Zum Für und Wider frei verkäuflicher Gentests
Das Projekt ELSAIDTCGT (Ethical, legal, and social aspects and implications of direct-to-consumer genetic testing) untersuchte im Detail, wie mit dem zunehmenden Angebot verbraucherspezifischer Gentests umgegangen wird, und wie Unternehmen agieren, die der Bevölkerung solche Tests anbieten. Die Projektmitglieder untersuchten eine Reihe unternehmensspezifischer Aspekte bei der Vermarktung von genetischen DTC-Tests, ermittelten in Umfragen mit klinischen Genetikern deren Meinung und Erfahrung und präsentierten und erörterten Fallstudien. Die gewonnenen Informationen sollen die künftige Forschungszusammenarbeit bei der Kommerzialisierung solcher Angebote stärken. Wie die Untersuchungen und Befragungen ergaben, ist die Bandbreite der genetischen Tests, die derzeit noch hauptsächlich in den Vereinigten Staaten angeboten werden, groß. Dies wirft auch verschiedenste soziale, ethische und rechtliche Fragen auf, beispielsweise bieten einige DTC-Unternehmen Tests an, um bei Kindern das Risiko für eine Erkrankung im Erwachsenenalter zu untersuchen. Dies steht in strengem Widerspruch zur medizinisch und ethisch akzeptablen prädiktiven genetischen Diagnostik bei asymptomatischen Minderjährigen. Vor allem zeigte sich, dass durch die Nutzung von Verbraucherdaten durch Anbieter von genetischen DTC-Tests für Forschungszwecke die Grenze insbesondere zwischen medizinischem Dienst und Verbraucherprodukt, aber auch zwischen diesen beiden Aktivitäten und Forschung im Allgemeinen immer mehr verschwimmt. Die Forschung ist sich einig, dass die optimale Behandlung und Autonomie des Einzelnen, der einen solchen Test kauft, damit wesentlich beschnitten wird. Ein weiteres Problem ist offenbar der Verbleib von Proben und Daten, wenn populationsbezogene Biobanken oder DTC-Unternehmen aus beliebigem Grund schließen. Eine Umfrage unter klinischen Genetikern in Europa ergab, dass mehr als 80% über die marktgängigen Tests informiert sind. Fast jeder zweite Genetiker kennt einen Patienten, der einen solchen Test erworben hat. Die Mehrheit der Ärzte ist, wie dokumentiert wurde, nicht damit einverstanden, dass solche Tests frei verkäuflich sind, wenn eine direkte medizinische Beratung bzw. herkömmliche Versorgung fehlt. Mehrheitlich waren die Befragten auch bis zu einem gewissen Grad einig, dass genomweite Tests und pränatale Geschlechtsuntersuchungen verboten werden sollten. Die EU-finanzierte Studie wirft Fragen auf, die umso brisanter werden, je weiter die Entwicklung genetischer Tests voranschreitet. Als Basis für weitere Untersuchungen machen die Projektergebnisse deutlich, dass der Verbraucher und auch der medizinische Beruf vor dieser Entwicklung geschützt werden müssen.