und Fortschritte in der Immunonkologie unterstützen. Auch der Veterinärsektor kann davon profitieren, da dort zunehmend wirksamere Adjuvantien benötigt werden. „Über QS-21 hinaus öffnet diese Plattform die Tür zur Produktion vieler anderer hochwertiger Inhaltsstoffe, von denen Europa strategisch abhängig ist“, betont Buet. „Diese Bioproduktionstechnologie ist von Natur aus vielseitig und kann schnell zur Herstellung zusätzlicher Adjuvantien sowie seltener bioaktiver und weiterer wichtiger Verbindungen eingesetzt werden.“