Gegensätze ziehen sich an
Proteine bestehen aus komplexen, dreidimensional gefalteten Aminosäureketten. Aus dieser Faltung wiederum ergeben sich einzigartige Funktionen und biologische Aktivitäten. Die Komplexität dieser 3D-Proteinstrukturen hängt zum Großteil davon ab, ob die einzelnen Aminosäuren positiv oder negativ geladen sind. Gleiche Ladungen ziehen sich an, unterschiedliche Ladungen stoßen sich ab. Daher ist detailliertes Wissen zur Ladungsdichte von Proteinen wichtig, will man Struktur und Funktion von Proteinen verstehen. Europäische Forscher untersuchten im Rahmen von PROTEINCHARGEDENSITY (Quantitative analysis of atomic polarization and protein-ligand electrostatic interactions via charge density studies in proteins: insights from ultra-high resolution crystallography) die Ladungsdichte des humanen Aldosereduktase (h-AR)-Proteins, das bei Diabetes Komplikationen verursacht. Das Protein bzw. Enzym h-AR fungiert wie ein biochemischer Heiratsvermittler: es bringt zwei Komponenten zusammen, die sich gegenseitig anziehen, sich jedoch im Zellmilieu langsam oder nie von allein finden würden. Ein detailliertes Verständnis der Ladungsdichte von Proteinen könnte sich daher als unerlässlich erweisen, um Therapien für Protein-assoziierte Erkrankungen zu finden. PROTEINCHARGEDENSITY hat dazu beigetragen, das h-AR-Proteinmodell weiterzuentwickeln und die Effekte verschiedener Faktoren auf die Ladungsdichte zu analysieren. Außerdem wurde die elektrostatische Interaktion von zwei h-AR-Inhibitoren evaluiert, da die nicht-selektive Bindung von Inhibitoren an andere Zellmoleküle therapeutische Interventionen erschwert. Die vom Labor entwickelte Datenbank und hochmoderne Software zur Analyse der Ladungsdichte sind wichtige Werkzeuge, um künftig eine gegebene Proteinstruktur und –funktion analysieren zu können. Genauere Untersuchungen der biochemischen und strukturellen Eigenschaften des h-AR-Proteins könnten zu neuen Therapien für Diabetes führen, einer Krankheit, deren Prävalenz stetig zunimmt.